Betriebsversammlung beginnt mit Überraschung Unbefristeter Streik ab Donnerstag bei Tadano Demag
Zweibrücken · Fast 93 Prozent der IG-Metall-Mitglieder bei dem Zweibrücker Kranbau-Unternehmen haben für den Arbeitskampf gestimmt. Damit sollen der geplante massive Stellenabbau und die Schließung des Werks Wallerscheid verhindert werden. Tag 2 der Betriebsversammlung begann derweil mit einer faustdicken Überraschung.
Der zweite Tag der Tadano-Demag-Betriebsversammlung in der Festhalle begann am Mittwoch mit einer faustdicken Überraschung: Die Geschäftsleitung hatte ihr Erscheinen am Abend zuvor in knappen Worten per E-Mail abgesagt, die ersten beiden Reihen blieben deshalb teilweise leer.
Somit entzog sie sich der harschen Kritik der Redner von Seiten des Betriebsrats und der IG Metall. Gleichermaßen kam sie um das tags zuvor versprochene Nennen der Geschäftszahlen herum. „Das war das Dümmste, was die machen konnten“, kommentierte das IG-Metall-Verhandlungsführer Uwe Zabel, der gleichwohl auch vermutete, dass da etwas faul dran sein müsse. Andere Redner gebrauchten das Wort „feige“ in Bezug auf die Absage.
Tags zuvor hatte die Tadano-Geschäftsleitung den geballten Unmut der Belegschaft mit Pfiffen und Buhrufen zu spüren bekommen. Durch ihr Nicht-Erscheinen am Mittwoch entfiel auch die Möglichkeit, auf die Vorwürfe der Betriebsratsmitglieder und der IG-Metaller zu reagieren. Oder auf Fragen zu antworten wie etwa auf jene, die Betriebsrätin Elke Redinger stellte. Wenn von Seiten der Geschäftsführung gesagt wurde, dass alle drei Tadano-Standorte, also das in der Dinglerstraße, jenes in Wallerscheid und das im fränkischen Lauf an der Pegnitz, defizitär liefen – warum müsse dann ausgerechnet das kleinere Zweibrücker Werk geschlossen werden? Darauf habe sie noch nie eine Antwort bekommen. Anscheinend hätten andere Firmen ein besseres Management, so Redinger.
In der Erwartung, dass der japanische Geschäftsführer Kenichi Sawada bei ihrer Rede zuhören würde, hatte die Betriebsrätin auch zwei englische Ausdrücke vorbereitet: „Poor management“ („armseliges Management“) war der eine, „Management go home“ der andere.
Betriebsrat Klaus-Dieter Balling stieß anschließend ins gleiche Horn. Das Tadano-Management wisse einfach nicht, was es wolle. Wallerscheid-Werksleiter Peter Orfey, der immerhin gekommen war, sich aber nicht äußern wollte, tue ihm leid. In drei Jahren werde wohl auch das Werk in der Dinglerstraße dichtmachen, malte Balling die Zukunft schwarz. Man werde darüber depressiv und wolle am liebsten den Kopf gegen die Wand schlagen. Trotzdem beendete Balling seine Rede mit dem positiven Aufruf: „Hängt euch ein miteinander, bildet eine Kette!“
Vor allem seine Wut machte anschließend Betriebsrat Enver Beqiri deutlich. Er habe am Tag zuvor einen Brief der Geschäftsleitung gelesen, der davon sprach, dass Tadano Kunden verlieren werde aufgrund des Streiks. „Als ich das gelesen habe, bin ich geplatzt.“ Es tue ihm leid für die Ausdrucksweise, aber er müsse es so sagen: „Mich kotzt es an, dass die Feiglinge heute nicht da sind.“ Dafür erhielt er Applaus der Anwesenden. Kranverkäufe würden aus fadenscheinigen Gründen gestoppt, so Beqiri weiter. Tadano-Geschäftsführer Thomas Urbanczyk habe durch Fehlentscheidungen den Verkauf von 30 Kränen verhindert. Beqiri meinte zudem, dass Sawada die Beschäftigten „scheißegal“ seien. Es habe auch niemand aus der Geschäftsleitung die tags zuvor getätigten Aussagen dementiert, dass der Plan des Managements in drei Jahren „in die Grütze“ führen würde.
Salvatore Vicari, als zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Homburg-Saarpfalz an den Verhandlungen beteiligt, zeigte einen etwas positiveren Blick in die Zukunft auf. Wenn das Ganze hier rum sei – gemeint waren der bevorstehende Streik und die anschließend erwarteten weiteren Verhandlungen – werde es eine andere Struktur geben. Eine mit Mitbestimmung und mit einer Kultur des Miteinanders. Wäre er Unternehmer, wäre er froh, wenn er so einen Betriebsrat mit solcher Fachkompetenz hätte. Mit dem heutigen Verhalten des Managements solle die Zentrale mal über eine Neubesetzung nachdenken. Im Homburger Bosch-Werk habe es Workshops mit der Beteiligung von Geschäftsführung, Betriebsrat und IG Metall gegeben – „hier ist das unvorstellbar!“
Kaum thematisiert wurde in der Betriebsversammlung die Ankündigung der Tadano-Geschäftsführung vom Vortag, statt gut 400 nur rund 300 Stellen streichen zu wollen, zudem war vage die Möglichkeit zu weiterer Bewegung angedeutet worden (wir berichteten). Dies wurde bei der Betriebsversammlung als ein Ablenkungsmanöver und viel zu wenig bezeichnet.
Als Tadano an Aschermittwoch den Kahlschlag angekündigt hatte, gabe es bei dem Kranbau-Unternehmen in Zweibrücken rund 1280 Stellen. Nach Merkur-Informationen haben sich einige Mitarbeiter seitdem bereits andere Arbeitsplätze gesucht.
In der Pause zeigten sich die Tadano-Mitarbeiter enttäuscht. „Als die uns 2019 übernommen haben, dachten wir, dass es aufwärts ginge“, sagte einer. Das Gegenteil sei eingetreten und der Eindruck entstanden, als wolle Tadano das Werk bewusst kaputtmachen. Betriebsrat und IG Metall hätten alles gegeben. Aber die Geschäftsführung wolle sich einfach nicht bewegen. „Wenn wir untergehen, aber dann mit Herzblut“, meinte ein anderer. Eigentlich gehe man gerne zur Arbeit – aber jetzt bekomme man die Existenz genommen. Es würden Unmengen an Geldern nach Lauf verschoben, vermutete wieder ein anderer. Die Gewinnmarge sei außerdem auf einen unvorstellbaren Prozentsatz hochgesetzt worden, so würden die Kräne nicht mehr verkauft. „Die wollen hier zumachen und tun dafür alles, was sie können.“ Die Gewerkschaft habe sich so lange bemüht, um dem Management Besserungen aufzuzeigen, aber da habe kein Interesse von der Firmenleitung bestanden. „Es ist schon ein Rätsel.“ Allerdings hatte die Geschäftsführung in ihrer schriftlichen Ankündigung, gut 25 Prozent weniger Stellen zu streichen als geplant, dies ausdrücklich auch „als Ergebnis der wertvollen Vorschläge aus der Belegschaft“ bezeichnet (wir berichteten gestern).
Bei dieser Stimmung unter der Belegschaft war es kein Wunder, wie das Ergebnis der Urabstimmung ausfiel: 92,95 Prozent stimmten für den Arbeitskampf in Form eines unbefristeten Streiks. „Das ist ein ganz starkes Votum, ein deutliches Zeichen, dass sich das Management jetzt bewegen muss“, kommentierte Vicari. Ab Donnerstag wird also die Arbeit in den beiden Zweibrücker Tadano-Werken bis auf unbestimmte Zeit ruhen.