Zweibrücken kooperiert mit Neunkirchen

Zweibrücken · Der Stadtrat hat gestern Abend den ersten Doppelhaushalt Zweibrückens verabschiedet. Nur Bernhard Schneider (Linke) und Melanie Schneider (AfD) stimmten, anders als ihre Fraktionskollegen und ohne ihre Gründe zu nennen, gegen den Plan für 2015 und 2016. Die SPD forderte einen Einstieg des Bezirksverbands Pfalz ins Landgestüt.

 Traditionell investiert die Stadt auch viel in Schulen, in den Jahren 2015/16 laut dem gestern verabschiedeten Haushalt vor allem in die Gebäude der ehemaligen Hauptschulen Mitte (links, 250 000 Euro) und Nord (rechts, 350 000 Euro), in denen heute die Herzog-Wolfgang-Realschule plus verteilt ist. Fotos: pma

Traditionell investiert die Stadt auch viel in Schulen, in den Jahren 2015/16 laut dem gestern verabschiedeten Haushalt vor allem in die Gebäude der ehemaligen Hauptschulen Mitte (links, 250 000 Euro) und Nord (rechts, 350 000 Euro), in denen heute die Herzog-Wolfgang-Realschule plus verteilt ist. Fotos: pma

Für eine Überraschung sorgte gestern Kurt Pirmann in seiner Haushaltsrede im Zweibrücker Stadtrat. Der Oberbürgermeister informierte, dass Zweibrücken nicht wie erwartet mit Homburg am Demographie-Projekt "Kommune innovativ" teilnehmen werde - sondern mit Neunkirchen . "Ich bin traurig, dass unsere Nachbarstadt nicht zu überzeugen war", sagte Pirmann (SPD ). Das vom Bund finanzierte und von der Technischen Universität Kaiserslautern betreute dreijährige Projekt biete Zweibrücken und Neunkirchen "die Chance, dass man von außen auf uns blickt". Die Stadt Homburg habe sich dagegen entschieden, "dass sie selbst in sich hineinblickt". Das Projekt solle Maßnahmen entwickeln, um "die Potenziale des demografischen Wandels zu nutzen und den Risiken rechtzeitig zu begegnen".

Pirmann verkündete noch eine zweite Kooperation: Zweibrücken werde am Programm "Demokratie leben" teilnehmen, um gemeinsam mit Vereinen und Bürgern mehr Einmischung in Politik sowie Toleranz zu fördern. In Pirmasens und der Südwestpfalz seien damit zum Beispiel Landfrauen-Kochveranstaltungen mit Migrantinnen gefördert worden.

In der Haushaltsdebatte gab es so viel Lob und Zuversicht wie schon lange nicht mehr. Zwar ist der gesamte städtische Schuldenberg laut Finanzdezernent Rolf Franzen (CDU ) auf 268 Millionen Euro gewachsen (2000 waren es noch 63 Millionen, erinnerte Manfred Weber , AfD). Doch der neue Jahresfehlbetrag konnte von 21,6 auf gut 15 Millionen Euro (siehe Grafik) verringert werden.

SPD-Fraktionschefin Sabine Wilhelm hob hervor, das Jahresdefizit sinke "entgegen dem Trend in Rheinland-Pfalz". Wilhelm brachte die Stimmung im Rat auf den Punkt: "Wir sind in der Lage zu sparen, ohne dass wir auf zukunftssichernde Investitionen verzichten müssen." Beim Projekt "Stadt am Wasser" etwa übernähmen Bund und Land 80 Prozent der Kosten: "Das ist Geld, das wir geschenkt bekommen, damit wir unsere Stadt wettbewerbsfähig machen." Mehr erwartet Wilhelm dagegen vom Bezirksverband Pfalz . Es sei ein dramatisches Ungleichgewicht, dass Zweibrücken diesem von 2003 bis 2015 rund 4,6 Millionen Euro gezahlt, aber nur 35 000 Euro erhalten. Diese 0,75 Prozent taugten "nicht mal als Feigenblatt". Die SPD "erwarte" deshalb, dass der Bezirksverband künftig das Landgestüt unterstütze. Wilhelm begrüßte, dass die Stadt beim Bezirksverband einen Förderantrag für die Fasanerie-Sanierung stellen wolle.

Die Haushaltsrede der CDU hielt wegen der starken beruflichen Belastung von Fraktionschef Christoph Gensch sein Stellvertreter. Christian Gauf würdigte die Senkung der Personalkosten um 500 000 Euro bis 2016. Spareffekte seien auch durch das Zusammenlegen der Vermessungsstellen von Bauamt, UBZ und Stadtwerken zu erwarten. "Sinnvoll erscheint uns deshalb, weiterhin darüber nachzudenken, ob auch andere Zusammenlegungen Nutzen bringen könnten." Wenig hilfreich sei dagegen, "wenn im Land von den Kommunen immer erwartet wird, sich an weiteren Aufgaben zu beteiligen oder diese zu übernehmen, die dann notwendigerweise auch einen personellen Zuwachs nach sich ziehen". So habe die Stadt wegen Vorgaben aus Mainz zwei neue Erzieherinnen-Stellen schaffen müssen.

Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann lobte die im Doppelhaushalt 2015/16 geplanten Investitionen für die städtebauliche Sanierung und die "Soziale Stadt": "Zweibrücken macht sich - endlich - auf den Weg, bauliche, soziale, lokalwirtschaftliche und ökologische Missstände zu beheben, den Bewohnern von zwei Stadtbereichen neue Perspektiven zu eröffnen und sie aktiv in das Projekt einzubeziehen." Dagegen vermissten die Grünen im Haushalt Investitionen in Energie-Ersparnis und Klimaschutz.

Auch FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler lobte die Investitionen , war aber ansonsten weniger optimistisch - denn trotz Sparbemühungen sei ein Haushaltsausgleich für Zweibrücken "nie zu schaffen". Deshalb werde er die Brücke über den Schwarzbach am Rosengarten-Hotel, obwohl sie sehr wichtig wäre (und die Stadt früher hohe Zuschüsse für sie bekommen hätte), künftig nicht mehr erwähnen. Nicht mehr nutzen will Dettweiler den Flughafen in Ensheim: "Ich selbst werde sicherlich nie ab Saarbrücken in Urlaub fliegen. Da fahr ich lieber nach Frankfurt, Stuttgart oder Köln-Bonn."

Linken-Fraktionschef Matthias Nunold forderte weitere Anstrengungen, um das Festhallen-Defizit zu verringern. In der Festhalle fänden noch weniger Veranstaltungen statt, seitdem der große Saal der Fasanerie, die ebenfalls von Roland Zadra als Pächter betrieben wird, fertig saniert sei. Die Stadt müsse deshalb mit Zadra "weiterhin in Verhandlungen bleiben".

FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser sagte, angesichts der vielen Veränderungen seit dem Amtsantritt Kurt Pirmanns könne einem schwindlig werden. Schwindlig machten aber auch die Kosten. Trotzdem begrüße die FDP die meisten Projekte. Aber nicht die Stadt am Wasser. Zweibrücken habe "genug Wasser und Grün und Natur" - es reiche, mit diesen Pfunden mehr zu wuchern. "Warum also sollen wir die Stadt am Wasser neu erfinden?" Weil es hohe Zuschüsse gibt? Für Kaiser kein Argument: Auch diese seien "Steuergelder, mit denen verantwortungsvoll umgegangen werden muss."

AfD-Chef Manfred Weber lobte ebenfalls die Investitionen . "Bei all diesen Maßnahmen und der Nutzung von Fördertöpfen darf man aber nicht vergessen, auch eigene Ideen zu entwickeln." So müsse "die Wirtschaftsförderung viel stärker unterstützt werden", um nicht nur große, sondern auch kleine Firmen zu gewinnen. Aktiver werden müsse die Stadt auch in Sachen Festhallen- und Rosengarten-Defizit sowie Leerstand City-Outlet. Mit deutlichen Worten hat Oberbürgermeister Kurt Pirmann in seiner Haushaltsrede die Klage von Globus Baumarkt und Möbel Martin gegen die Verkehrsplanung für die neue John-Deere-Brücke kritisiert. "Ein Normenkontrollverfahren ist kein Verfahren, Einfluss auf einen Bebauungsplan zu nehmen. Es dient einzig dazu, einen K.o.-Schlag zu setzen." Er wolle aber weiterhin noch 2015 mit dem Bau beginnen. Die beiden großen Geschäfte befürchten Kunden abschreckende Staus durch die Verlängerung der Wilkstraße, Pirmann (SPD ) kündigte erneut Gespräche mit beiden an. Er sehe aber nicht nur eine bereits "hinreichende gute Entscheidungsgrundlage" - sondern signalisierte neue Maßnahmen , um den Verkehr in dem Bereich zu entlasten. Der Bund werde am Bubenhauser Kreisel "noch in diesem Jahr mit dem Bau des Überfliegers zur Direktanbindung an die A 8 beginnen". Parallel dazu habe die Stadt mit dem Landesbetrieb Mobilität "auch über den sogenannten Kino-Kreisel geredet", der einige Meter weiter entstehen könnte. Pirmann weiter: "Das Büro Vertec wurde wegen einer erneut notwendigen Verkehrszählung hierzu beauftragt."

Pirmann verkündete noch eine Neuigkeit aus einem anderen Bereich: "Die Linksabbiegerspur von der Autobahn Richtung The Style Outlets werden wir in Angriff nehmen, um den permanenten Rückstau an verkaufsoffenen Sonntagen auf der A 8 zu verbessern." Und der Ausbau der Alten Ixheimer Straße beginne Ende 2015.

Außerdem plant Pirmann eine "Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzepts" sowie ein neues Friedhofskonzept. Hiermit reagiere man darauf, dass der Anteil der Urnenbeisetzungen schon bei 80 Prozent liege. Friedhofs-Schließungen wie in Homburg geplant brächten "überhaupt nichts", weil die Gräber ja noch jahrzehntelang belegt seien, sucht Pirmann "andere Lösungen".

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