Kündigungsschutz-Klage am Arbeitsgericht in Zweibrücken Stadt will eine Führungskraft loswerden

Zweibrücken · Das Arbeitsgericht lässt allerdings große Zweifel an der Kündigungs-Begründung „Arbeitsverweigerung“ erkennen.

 Justitias Waagschale schien sich beim Gütetermin des Arbeitsgerichts schon deutlich in eine Richtung zu neigen (Symbolbild).

Justitias Waagschale schien sich beim Gütetermin des Arbeitsgerichts schon deutlich in eine Richtung zu neigen (Symbolbild).

Foto: picture alliance / dpa/Frank Rumpenhorst

In einem für viele Bürger wichtigen Bereich der Zweibrücker Stadtverwaltung gibt es seit einigen Jahren erhebliche personelle Probleme, die das Arbeitsklima belasten. Das wurde am Donnerstag beim gescheiterten Gütetermin des Arbeitsgerichts Kaiserslautern im Zweibrücker Schloss öffentlich.

Geklagt hat eine bei der Stadt angestellte Führungskraft (mittlere Ebene), nachdem sie eine „ordentliche verhaltensbedingte Kündigung“ zum 30. Juni erhalten hatte.

Richterin Sabine Schmidtgen-Ittenbach machte mehrfach deutlich, dass sie die von Oberbürgermeister Marold Wosnitza und seinem stellvertretenden Personalamtsleiter vorgetragenen Kündigungsgründe rechtlich wohl nicht für ausreichend hält. Die Stadt wirft der Gekündigten „Arbeitsverweigerung“ vor: Sie habe Mitte März in drei E-Mails Arbeitsaufträge bekommen, aber nicht reagiert. Die Richterin verwies dagegen auf eine E-Mail, in der die Klägerin am 30. März die Leistungen zusagte. Schmidtgen-Ittenbach: „Ich frage mich, wo ist da die behauptete Arbeitsverweigerung?“ Erst im Nachhinein habe die jetzige Klägerin reagiert, antwortete der Personalamts-Vize. „Warum im Nachhinein?“, hakte Schmidtgen-Ittenbach nach: Die Stadt habe doch am 17. Mai gekündigt. Die Klägerin habe also „VOR ihrer Kündigung die angeforderte Leistung angeboten“.

Der Personalamts-Vize entgegnete, es habe schon früher Problem mit „Arbeitsverweigerung“ gegeben, so habe die Klägerin in einer Teamsitzung keine Ergebnisse vorweisen können. „Zusammen mit dem, was vorher war“, habe man deshalb kündigen müssen. „Was war vorher passiert?“, hakte die Richterin erneut nach. Und meinte, als sie keine konkretere Antwort erhielt, als dass „mehrere Dinge vorgefallen“ seien: „Sie merken ja selbst, welche Probleme Sie beim Vortrag haben.“ Die Stadt war ohne Anwalt erschienen.

Schmidtgen-Ittenbach betonte, für ein Urteil dürfe das Gericht nur Punkte würdigen, die bereits dem Personalrat erklärt wurden: „Wir können uns hier also nur über Arbeitsverweigerung unterhalten.“ Während dies als Kündigungsgrund in einem Urteil „gegebenenfalls als unverhältnismäßig“ zu bewerten sei, entnahm die Richterin dem Aktenberg, dass es „persönliche Probleme gibt, dass Sie offensichtlich nicht (mehr) miteinander können“, so habe jemand mit einem Drucker eine Tür zugestellt.

Die Klägerin erklärte, sie habe nach ihrer Einstellung vor einigen Jahren gleich gemerkt, dass es in ihrem Arbeitsbereich Personalmangel und „erhebliche Spannungen“ gegeben habe. Mit einer Mitarbeiterin habe sie „teils von morgens bis ein Uhr nachts“ gearbeitet, um zum Beispiel Fristen im Umgang mit externen Behörden einhalten zu können und auch danach jahrelang viele Überstunden gemacht. Sie habe mehrere Überlastungsanzeigen gestellt, der Amtsleiter allerdings habe „gar nicht reagiert oder das als nichtig abgetan“. Trotz der vielen Überstunden schon für die Pflichtaufgaben habe sie auch wichtige neue Dinge eingeführt wie ein Qualitätsmanagement.

„Herr Oberbürgermeister, was sagen Sie dazu?“, fragte Richterin Schmidtgen-Ittenbach. Wosnitza antwortete, seit seinem Amtsantritt Ende 2018 habe er Probleme mit der jetzigen Klägerin erlebt. Statt mit nach Problemlösungen zu suchen, habe sie „die Schuld immer bei allen anderen gesucht“. Auch eine Mediation sei gescheitert.

Auf die Frage der Richterin nach der behaupteten Personalnot antwortete Wosnitza: „Wir haben kontinuierlich aufgestockt.“ Allerdings hätten Mitarbeiter/-innen erklärt, mit der Klägerin nicht zusammenarbeiten zu können – als Begründung nannte Wosnitza die Stichworte „Kommunikation“ und „keine Einarbeitung“. Bei einem Termin hätten Beschäftigte sogar erklärt, wenn es keine Lösung gebe, würden alle kündigen. Es habe auch Versetzungsanträge gegeben. Wosnitza: „Wir mussten reagieren!“ Und dann sei die „Arbeitsverweigerung“ gekommen, folglich die Kündigung.

Im weiteren Verlauf des Gütetermins stellte sich heraus: Die angeforderten Leistungen wurden auch erfüllt. Doch während Wosnitza behauptete, dies sei dem zuständigen Stadtvorstandsmitglied zu verdanken, behaupte die Klägerin, sie selbst habe diese Leistungen „konsequent organisiert und durchgeführt“.

Für Richterin Schmidtgen-Ittenbach stellte sich nach alledem „schlichtweg die Frage: Wie soll das Ganze weitergehen?“

Rechtsanwalt Rolf Nagel bestätigte zwar, dass es auch später „Spannungen“ in dem Bereich gab. Allerdings nichts, was eine Kündigung seiner Mandantin rechtfertigen könnte. Spannungen gebe es in vielen Behörden und Unternehmen: „Darüber sollte man sich aussprechen und dann ist das erledigt!“ In diesem Fall allerdings sei die Mediation nicht gemeinsam vereinbart, sondern die Stadt haben einen Mediator verordnet. „Die Mediation sah eher so aus, als ob die Teilnehmer manipuliert werden sollten.“

Nun sehe sie zwei Möglichkeiten, erläuterte Schmidtgen-Ittenbach. Option eins: „Wir klären das juristisch.“ Da werde die Stadt „an Probleme stoßen: Liegt hier überhaupt eine Arbeitsverweigerung vor?“ Zwar gebe es vorherige Abmahnungen, die allerdings wahrscheinlich nicht „einschlägig“ seien, also nichts mit dem erklärten Kündigungsgrund zu tun hätten. Option zwei: Ein einvernehmliche Lösung, etwa durch Gespräche zur Klärung der zwischenmenschlichen Probleme oder durch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mittels Abfindung. Gespräche lehnte Wosnitza ab: „Die wurden schon mehrfach geführt!“ Den Vorschlag des Rechtsanwalts, die Kündigung zurückzunehmen, lehnte der OB ebenfalls ab. Die Klägerin und ihr Anwalt wiederum lehnten eine Abfindung ab: Trotz der Turbulenzen arbeite sie „gerne, mit Herzblut“ und wolle dies weiter tun.

Schmidtgen-Ittenbach setzte daraufhin als Arbeitsgerichts-Verhandlungstermin den 28. Oktober fest. Und machte der Stadt eine ganze Reihe von Auflagen – insbessondere, konkreter darzulegen, inwiefern Arbeitsverweigerung und ein „schuldhaftes Fehlverhalten“ vorliegen.

Wosnitza verließ den Gerichtssaal sichtlich schlecht gelaunt und wollte den Fall nicht kommentieren.

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