Thema im Stadtrat Bis 2022 wird für jede zweite Praxis in der Stadt ein Nachfolger gesucht

Zweibrücken · Dr. Dawid, Leiter des Ärztenetzes, warnt: Auf die Zweibrücker Praxen rollt eine Verrentungswelle zu. Die Herausforderungen für die Stadt sind enorm.

 Die Hälfte der Zweibrücker Ärzte ist nah an der Altersgrenze.

Die Hälfte der Zweibrücker Ärzte ist nah an der Altersgrenze.

Foto: gms

Die Stadt Zweibrücken steht hinsichtlich der Versorgung durch Arztpraxen vor einer gewaltigen Veränderung: Binnen der nächsten drei Jahre, bis zum Jahr 2022, wird für jede zweite Praxis in der Rosenstadt ein Nachfolger gesucht werden müssen. Das machte Dr. Andreas Dawid,  Leiter des Ärztenetzes Zweibrücken, in der jüngsten Sitzung des Stadtrates deutlich.

Dawid, der selbst in Zweibrücken eine radiologische Praxis in der Schillerstraße betreibt und Sprecher der im Ärztenetz zusammengeschlossenen Mediziner ist, stimmte die Räte mit seinem Ausblick sehr nachdenklich. FWG-Fraktionsmitglied Patrick Lang wollte eigentlich von Dawid wissen, welches „Worst-Case-Szenario“ er denn für die nächsten 30 Jahre für Zweibrücken sehe. Dawid machte ihm deutlich: So weit brauche man überhaupt nicht in die Zukunft zu blicken. Bereits in den nächsten drei Jahren würden die Veränderungen einschneidend sein.

Der Grund dafür ist ganz einfach (und seit einigen Jahren immer wieder Thema in den Medien): Die Ärzte in Deutschland haben ein hohes Durchschnittsalter, viele gehen bald in den Ruhestand, vor allem auf dem Land wird es schwierig, Nachfolger für die Praxen zu finden (auch der Merkur berichtete bereits mehrfach).

Die Erkenntnis über den Engpass ist also nicht neu. Ebensowenig die Erkenntnis, dass es dagegen kein Patentrezept gibt – auch nicht von ihm als Leiter des Ärztenetzes, erklärte Dawid.

Es sei aber allen Akteuren bewusst, dass es zumindest Stellschrauben gibt, an denen gedreht werden muss. Das sei etwa die Versorgung mit Kita-Plätzen für den Nachwuchs der Ärzte, ein gutes Angebot an qualifizierten Stellen für den Partner des niederlassungswilligen Arztes, ein gutes Wohnraum-Angebot, das kulturelle Leben vor Ort, touristische Angebote, also alles, was den Freizeitwert ausmacht.

In einigen Punkten sei Zweibrücken auf jeden Fall gut aufgestellt, lobte Dawid, die Versorgung mit Kita-Plätzen sei grundsätzlich gut, es würden ja auch neue Einrichtungen gebaut.

Aber es werde sicher nicht leicht, die Hausaufgaben so zu machen, dass die 50 Prozent Praxen, die bis 2022 zu schließen drohen, tatsächlich alle einen Nachfolger finden.

„Heutige Praxisräume sind oft auch nicht mehr zeitgemäß“, merkte Dawid zur Situation in Zweibrücken an. Und zwar aus folgendem Grund: Etwa drei Viertel der angehenden Mediziner sind Frauen. Diese würden vielfach später nicht Vollzeit arbeiten wollen, dessen sei sich auch die Kassenärztliche Vereinigung bewusst. Diese rechne damit, dass für jede frei werdende Praxis zwei Ärzte (oder besser: Ärztinnen), die nur halbtags arbeiten wollen, gefunden werden müssen. Diese Teilzeitwilligen bräuchten Praxen mit entsprechenden räumlichen Aufteilungen – was in der Rosenstadt derzeit eher Mangelware sei.

Walter Rimbrecht (SPD) dankte Dawid für seine klaren Worte. „Ich habe  von Ihnen erfahren, dass die Stadt etwas tun kann, um Ärzte hierherzulocken – etwa Kitas, Wohnräume, schulische Versorgung“, zählte er auf. „Für uns als Stadt heißt das: Wir müssen so weitermachen“, schlusfolgerte Rimbrecht.

Man müsse auch anerkennen, dass die Stadt nicht alles in der Hand habe. Er könne sich nur über die Situation an den Hochschulen wundern. Obwohl schon seit etlichen Jahren bekannt sei, dass auf die gesamte Republik das Problem des Ärztemangels zukomme, würden die Kapazitäten an den Unis nicht ausgebaut, klagte Rimbrecht. So sei es auch an der Uni Homburg.

Stéphane Moulin (SPD)  blickte auf die neue Kooperation der Stadt Zweibrücken mit dem Ärztenetz Südwestpfalz. Ziel ist es, die Vernetzung der Ärzte zu verbessern, bei dem Projekt machen der Landkreis Südwestpfalz und die Stadt Pirmasens mit; die Stadt Zweibrücken beteiligt sich mit 15 000 Euro an dem Projekt (wir berichteten).

Moulin meinte hierzu: „Der Hausarzt in Pirmasens nutzt am Ende des Tages Zweibrücken nichts.“ Es sei zu prüfen, inwiefern diese Kooperation dahingehend ausgerichtet werden könne, dass die Rosenstadt direkt davon profitiere.

Walter Buchholz (AfD) fragte Ärztenetz-Chef Dawid, wie er zu der Idee stehe, in Zweibrücken ein Diagnosezentrum einzurichten. Das könne die Nachwuchsprobleme etwas lindern. Dawid meinte, das Problem sei, „dass so etwas in den ersten Jahren erst mal rote Zahlen schreiben würde. Das kostet erst mal Geld.“ Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) ergänzte: „Es gab schon mehrere Anläufe, in Zweibrücken ein solches Diagnosezentrum einzurichten – alle sind gescheitert.“Christina Rauch (CDU) fasste zusammen: „Ab 2022 sind 50 Prozent der Ärzte hier im Ruhestand, das ist eine gewaltige Herausforderung.“ Die Initiative des Ärztenetzes Südwestpfalz, an der sich die Stadt Zweibrücken nun beteiligt, findet Rauch „gar nicht so schlecht“.

Und Dawid meinte, von Wosnitza auf die Initiative angesprochen, dass er diese ebenfalls begrüße.

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