Peter Schaumburger Ein Mann und seine Kunst-Stücke

Zweibrücken · Die Kunst von Peter Schaumburger ziert etliche Stromkästen oder Garagentüren in Zweibrücken. Auch andere Städte werden zunehmend auf ihn aufmerksam. Schaumburgers Weg hin zum Künstler war alles andere als weich gebettet. Er ging durch eine harte Schule.

Peter Schaumburger verschönert mit Graffiti Zweibrücken – und mittlerweile auch andere Städte.

Peter Schaumburger verschönert mit Graffiti Zweibrücken – und mittlerweile auch andere Städte.

Foto: Peter Schaumburger

Künstler gelten ja manchmal als verschroben. Verkopft. Abgehoben – im (vermeintlichen) Ringen mit den Dämonen. Wer weiß: Manche verstecken vielleicht auch nur überschaubare Schaffenskraft hinter Mummenschanz.

Peter Schaumburger ist anders. Er ist Künstler. Aus Berufung. Also im besten Sinne. Aber spleenige Auftritte? Divenhaftes Getue? Das sucht man bei ihm vergebens. „Ich bin der Peter“, macht er gleich zu Beginn deutlich, dass er es unkompliziert mag.

Peter Schaumburger dürfte inzwischen vielen Bürgern in Zweibrücken bekannt sein. Zumindest die von ihm geschaffene Kunst. Es ist Kunst im öffentlichen Raum. Die Fußgängerzone wird dank ihm eines kleines bisschen zur Kunstmeile.

Schaumburger hat bereits eine größere Zahl von Strom- und Verteilerkästen oder Garagentüren mit Graffitis verschönert. Was vorher grau und eintönig war, ist nun ein Hingucker, die aufgesprühten Kunstwerke sind ästhetisch, dekorativ, es macht Freude, sie zu betrachten. Immer wieder einmal ist zu sehen, wie Passanten innehalten, ihr Handy zücken und eines der Motive ablichten.

Für Schaumburger sind dies Glücksmomente. Weil Momente der Anerkennung. Um diese ringt er schon, seit er ein Kind ist. Sein Weg hin zum Künstler war alles andere als einfach. Die Schule, durch die er gegangen ist, war hart. „Ich habe mich eigentlich schon immer für Kunst interessiert“, sagt er. „Gemalt habe ich schon als Kind. Meine Mutter arbeitete im ,Roten Ochsen‘ und brachte von dort Servierblöcke mit nach Hause, auf denen ich dann malen konnte.“

Sein Talent war offensichtlich. Auch seine Klassenkameraden merkten dies – einige baten ihn, ihre Hefte zu kolorieren, weil das einfach toll aussah.

Ein Lehrer an der Schillerschule verschaffte dem jungen Peter angesichts solch kreativer Ansätze eine Lehrstelle als Werbegrafiker in Saarbrücken. Hier hätte er sich künstlerisch weiterentwickeln können. „Aber meine Eltern sagten nein. Der kleine Peter in Saarbrücken? Das lehnten sie ab. Sie hatten womöglich Angst, dass ich in der großen Stadt unter die Räder komme“, erinnert er sich etwas gequält lächelnd.

Das, was sie stattdessen für den Buben vorsahen, war handfest. Keine Kunst, keine Kreativität – die Eltern sagten, er solle eine Metzgerlehre beginnen.

Eine harte Zeit, blickt Schaumburger zurück. Er war eher klein, schwächlich; die anderen Lehrlinge dachten, er schaffe die anstrengende Arbeit körperlich nicht und sie müssten das ausbaden. Schaumburger hatte einiges an Piesackerei auszuhalten. Er hielt stand. Und fand in seiner Freizeit in der Kunst den Kraftquell. „Vom ersten Weihnachtsgeld kaufte ich mir eine Staffelei und Ölfarben. Ich suchte nach allem Möglichem, was ich bemalen konnte, auf dem Sperrmüll fand ich beispielsweise einen alten Spiegel, den ich bemalte.“

Beruflich suchte Schaumburger eine Neuorientierung und begann bei John Deere eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter. „15 Jahre lang machte ich das. 1995 schließlich begann ich nochmals neu – als Altenpfleger.“

Zwölf Jahre lang half er in der Betreuung betagter Menschen mit. Auch hier wurde ihm alles abverlangt. „Das war eine extrem harte Zeit, körperlich und auch mental“, erinnert er sich. Inzwischen ist er bei der Heinrich-Kimmle-Stiftung beschäftigt und arbeitet dort als Sicherheitskraft. Egal, ob Schaumburger in der Fleischverarbeitung tätig war, in der Industrie als Hilfsarbeiter, als Altenpfleger oder als Sicherheitsdienst – immer war es die Kunst, die ihn aus dem beruflichen Alltag ausbrechen ließ. Hier konnte er ganz der sein, der er ist.

Der Zweibrücker besuchte in seiner Freizeit Kunstkurse, er lernte Aquarellmalerei – „das ist die Königsklasse“ – und allmählich traute er sich mit seiner Kunst in die Öffentlichkeit, natürlich auch auf der Suche nach Bestätigung.

„1999 stellte ich erste Arbeiten in Zweibrücken aus. Die evangelische Gemeinde Ixheim beauftragte mich mit Arbeiten zum Johannes-Evangelium. Ich kolorierte Textpassagen aus dem Evangelium, die mit der Hand abgeschrieben worden waren. Diese Arbeit war mir eine Ehre. Das war der Startschuss“, sagt er.

Seine ersten Graffiti-Werke, für die er heute in Zweibrücken bekannt ist, stellte er vor rund fünf Jahren aus, erinnert er sich. „Zwischen dem Optikergeschäft Seybold-Epting und der Gaststätte Paramount ist eine Wand, die wurde immer wieder verschmiert.“ Schaumburger überdeckte das Gekrakel mit Kunst. Und bekam dafür viel Zuspruch. Und immer wieder neue Aufträge.

„Mittlerweile habe ich in Zweibrücken rund 20 Kunstwerke im öffentlichen Raum geschaffen. Plus zehn weitere in der Region, etwa in Homburg.“ Dass die Nachbarstadt auf ihn aufmerksam wurde, ist für Schaumburger eine weitere Anerkennung, die für ihn, wie für jeden Kreativen, Quell der Freude und des Antriebs ist. „Die Siebenpfeiffer-Schule bat mich, gemeinsam mit Schülern Stromkästen zu verschönern, die zuvor verschmiert worden waren“ (der Merkur berichtete).

Der Zweibrücker zeigte den Schülern, wie dank Sprühdose und Ideenreichtum ein lebloser, grauer Gegenstand aufblühen kann. Und er konnte in einigen Schülern eine Leidenschaft für kreatives Schaffen wecken. Schaumburger dachte in diesen Momenten mit den Jugendlichen in Homburg natürlich auch an sich. An seine ersten Schritte auf dem Weg hin zu seiner Berufung.

Er dachte an sein großes Vorbild Joseph Beuys. „Der hat gesagt: ,Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Schaumburger sieht das genauso. Und ist daher immer wieder verschreckt, wenn er im Austausch mit anderen Kunstschaffenden auf elitäres Denken stößt. Im Gespräch mit einem Organisator von Ausstellungen sei er einmal gefragt worden: „An welcher Kunstschule haben Sie studiert? – Das hat er als allererstes wissen wollen. Noch bevor er sich meine Arbeiten anschaute“, erinnert sich Schaumburger. Für ihn eine komplett falsche Auffassung.

Jeder könne kreativ sein, sagt Schaumburger, der verheiratet ist und zwei Kinder sowie fünf Enkelkinder hat. Auch, wenn vielleicht nicht in jedem das Feuer derart brennt wie in ihm.

Der Zweibrücker sagt: „Kunst ist für mich kein Hobby. Sondern eine Berufung.“ Eine Berufung, der er auf steinigen Pfaden gefolgt ist. Aber diese rauen Wege, so heißt es in einem lateinischen Sinnspruch, führen schließlich zu den Sternen.

Und die Sterne hängen für Peter Schaumburger gar nicht so hoch. Sie sind greifbar. „Mein Traum ist es, von Stadt zu Stadt zu ziehen, an Schulen oder Seniorenheimen die Menschen für Kunst zu begeistern, gemeinsam mit ihnen ein Werk zu erschaffen.“

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