Prozess gegen neun Männer Zeuge verweigert Aussage: War er der Kurierfahrer?

Zweibrücken · Vor dem Landgericht Zweibrücken sind in dieser Woche die drei Hauptverhandlungen gegen neun Männer fortgesetzt worden, die in der Südwest- und Saarpfalz in großem Stil mit Betäubungsmitteln gehandelt haben sollen.

 Die Angeklagten sollen in der gesamten Region mit Drogen gehandelt haben.

Die Angeklagten sollen in der gesamten Region mit Drogen gehandelt haben.

Foto: picture alliance / dpa/Thomas Lehmann

Dazu wollte er sich besser nicht äußern. Während einer der drei in dieser Woche fortgesetzten Hauptverhandlungen gegen neun mutmaßliche Mitglieder einer Drogenhändlerbande hat am Donnerstag ein Mann aus Ludwigshafen von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Aus gutem Grund: Mit dem grauen Chevrolet des 61-Jährigen sollen im Oktober 2020 im Auftrag eines der Angeklagten, eines 35-jährigen Deutsch-Iraners, zehn Kilogramm Marihuana von Frankfurt am Main nach Kaiserslautern gebracht worden sein, um sie dort zu bunkern und dann weiterzuverkaufen.

Offenbar befürchtete der 61-jährige Zeuge, sich mit der Beantwortung der Fragen des Gerichts selbst der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen. Deshalb durfte er nach Paragraph 55 der Strafprozessordnung die Auskunft verweigern.

Den Hinweis auf diesen Drogentransport und die beteiligten Personen hatten die Ermittler durch die Auswertung der von französischen Justizbehörden entschlüsselten Encrochat-Daten bekommen. Der Provider Encrochat hatte bis 2020 Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikationsnetzwerke und Endgeräte, sogenannte Krypto-Handys, angeboten, die bevorzugt von der Organisierten Kriminalität in Europa genutzt worden waren. Die decodierten Datensätze waren Anfang 2020 über das Europäische Polizeiamt (Europol) an das Bundeskriminalamt (BKA) und von dort aus an die deutschen Landeskriminalämter (LKÄ) zur Auswertung weitergeleitet worden.

Über die E-Mail-Adressen, die den jeweiligen Krypto-Handys zugeordnet waren, und die gefundenen Chatverläufe habe man die Nutzer identifizieren können, berichtete ein Beamter der Kriminaldirektion Kaiserslautern. Über die entdeckten Nachrichten habe man unter anderem herausgefunden, dass der 35-jährige Angeklagte, „das Geld eingesammelt“ habe: „Und die anderen haben bezahlt.“ Es habe sich dabei eindeutig um Rauschgiftgeschäfte gehandelt.

Die elfköpfige Drogenhändlerbande soll im Raum Kaiserslautern, in Zweibrücken und im Saarpfalz-Kreis mit dem Verkauf von Betäubungsmitteln – vorwiegend Amphetamine, Kokain und Marihuana – Millionen-Umsätze gemacht haben. Gegen die mutmaßlichen Bandenmitglieder verhandelt die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken seit Mitte April in drei parallel laufenden Prozessen (wir berichteten). Staatsanwältin Karin Ephan hatte den Angeklagten zu Beginn bandenmäßigen Drogenhandel vorgeworfen.

Bislang haben alle Verteidiger der neun Angeklagten der Verwertung der Encrochat-Daten widersprochen, so auch bei den Verhandlungen in dieser Woche. Die Anwälte monierten, dass unterschiedslos alle Krypto-Handy-Nutzer ausgespäht worden seien – ohne zwischen Gut und Böse, zwischen unbescholten und kriminell zu unterscheiden. Zudem kritisierten die Verteidiger den Einsatz des Trojaners (ein Computerprogramm, das im Hintergrund und ohne Wissen des Anwenders eine Daten ausspähende Funktion erfüllt – Anm. d. Red.), der von den Franzosen zum Infiltrieren des Encrochat-Netzwerks eingesetzt worden war. Was nach deutschem Recht ein Unding sei. Die Anwälte forderten deshalb ein Verwertungsverbot für alle Beweise, die durch die von den Franzosen verwendeten Spionagesoftware erlangt wurden.

Die Verhandlungen werden in der kommenden Woche fortgesetzt.

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