Zweibrücken rüstet alle Kitas und 1. bis 6. Klassen aus Kehrtwende bei Luftreinigungsgeräten

Zweibrücken · Der Stadtvorstand will nun doch alle Zweibrücker Schulräume für Erst- bis Sechstklässler sowie Kita-Gruppenräume mit mobilen Luftfilter­geräten ausstatten. Auch wenn das zum Corona-Schutz eigentlich nicht erforderlich sei.

 Solche mobilen Luftfiltergeräte kauft die Stadt jetzt auch für gut lüftbare Kita- und Unterrichts-Räume, falls der Stadtrat zustimmt.

Solche mobilen Luftfiltergeräte kauft die Stadt jetzt auch für gut lüftbare Kita- und Unterrichts-Räume, falls der Stadtrat zustimmt.

Foto: picture alliance/dpa/Hauke-Christian Dittrich

Seit Ende Februar hatte der Zweibrücker Stadtrat mehrfach stundenlang ergebnislos diskutiert: Sollen die städtischen Schulen und Kindertagesstätten wegen der Corona-Pandemie mit Lüftungsanlagen oder mobilen Luftfiltergeräten ausgestattet werden – oder setzt man weiter allein aufs Stoßlüften? Der Stadtvorstand lehnte technische Aufrüstungen immer ab. Das aber hat sich jetzt geändert: Auf der am Donnerstagabend veröffentlichten Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung steht unter Punkt 4.4: „Anschaffung von mobilen Luftreinigungsgeräten für durch Kinder unter 12 Jahren genutzte Räume in Zweibrücker Schulen und Kindertagesstätten“.

Das kommt überraschend. Denn noch Ende August hatte die Stadtverwaltung auf Merkur-Nachfrage ihre ablehnende Haltung bekräftigt: Auch die kürzlich erweiterten Förderprogramme von Bund und Ländern sähen nämlich Zuschüsse nur für Räume vor, die nicht richtig über Fenster stoßgelüftet werden könnten. Das aber betreffe lediglich drei der insgesamt 379 Zweibrücker Unterrichtsräume (drei Fachräume am Hofenfels-Gymnasium, dort seien die Geräte schon beschafft).

Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) erklärt auf Merkur-Anfrage den Sinneswandel.

Zunächst aber erinnert Wosnitza an die letzte Stadtratssitzung Anfang Juli: „Da habe ich gesagt, dass wir ohne Förderkulisse keine Möglichkeit haben. Ich habe aber auch gesagt, dass der Stadtrat die Möglichkeit hätte, einen Antrag zu stellen. Da ist bis heute nichts gekommen.“

Rückblick: Im Rat scheint es zwar grundsätzlich eine klare Mehrheit dafür zu geben, technische Maßnahmen zur Verbesserung der Raumluft zu ergreifen – doch es gab bislang keine Mehrheit für konkrete Maßnahmen. Die Fraktionen von CDU, SPD und Bürgernah hatten in der März-Ratssitzung jeweils einen eigenen Antrag gestellt, doch keiner davon fand eine Mehrheit. Und Mitte Juli bedrängten CDU, FWG und FDP zwar in einer gemeinsamen Pressemitteilung die Stadt, technische Maßnahmen zu ergreifen – stellten aber keinen Antrag.

Warum also dann die Kehrtwende des im Gegensatz zum Rat bislang ablehnenden Stadtvorstands (dem neben Wosnitza Bürgermeister Christian Gauf und die Beigeordnete Christina Rauch, beide CDU, angehören)? Wosnitza erläutert: „Wir haben ein gutes Angebot bekommen. Unser Vorschlag ist deshalb, alle Kita- und Klassenzimmer für bis Zwölfjährige – also die Altersgruppe, die noch nicht geimpft werden kann – mit mobilen Luftreinigungsgeräten auszustatten.“

Das Angebot liege bei 118 000 Euro, „also weit weg von den Zahlen, mit denen wir ursprünglich gerechnet hatten“, betont Wosnitza.

Auf die Merkur-Nachfrage Ende August hatte die Stadt erklärt, wenn alle Kita- und Klassenräume bis einschließlich sechste Klasse ausgerüstet würden, bräuchte man 200 Geräte. Die Geräte für die fensterlosen Hofenfels-Räume hätten pro Stück 3500 Euro gekostet. Bei 200 Stück wäre man also auf 700 000 Euro gekommen (wobei die Stadt auch zuvor schon einerseits von möglichen Mengenrabatten gesprochen hatte, andererseits es aber angesichts der starken Nachfrage auch Anhaltspunkte für Preissteigerungen gab).

Wosnitza erläutert, es gehe um 160 Räume. Weil einige Räume zu groß seien, bräuchten sie zwei Geräte – deshalb würden 200 Geräte benötigt.

Wosnitza warnt allerdings weiterhin vor übertriebenen Erwartungen an die mobilen Luftreinigungsgeräte: „Wir wollen die Geräte nicht aus Infektionsschutzgründen anschaffen, sondern aus Ausstattungsgründen. Gelüftet werden muss weiter – nur weniger!“ Das heißt: Im Winter müssen Kinder weniger frieren, weil nicht wie bisher alle 20 Minuten die Fenster drei bis fünf Minuten aufgerissen werden müssen (im Sommer wegen des geringeren Luftaustauschs zehn bis zwanzig Minuten) – Stoßlüften in den Pausen reicht.

Das Umweltbundesamt bleibt auch in seiner Mitte August überarbeiteten Empfehlung dabei, dass in Räumen, wo stoßgelüftet werden kann, mobile Luftreinigungsgeräte „nicht notwendig“ seien. Diese seien prinzipiell aber ähnlich effektiv: Wie beim Stoßlüften könnten sie die Virenlast im Raum um bis zu 90 Prozent reduzieren. Sowohl beim Lüften als auch bei mobilen Geräten müsse allerdings auf die korrekte Anwendung geachtet werden, mahnt die deutsche Behörde, deren Innenraumlufthygiene-Kommission auch mit vielen externen Experten besetzt ist.

Als „nachhaltigste Maßnahme zur Verbesserung der Innenraumlufthygiene, deren Erfolg auch nach Beendigung der Pandemie anhält“ empfiehlt das Umweltbundesamt den Einbau fest installierter „raumlufttechnischer Anlagen“. Diese aber sind nicht nur viel teurer als mobile Geräte. Ihr Einbau mit bauordnungsrechtlicher Genehmigung koste „wertvolle Zeit, die in der aktuellen Pandemie oft nicht zur Verfügung steht“, schreibt das Umweltbundesamt. Stimmt der Stadtrat nächsten Mittwoch zu, könnten die Geräte wahrscheinlich noch deutlich vor den Herbstferien in Betrieb genommen werden – laut Wosnitza hat der Anbieter eine Lieferzeit von 14 Tagen in Aussicht gestellt.

Der Oberbürgermeister bestätigt, dass die Stadt für den Kauf der mobilen Geräte für lüftbare Räume keine Aussicht auf Zuschüsse hat. Angesichts der deutlich niedriger als erwarteten Summe allerdings sieht er nun aber finanziell keine Probleme mehr. Und erläutert: „Das geht über vorhandene konsumtive Mittel, dafür brauchen wir keinen Nachtragshaushalt.“

 Oberbürgermeister Marold Wosnitza  (Archivbild).

Oberbürgermeister Marold Wosnitza (Archivbild).

Foto: Lutz Fröhlich

Die Stadtrats-Sitzung am kommenden Mittwoch, 8. September, ist öffentlich und beginnt um 17 Uhr in der Aula des Hofenfels-Gymnasiums (Eingang über den Pausenhof). Zu den weiteren Punkten auf der Tagesordnung gehören unter anderem: Berichte über Hochwasservorsorgekonzept und Impfzentrum, Renaturierung des Hornbachs von der Brücke Birkhausen bis zur Mündung Bickenalb, Breitbandausbau „Weiße Flecken“, Erweiterung der Feuerwache Zweibrücken sowie Informationen zu laufenden Bauprojekten in der Rosenstadt.

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