Tadano-Demag in der Krise „Alle sind verunsichert“

Zweibrücken · Die Verhandlungen zwischen Tadano-Demag und der Belegschaft über einen Ausweg aus der Krise scheinen sich schwierig zu gestalten. Alle Beteiligen mauern. Fest steht allerdings: Es kommen zu wenige Aufträge rein, das Werk Wallerscheid muss pausieren. Wir sprachen mit mehreren Beschäftigten über deren Sorgen.

 Auch der Gegenwind für den Windräder-Ausbau in Deutschland beeinträchtigt das Tadano-Geschäft. Das Foto zeigt einen Windrad-Aufbau im Frühjahr in Holland mit Demag-Kränen des Typs CC 3800-1.

Auch der Gegenwind für den Windräder-Ausbau in Deutschland beeinträchtigt das Tadano-Geschäft. Das Foto zeigt einen Windrad-Aufbau im Frühjahr in Holland mit Demag-Kränen des Typs CC 3800-1.

Foto: Jelco Stouthandel/Tadano

Der größte Arbeitgeber der Stadt Zweibrücken steckt in ernsten Schwierigkeiten. Und alle hoffen, dass die Sache noch irgendwie gut ausgeht. Egal, ob Unternehmensführung oder Belegschaft, Gewerkschaft IG Metall oder die Lokalpolitik im Rathaus. Die Hoffnung ist bei allen, dass der wankende Kranbauer Tadano-Demag wieder ins Lot kommt.

Egal, wen der Pfälzische Merkur auch befragt – Management, Unternehmenssprecher, Betriebsrat oder Gewerkschaft – offiziellerseits will niemand etwas sagen. Zu angespannt ist die Lage, zu groß die Furcht, ein falsches Wort zu sagen.

Tadano steckt in einem „Schutzschirmverfahren“; wie mehrfach berichtet, muss bis Ende dieses Jahres eine Lösung gefunden werden. Es ist gerade mal noch ein knapper Monat Zeit für die Unternehmensführung, mit MItarbeitern, Gewerkschaft und Gläubigern eine Lösung zu erzielen. Gelingt dies nicht bis 31. Dezember 2020, gilt das Schutzschirmverfahren als gescheitert und das reguläre Insolvenzverahren tritt in Kraft (siehe „Info“).

Auch, wenn alle Beteiligten mauern – ein Fakt steht fest. Da derzeit zu wenige Aufträge eingehen, wird die Produktion im Werk Wallerscheid vom 14. Dezember an gestoppt. Für zirka einen Monat. Darüber hat der Geschäftsführer von Tadano-Demag, Jens Ennen, dieser Tage die Belegschaft informiert. Es kämen zu wenige Aufträge rein, das Werk Wallerscheid könne nicht ausgelastet werden. Der Hauptstandort an der Dinglerstraße könne weiterlaufen, allerdings müsse die Produktion hier gedrosselt werden.

Der Merkur wollte mehr zu den Hintergründen wissen. Da alle offiziellen Stellen schweigen, sprachen wir mit mehreren langjährigen Mitarbeitern des Zweibrücker Kranbauers. Diese können zwar nicht repräsentativ für alle rund 1600 Beschäftigen an den beiden Standorten sprechen. Aber durch ihre jahrzehntelange Tätigkeit (in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens) ergibt sich ein wichtiges Analyse- und Stimmungsbild.

Einig sind sich alle von uns Befragten: Die Stimmung ist gedrückt. „Alle sind verunsichert“, heißt es unisono. Man erhalte derzeit zu wenig Aufträge, die geplante Schließung des Werkes Wallerscheid für zirka einen Monat sei die harte Konsequenz. Auch bei den Lieferanten sei Verunsicherung wahrnehmbar.

Und es sei zu hören, dass Konkurrenten versuchten, Nutzen aus der Krise von Tadano zu ziehen. Kunden hätten schon erzählt, dass die Konkurrenz bei der Akquise anmerke, es sei doch unsicher, wie alles bei Tadano ausgehe, wer weiß, ob man etwa in fünf Jahren noch Ersatzteile geliefert bekomme etc.

Woher rührt eigentlich die ganze Misere? Für die Beantwortung dieser Frage führen die von uns Befragten eine Reihe von Faktoren an. So ist der Rohölpreis in den vergangenen Jahren stark gesunken. Seit 2011/2012 sei dieser auf Talfahrt, lediglich unterbrochen von einem kurzen Zwischenhoch im Jahr 2018.

Das sorge dafür, dass die stark umstrittenen Methode des Fracking, mit dem etwa die US-Amerikaner Öl gewinnen, erheblich an Attraktivität verloren habe. Fracking zu betreiben, ist mit erheblichem Aufwand verbunden – es lohnt nur, wenn der Ölpreis entsprechend hoch ist, so dass die enormen Fracking-Kosten überkompensiert werden können.

Kein Fracking – keine Kräne, so die Schlussfolgerung. Denn für das Fracking ist schweres Gerät erforderlich, Kräne werden eingesetzt. Nun, wo der Fracking-Boom abgekühlt sei, fehle es an der Notwendigkeit, Kräne hierfür zu ordern – beispielsweise bei Tadano.

Ein zweiter Aspekt: Die Verzögerungen beim geplanten Ausbau von Windkraft-Anlagen in Deutschland. Lange gab es hier rechtliche Unsicherheiten. Auch für das Aufstellen von Windrädern bedarf es entsprechender Kräne. Keine Windkraft – keine Kräne.

Und als drittes wird der Einbruch beim Bau von Kraftwerken in Deutschland angeführt. Bedingt durch die Energiewende. Keine Kraftwerke – keine Kräne, schlussfolgern die von uns befragten langjährigen Mitarbeiter von Tadano.

All diese Entwicklungen seien nicht von heute auf morgen gekommen, es handele sich um Prozesse, die sich von Jahr zu Jahr verstärkt hätten. Nun seien all diese Druckstellen zu heftig geworden – und Tadano ins Taumeln gekommen.

Zurück zu den Verhandlungen zwischen Unternehmensführung und Belegschaft: Wie diese ausgehen, kann niemand abschätzen.

Die von uns befragten Mitarbeiter machen darauf aufmerksam, dass es bei der Belegschaft eine große Sorge gibt. Nämlich, dass das Management von Tadano das Schutzschirmverfahren dazu nutzt, sich des Standortsicherungs-Paktes zu entledigen. Der sei noch mit dem vorherigen Demag-Eigner Terex abgeschlossen worden, die Kernaussage dieser Vereinbarung: Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2022 ausgeschlossen.

Das Schutzschirmverfahren könnte Tadano nun nutzen, um diesen Pakt aufzukündigen, so die Befürchtung.

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