Zweibrücken holt externen Sachverstand, um 260 Millionen Euro Schuldenberg zu verkleinern Ex-ADD-Präsident soll Stadthaushalt sanieren

Zweibrücken · Seit Jahren ermahnt die Kommunalaufsicht das hoch verschuldete Zweibrücken zum Sparen. Jetzt will der frühere Chef der Landesbehörde, Josef Peter Mertes, als Leiter der künftigen Haushaltskommission sich selbst führend um das Abtragen des Schuldenbergs kümmern.

 Auf einen „Geldregen“ wartet das Rathaus vergeblich. Deshalb soll die Haushaltskonsolidierungskommission die Haushaltslöcher stopfen helfen. Mit klugen Ideen, Einsparungen – aber wohl auch Belastungen für Bürger.

Auf einen „Geldregen“ wartet das Rathaus vergeblich. Deshalb soll die Haushaltskonsolidierungskommission die Haushaltslöcher stopfen helfen. Mit klugen Ideen, Einsparungen – aber wohl auch Belastungen für Bürger.

Foto: Norbert Schwarz

Der städtische Schuldenberg in Höhe von mehr als 260 Millionen Euro soll abgebaut werden. Dieser gewaltigen Herausforderungen wollen sich jetzt massiv Oberbürgermeister Marold Wosnitza, Bürgermeister Christian Gauf, Kämmerer Julian Dormann und der Stadtrat stellen. Mit neuen Ideen, Wegen und Strukturen. Schlüssel zum Erfolg soll eine Haushaltskonsolidierungskommission werden. Mit einem anerkannten, externen Fachmann an der Spitze, wie die Stadt jetzt vor der Presse bekanntgab: der frühere Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, Josef Peter Mertes.

Die Zustimmung des Stadtrates aber steht noch aus. Das gilt ebenso für die Haushaltskonsolidierungskommission selbst in ihrer Zusammensetzung mit den drei Stadtvorstandsmitgliedern, 13 Stadträten, zwei Personalräten und je einem Vertreter der städtischen Tochterunternehmen. Ämter-Vertreter sollen je nach Bedarf mitarbeiten.

Der vom Stadtvorstand vorgeschlagene Kommissions-Leiter Josef Peter Mertes sei nicht allein Ex-Präsident der auch für die Kommunalaufsicht zuständigen ADD, sondern ebenso langjähriger SPD-Landtagsabgeordneter und bereits erfolgreicher „Haushaltssanierer“, sagte Wosnitza (SPD). Der Oberbürgermeister erinnerte an die grundsätzliche Zustimmung des Stadtrats zur Haushaltskommission im Februar (wir berichteten). Bereits in der Vergangenheit habe die Stadt enorme Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung unternommen – und das nicht ohne Erfolg, wie auch Bürgermeister Christian Gauf (CDU) als Haushaltsdezernent sagte.

Für Wosnitza ist jedoch klar: „Wenn wir noch was bewegen wollen, obwohl schon viel gemacht, müssen wir strukturell ans System rangehen. Im Klartext: Ein Mammutprojekt angehen, das da heißt: Haushaltskonsolidierungskommission mit Blickrichtung auf die Haushaltsjahr 2021/2022 bis 2025.“ Der OB sprach dabei von einer deutlichen Zeichensetzung, die danach auf keinen Fall enden wird. Sie soll vielmehr geprägt davon sein, den Etat aus unterschiedlichen Perspektiven zu durchleuchten.

Für Gauf gibt es kein Drumherumreden: „Wir sind als eine der kleinsten, kreisfreien Kommunen Deutschlands überschuldet und nehmen dabei den siebten Platz ein. Die Ausgangslage ist sehr, sehr undankbar. Die Zahlen sind bekannt. Allein für Liquiditätskredite stehen 187,5 Million zu Buche. In den letzten zehn Jahr stieg das Jahresdefizit um zehn Millionen. Würde man nur die letzten fünf Jahre in die Betrachtung einbeziehen, wären wir gar bei einer Verbesserung, weil es nur die Hälfte dieser Summe wäre. Die Tendenz ist wohl erkennbar. Doch die Problematik ist und bleibt der nicht finanzierte Sozialetat.“ Allein im Haushaltsjahr 2021 betrage das Planungsdefizit bei den Sozialausgaben 17,4 Millionen Euro: „An diesem Beispiel wird sichtbar, dass die Gesamtproblematik nicht selbst verschuldet ist!“

Perspektiven? Gauf erinnerte an die Haushaltsgenehmigungsschreiben der ADD – mit: Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten, Einsparungen und ähnlichen, bekannten Hinweisen. „Wir blieben nicht untätig, haben seit Jahren Haushaltssperren, prüfen jede einzelne Ausgabe, nahmen Steuererhöhungen teilweise vor, führten den Feld- und Waldwegebeitrag neu ein, der wiederkehrende Straßenbeitrag ist angehoben worden.“ Und auch die städtischen Töchterbetriebe hätten schon Beiträge zur Haushaltskonsolidierung geleistet, etwa durch die Verlustabdeckungen beim Rosengarten und den beiden Bädern.

Die prekäre Situation brachte Oberbürgermeister Wosnitza nochmals auf den Punkt. „Die Diskussionen bei den Haushaltsberatungen drehten sich stets um eine Thema: Kürzungen um freiwillige Leistungen und Erhöhung der Grundsteuer.“ Dabei machte der OB klar, dass „Freiwillige Leistungen“ überhaupt erst das Zusammenleben in der Stadt ausmachen, was Zweibrücken lebenswert macht, neben schlafen und arbeiten. Ziel soll deshalb sein, jährlich 5,2 Millionen einzusparen. „Das ist ein dickes, dickes Brett das wir da bohren!“ Wosnitza erläuterte: „„Es wird erwartbar um schwierige, auch unliebsame Entscheidungen gehen.“ Neben dem Senken von Ausgaben würden sicher auch Diskussionen über Einnahmeerhöhungen nicht ausbleiben. Von dem externen Rat und dem Einsatz der Zweibrücker in der Kommission erhofft sich Wonsitza aber auch „kluge und kreative Ideen, die uns überraschen, begeistern und die Stadt nach vorne bringen. Nur so werden lebenswertprägende Leistungen der Daseinsvorsorge, insbesondere die sogenannten freiwilligen Leistungen etwa in den Bereichen Sport und Kultur zu schützen sein.“

Die Haushaltskonsolidierungskommission wird eine Arbeitsgruppe sein – also nicht selbst entscheiden können, vielmehr den Mitgliedern des Stadtrates Empfehlungen geben. Ein Projektmanagement wird es geben, über alles soll diskutiert werden. Der OB sieht nicht allein den Haushalt im Blickfeld, sondern ebenso die Organisationsstrukturen. „Die Grundstrukturen unserer Verwaltung kommen auf den Prüfstand“, kündigte Wosnitza bei der Pressekonferenz an. Auch der Vergleich zu anderen Kommunen dürften nicht gescheut werden.

Das gesteckte Ziel der Einsparung von jährlichen 5,2 Million ist nach Einschätzung des Oberbürgermeisters aber nur erreichbar mit einem externen Berater an der Spitze der Haushaltskonsolidierungskommission, eben Josef Peter Mertes.

Stadtrat: Ob die dicken Bretter letztendlich mithilfe von Mertes gebohrt werden, wird der Stadtrat am kommenden Mittwoch entscheiden: Das Thema ist erster Punkt der öffentlichen Sitzung ab 17 Uhr in der Aula des Hofenfels-Gymnasiums (Maskenpflicht!).

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