Kritik der Gewerkschaft Chef der JVA Zweibrücken empört über Nordkorea-Vorwurf

Zweibrücken · Die Führung der JVA Zweibrücken weist die Kritik der Gewerkschaft BSBD an zu kurzer Ausbildung der Bediensteten im Strafvollzug zurück. Empört ist man über den „Nordkorea-Vorwurf“.

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken. Hinter hohen Mauern sind in der Spitze bis zu 450 Gefangene (geschlossener plus offener Vollzug) untergebracht. Ihre Bewachung und Betreuung ist herausfordernd für die Bediensteten, die Gewerkschaft BSBD warnt vor Überbelastungen. Die Gefängnis-Leitung kontert allerdings die jüngsten Vorwürfe der Gewerkschaft.   Foto: L. Fröhlich

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken. Hinter hohen Mauern sind in der Spitze bis zu 450 Gefangene (geschlossener plus offener Vollzug) untergebracht. Ihre Bewachung und Betreuung ist herausfordernd für die Bediensteten, die Gewerkschaft BSBD warnt vor Überbelastungen. Die Gefängnis-Leitung kontert allerdings die jüngsten Vorwürfe der Gewerkschaft. Foto: L. Fröhlich

Foto: Lutz Fröhlich

Die Gewerkschaft hat schweres Geschütz aufgefahren. Das wollen die Kritisierten allerdings so nicht stehen lassen. Die Leitung der JVA (Justizvollzugsanstalt) in Zweibrücken hat am Mittwoch auf die Vorwürfe des BSBD (Bundesverband der Strafvollzugsbediensteten) reagiert. Sowohl der BSBD-Ortsverband Zweibrücken wie auch der Landesverband hatten in der Mittwoch-Ausgabe des Pfälzischen Merkur heftige Kritik an den Arbeitsbedingungen geäußert.

Auf Merkur-Anfrage bezogen Jürgen Buchholz (Leiter der JVA), Christoph Donauer (Vorsitzender des Personalrates), Frank Weber (Vollzugsdienstleiter) und Alfred Paquet (Leiter der Personal-Verwaltung) Stellung.

Zu dem Vorwurf der Gewerkschaft, die Ausbildungszeit seit von 24 auf 18 Monate verkürzt worden, dies gehe zu Lasten der Qualität, erklärte JVA-Chef Buchholz: „Es ist richtig, dass die Ausbildung gestrafft wurde. Aber keineswegs leidet hierunter das Niveau. Es wurden aufgeblähte Inhalte in der Ausbildung gestrafft.“

Vollzugsdienstleiter Weber ergänzte: „Bestimmte Inhalte, die nicht zwingend in der Ausbildung enthalten sein müssen, wurden ausgegliedert. Etwa die Schießübungen, diese finden parallel zum beruflichen Alltag statt.“

Personalverwaltungs-Leiter Paquet sagte, „es sind keinesfalls in der Ausbildung Inhalte verlorengegangen, es wurden eher noch neue Inhalte in die Ausbildung mit aufgenommen“.

Zum Vorwurf des hohen Krankenstandes sagte Buchholz: „In der JVA Zweibrücken beträgt der Krankenstand zehn Prozent – in der Vor-Corona-Zeit. Dieser Krankenstand ist bereits seit Jahren konstant. 2022 war er tatsächlich höher und lag bei 13 Prozent; hierunter fallen allerdings auch an Corona Erkrankte sowie solche Mitarbeiter, die ab Herbst von der Grippewelle getroffen wurden. In den anderen JVA in Rheinland-Pfalz lag der Schnitt 2022 bei zwölf Prozent.“

Lasse man die Sonderfaktoren Corona und Herbst-Grippewelle außen vor, bewege man sich kontinuierlich bei rund zehn Prozent Krankenstand und damit auf dem Niveau des Krankenstandes in den anderen Gefängnissen im Land in der Vor-Corona-Zeit.

Nicht zutreffend sei auch der Vorwurf, es werde nicht Personal aufgestockt und erschwerend steige der Altersschnitt der Beschäftigten. Zum 1. Januar seien zusätzlich ein Psychiater und ein Anstaltsarzt (jeweils 0,5-Stelle) zugewiesen worden sowie zwei Vollzeit-Fachkräfte für die Psychiatrie. Das Land reagiere damit auf die Entwicklung, dass im Justizvollzug vermehrt psychiatrisch erkrankte Gefangene anzutreffen seien.

Personalrats-Leiter Donauer sagte, aktuell seien 24 Bedienstete in der Ausbildung – sehr wohl werde also auf Nachwuchs geachtet. Es sei schwer, geeignete Kräfte zu finden, man suche „gestandene Menschen“, die den anstrengenden Beruf ausfüllen könnten, mit einem „Tag der offenen Tore“ habe man im Herbst 2022 erstmals einen Besuchertag für potentielle Bewerber veranstaltet, am 22. April finde der nächste Bewerbertag statt. Man ziehe also an ganz unterschiedlichen Strippen.

Paquet sagte, man habe Jahr für Jahr rund elf Abgänge in der Belegschaft, nun kämen die geburtenstarken Jahrgänge, da seien es zwölf Abgänge. Der Altersschnitt der 310 Mitarbeiter liege bei etwa 45 Jahren.

Gefängnis-Chef Buchholz zeigte sich verwundert über die Klage der Gewerkschaft, dass Maßnahmen zur Resozialisierung die Bediensteten belasten würden.

„Diese Behandlungsmaßnahmen sind keine Schokostreusel auf dem Cappuccino. Dazu sind wir rechtlich verpflichtet. Das ist kein ,Extra‘ neben der Arbeit – es ist ein elementarer Bestandteil. Alleine schon wegen der Frage der Resozialisation müssen wir daran arbeiten, dass die Insassen irgendwann soweit sind, dass sie wieder in die Freiheit entlassen werden können.“

Empört reagiert die Leitung des Gefängnisses über den Vorwurf von Winfried Conrad, Landesvorsitzender des BSBD. Dieser hatte im Merkur erklärt: „Der Strafvollzug ist das Nordkorea Deutschlands.“

 Jürgen Buchholz leitet die JVA Zweibrücken  mit ihren 310 Mitarbeitern.

Jürgen Buchholz leitet die JVA Zweibrücken mit ihren 310 Mitarbeitern.

Foto: Volker Baumann

Für Gefängnis-Leiter Jürgen Buchholz eine nicht akzeptable Äußerung: „Es ist ein starkes Stück, den Strafvollzug in Deutschland mit einer Diktatur zu vergleichen, in der Menschen erschossen werden oder spurlos hinter Gittern verschwinden.“

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