Achim Ruf und sein Hof in Mörsbach Ein Biobauer trotzt der Krise

Zweibrücken · Bio steckt in der Krise. In Zeiten hoher Inflation setzen die Verbraucher wieder verstärkt auf billige Lebensmittel. Bio-Landwirt Achim Ruf kämpft mit seiner Familie dagegen an. Die Bio-Eier sind weiter begehrt, der Dinkel momentan nicht. Wir besuchten Ruf auf seinem Hof.

 Achim Ruf mit einem seiner rund 2400 Hühner. Die Tiere laufen zwar am liebsten seiner Mutter Alma nach, aber auch vom Sohn lassen sie sich ohne Zedern auf dem Arm nehmen. Die freilaufenden Tiere haben auf dem Biobauernhof ein gutes Leben; sie danken es den Rufs, indem sie jeden Tag 1800 bis 2000 Eier legen. Die Kunden kommen dafür aus der ganzen Region angefahren, sagt der Landwirt stolz.

Achim Ruf mit einem seiner rund 2400 Hühner. Die Tiere laufen zwar am liebsten seiner Mutter Alma nach, aber auch vom Sohn lassen sie sich ohne Zedern auf dem Arm nehmen. Die freilaufenden Tiere haben auf dem Biobauernhof ein gutes Leben; sie danken es den Rufs, indem sie jeden Tag 1800 bis 2000 Eier legen. Die Kunden kommen dafür aus der ganzen Region angefahren, sagt der Landwirt stolz.

Foto: Mathias Schneck

Die Deutschen sind ein wundersames Volk. Geht es um ihr liebstes Kind, das Auto, ist das Beste gerade gut genug. In den Wagen kommt das teuerste Öl, in den Wagenbesitzer selbst hingegen oft nur Billigware. Keine einfachen Rahmenbedingungen für die Familie Ruf aus Mörsbach und ihren Bio-Bauernhof

Die Landwirtschaft liegt den Rufs im Blut. Seit rund 200 Jahre betreiben diese in Mörsbach Landwirtschaft. „Zuerst direkt im Dorf“, blickt Achim Ruf auf die Familienchronik zurück. Landwirtschaft sei früher in regem Maße auf der Sickingerhöhe betrieben worden. „Bis vor 50 Jahren gab es alleine in Mörsbach noch 23 Landwirte“, sagt Ruf. Heute sind gerade mal noch zwei verblieben. Neben der Familie Knobloch sind es die Rufs; beide Familien haben ihren Betrieb einen Steinwurf vom Ortseingangsschild entfernt, nahe der Höhenstraße, unmittelbar vor Mörsbach (von der Fahrtrichtung Zweibrücken aus gesehen).

Die Rufs konzentrieren sich auf Bio-Landwirtschaft. „Seit 1983 – da sind wir aus Mörsbach raus, hier an die Höhenstraße“, sagt Ruf. Mit dem Umzug sei eine Vergrößerung einhergangen. Und die Fokussierung auf Bio.

Es ist ein Familienunternehmen wie aus dem Lehrbuch: Achim Ruf und seine Ehefrau Margit stehen dem Hof vor, von den drei Kindern packen Sohn Marco und Tochter Jessica, die festangestellt ist, mit an (das dritte Kind, Alice, ist Lehrerin in Mainz). Auch Achim Rufs Bruder Timo hilft mit.

Und die reife Generation krempelt gleichfalls die Ärmel hoch: Vater Otmar, 83, kümmert sich vor allem um Ersatzteile für die Traktoren. „Mein Vater sagt, das halte ihn jung, zuhause vor dem Fernseher versauere er nur“, sagt Achim Ruf lächelnd. Seine Mutter Alma betreue die Hühner, die krank seien. „Sie laufen ihr regelrecht hinterher“, sagt Achim Ruf, die Bindung der Tiere zu Alma sei bemerkenswert.

Zu der Familienbande hinzu kommen der Festangestellte Marcus Pappas und die Aushilfskraft Marita Schwarz.

2001 übergab Vater Otmar, damals war er 60, den Hof an seinen Sohn Achim (der mittlerweile selbst 60 Jahre alt ist). Inzwischen leitet Achim Ruf den Familienbetrieb gemeinsam mit seinem Sohn Marco als Teilhaber; der Hof ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.

Neun Menschen packen auf dem Bio-Bauernhof an. Wie schaffen es die Rufs, den Kopf über Wasser zu halten? Gerade jetzt, wo die Zeiten hart sind? Die Inflation setzt den Verbrauchern derart zu, dass diese oft gar nicht mehr anders können, als im Supermarkt im Regal nach ganz unten zu greifen, dort, wo die günstigen Eigenmarken stehen. Bioprodukte sind nun vielen zu teuer. Infolgedessen klagt die Biobranche bereits über Insolvenzen.

Achim Ruf macht beim Besuch des Pfälzischen Merkur auf seinem Hof deutlich: Der Betrieb funktioniert nur, weil die Familie auf mehrere Standbeine setzt.

Zum einen ist da die Landwirtschaft, hauptsächlich wird Kleegras und Getreide angebaut. Dann hält die Familie 2400 Hühner, die tagtäglich 1800 bis 2000 Eier legen. Tochter Jessica bestückt jeden Tag den Kühlschrank auf dem Hof für die Selbstabholer mehrmals frisch mit Eiern. Seit 2007 setzen die Rufs auf Photovoltaik, seit 2009 betreiben sie zudem eine Biogasanlage, hier werden 1,8 Millionen Kilowattstunden Strom produziert.

„Mit dieser Menge könnten wir theoretisch ganz Mörsbach mit seinen 950 Einwohnern und rund 400 Haushalten mit Strom versorgen“, veranschaulicht Ruf die Dimensionen. Die Wärme, die als Nebenprodukt entsteht, nutzen die Rufs für ihr eigenes Anwesen.

All diese Komponenten sorgen in ihrer Gesamtheit dafür, dass der Biobauernhof überlebensfähig bleibt. Dennoch: Es ist ein Kampf und in diesem haben die Rufs bereits einen Teilrückzug vorgenommen. „Bis vor drei Jahren hatten wir noch Rinder und bis vor vier Jahren noch Schweine“, veranschaulicht Ruf diese Konzentration.

Achim Ruf ist gelernter Landwirtschaftsmeister, seit über zwei Jahrzehnten setzt er auf Bio. „Wir sind seit 2001 zertifizierter Biobetrieb. Mindestens einmal im Jahr findet eine Kontrolle statt. Das Zertifizierungsunternehmen Adcert führt dann Prüfungen durch und schaut, ob tatsächlich alles nach den erforderlichen Kriterien läuft. „Auch die Aufsichtsbehörde ADD kontrolliert, diese beauftragt ebenfalls Adcert“, sagt Ruf.

Wie sieht der 60-Jährige die derzeitige Situation, das Klagen der Biobranche über den neuen Sparzwang der Verbraucher? Ruf stimmt zu: Teilweise sei es hart, auch für ihn, seinen Dinkel werde er im Moment einfach nicht los, „ich habe jetzt die Säcke herumstehen“.

Aber es gibt auch positive Entwicklungen: „Biogas war die ganze Zeit nicht so lukrativ. Jetzt, in der Energiekrise, wird es attraktiver.“

Der Biobauernhof ist ein Familienunternehmen mit neun Helfern. Tochter Jessica Ruf ist festangestellt, sie bestückt mehrmals täglich den Kühlschrank mit den Eiern.

Der Biobauernhof ist ein Familienunternehmen mit neun Helfern. Tochter Jessica Ruf ist festangestellt, sie bestückt mehrmals täglich den Kühlschrank mit den Eiern.

Foto: Mathias Schneck

Die Inflation spürt Ruf mit voller Härte nicht nur beim Kauf von Diesel für seine Traktoren, sondern auch bei seinem Hühnerbetrieb, einem Herzstück des Biobauernhofes. „Ein Huhn kostet inzwischen fast doppelt so viel. Grund ist, dass die Hähne nicht mehr getötet sondern mitaufgezogen werden.“ Auch Lieferengpässe setzen ihm zu: „Ersatzteile für die Maschinen sind teuer geworden – wenn man denn überhaupt an die Teile herankommt.“ Der 60-Jährige macht sich keine großen Hoffnungen, was das Thema Landwirtschaft angeht: „Das Sterben der Höfe wird weitergehen.“ Aber Ruf will die Stellung halten. So, wie seine Familie das stets getan hat in den vergangenen 200 Jahren. Und sein Sohn Marco ist ja auch noch da, als Teilhaber. Wer weiß: Vielleicht bringt die Zukunft ja doch noch bessere Zeiten.

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