DRK-Chef Hans Prager „Zweibrücken ist für einen Blackout gerüstet“

Zweibrücken · Die Kriegsflüchtlinge  aus der Ukraine, die Gefahr eines Blackouts – das DRK hatte 2022 viel zu bewältigen. Zudem betreiben die Helfer etliche Einrichtungen, etwa einen neuen Quartierstreff, Reparatur-Café und Sozialkaufhaus oder den Freizeitbereich an der Schließ - wo Vandalen gerade erneut Schaden anrichteten. Der Merkur sprach darüber mit DRK-Chef Hans Prager.

Nicht nur in Zweibrücken fürchten sich viele Bürger vor einem Blackout. Das DRK beruhigt: Man habe sich gemeinsam mit der Stadt gewappnet. Im Ernstfall werde es nicht zu hart für die Bürger kommen, dafür sorgten alleine schon sogenannte „Leuchttürme“ in der Stadt und allen Vororten.

Nicht nur in Zweibrücken fürchten sich viele Bürger vor einem Blackout. Das DRK beruhigt: Man habe sich gemeinsam mit der Stadt gewappnet. Im Ernstfall werde es nicht zu hart für die Bürger kommen, dafür sorgten alleine schon sogenannte „Leuchttürme“ in der Stadt und allen Vororten.

Foto: dpa/Bernd Settnik

Ein arbeitsreiches Jahr 2022 liegt hinter den 156 hauptamtlichen Mitarbeitern und den 364 ehrenamtlichen Kräften des Deutschen Roten Kreuzes in Zweibrücken und der Region. Enorme Herausforderungen galt es zu bewältigen, etwa die Ankunft zahlreicher Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine oder die Gefahr eines Blackouts. Das DRK hat diese Aufgaben gemeistert, erklärt Hans Prager, Leiter des DRK-Kreisverbandes für Zweibrücken und die Südwestpfalz, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Was war eigentlich die größte Herausforderung 2022 für die Rotkreuzler? Prager muss nicht lange überlegen. „Die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine“, nennt er diese Aufgabe, die die Kräfte im DRK-Kreisverband stark gefordert habe. „Am 11. März trafen die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine in Zweibrücken ein“, erinnert er sich. „Es waren rund 40.“ Im Vorfeld hätten 23 Ehrenamtler des DRK, unterstützt von einigen hauptamtlichen Kräften, „in mehreren hundert Stunden Arbeit in der Ontariostraße Betten zusammengebaut“, blickt Prager zurück. „Es musste schnell gehen, wir haben viel improvisiert, wir bekamen Matratzen von der Stadt und dem Sozialamt zur Verfügung gestellt, alle zogen an einem Strang.“ Die Rosenstadt habe die Aufnahme gut bewältigt. Und mehr als das „Muss“ gegeben. Prager: „Nach dem Königsteiner Schlüssel hätte Zweibrücken 200 Flüchtlinge aufnehmen müssen – diese Zahl haben wir mehr als doppelt so hoch erfüllt.“ Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine sich aktuell in Zweibrücken aufhalten, kann Prager nicht genau sagen. Er wisse von vereinzelten Fällen, in denen Flüchtlinge mittlerweile in die alte Heimat zurückgekehrt seien. Ein größerer Teil sei inzwischen aus dem Wohnkomplex in der Ontariostraße in der Canada-Siedlung ausgezogen, weil die Betroffenen Arbeit gefunden hätten und in eine reguläre Wohnung gezogen seien, andere wiederum seien nicht offiziell bei der Ankunft registriert worden, weil sie bei Verwandten oder Bekannten unterkamen. „Wir haben in der Canada-Siedlung inzwischen einen Wohnblock geschlossen, weil doch viele Betroffene – mit Hilfe der Gewobau – nun an anderen Stellen wohnen“, sagt Prager. Stolz ist Prager darauf, dass das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) den Wohnkomplex in der Ontariostraße aufgrund der dortigen Standards am 1. Juni zur offiziellen Flüchtlingsunterkunft deklarierte.

Der DRK-Chef lobt die hohe Spendenbereitschaft der Bürger. „Das war wirklich außergewöhnlich“, ist Prager beeindruckt. „Wir bekamen viele Sachspenden, etwa Bettwäsche oder Kinderspielzeug. Auch Geldspenden beispielsweise für Kinderbetreuung gab es. Viele der ankommenden Kinder waren traumatisiert. Wir konnten in der Ontariostraße eine Wohnung für ihre Betreuung hell und freundlich einrichten.“ Wichtig ist Prager: „Jeden Cent, der uns gespendet wurde, kann ich in der Verwendung nachweisen. Wenn morgen jemand zu mir kommt und fragt, was mit seinem Geld geschehen ist, kann ich ihm das präzise nachweisen.“

Betreuungsarbeit leistet das DRK bei Weitem nicht nur für die Flüchtlinge. Senioren sowie Familien mit Kindern sind ebenfalls im Fokus der Helfer. 2022 gab es hier einen Meilenstein: Der neue Quartierstreff in den Breitwiesen wurde im Herbst fertig. Er ist seit 7. November in Betrieb. Offiziell eingeweiht wird die Einrichtung im Frühjahr 2023 durch Ministerpräsidentin Malu Dreyer, sagt Prager. Der genaue Termin stehe noch nicht fest. „In dem Quartierstreff in der Allensteinstraße betreuen wir derzeit vor allem Senioren. Diese bilden in den Breitwiesen auch die Mehrzahl unter den Anwohnern. Ein Ziel ist es, die älteren Menschen zusammenzubringen, zu verhindern, dass sie vereinsamen, zu schauen, wo es den Senioren fehlt, wo wir helfen können.“ Prager freut sich: „Die Senioren nehmen das Angebot dankbar an.“ Der Schwerpunkt der Betreuungsarbeit solle in den kommenden Monaten und Jahren ausgeweitet werden. „Wir wollen dort auch Familien mit Kindern betreuen. Es soll Spiele-Nachmittage geben, Nachhilfe-Unterricht.“ Es sollen auch Leihomas und Leihopas angeboten werden. Also Ehrenamtler im reifen Alter, die stundenweise Kinderbetreuung übernehmen. Den bisherigen Quartierstreff wenige Meter weiter in der Tilsitstraße gebe das DRK übrigens nicht auf. „Es handelt sich dort um eine Wohnung, die Gewobau stellt sie uns dankbarerweise auch weiterhin zur Verfügung.“ In der Tilsitstraße will das DRK künftig stundenweise Kinderbetreuung anbieten, beispielsweise, wenn pflegende Angehörige zu Friseur oder Behörden wollen.

Soziale Einrichtungen betreibt das DRK in Zweibrücken in einer Vielzahl. Neben dem Quartierstreff sind es auch ein neues Reparatur-Café im Bahnhof sowie das Sozialkaufhaus, das im Zuge dessen dorthin umzog. Ferner betreibt das DRK im Bahnhof einen Imbiss, einen Kiosk für Reisebedarfsartikel, eine Zweigstelle der Post sowie eine Mobilitätszentrale. Prager ist mit der Nachfrage sehr zufrieden. Lediglich die Mobilitätszentrale weise einen beschaulichen Betrieb auf. „Das liegt in der Natur der Sache – von Zweibrücken aus kann man mit dem Zug aktuell ja nicht so viele Ziele ansteuern. Das wird sich erst ändern, wenn die S-Bahn-Strecke reaktiviert ist.“ Positiv sei die wachsende Frequenz in der Poststelle, die Bürger würden zunehmend die Dienstleistungen dort nutzen, um die beengten Verhältnisse an der Hauptpost in der Rosengartenstraße zu vermeiden.

Freizeitbereich an der Schließ: Hier betreibt das DRK die Minigolf-Anlage und, ganz neu in 2022, einen Tretboot-Verleih. Wie berichtet, musste das DRK mehrfach Fälle von Vandalismus hinnehmen. In einem Fall mit einem Schaden von mehreren tausend Euro konnten die Täter ermittelt werden. Doch ist diese Genugtuung mit Wermutstropfen verbunden. Die Täter wurden mittlerweile verurteilt. Aber das DRK hat bislang vergeblich versucht, Schadenersatz geltend zu machen. „Die Vandalen haben unter anderem Lampen rausgerissen und ein Tretboot die Fischtreppe heruntergestoßen. Aber von den Tätern ist wohl nichts zu holen. ,Kein Geld da‘, heißt es – wir haben bereits Mahnungen verschickt, vermutlich aber vergeblich“, ärgert sich der DRK-Chef. Prager ist froh, dass im Auftrag der Zadra-Gruppe seit Spätsommer ein Security-Dienst mehrmals in der Nacht den Bereich rund um Rosengarten-Hotel und Schließ inspiziert (wir berichteten). „Das hilft“, ist Prager dankbar. Dennoch: Ein Vandale konnte rund um die Weihnachtsfeiertage zuschlagen. „Ein Chaot drehte an der Minigolf-Anlage einen Wasserhahn auf, der für die Bewässerung des Grundstücks angebracht ist. Es liefen tausende Liter Wasser aus. Die Wiese stand unter Wasser. Schließlich bemerkte der Chef des Rosengarten-Hotels den Vorfall und informierte uns“, nennt Prager diesen ganz frischen Vorfall.

Heim-Schließung in Mörsbach: Aufgrund von Fachkräftemangel musste das DRK seine Senioren-Betreuungseinrichtung in Mörsbach schließen. Am 31. August zog die letzte verbliebene Bewohnerin aus. „Grund für die Schließung war einzig und allein der Fachkräftemangel“, sagt Prager. Man komme kaum noch an geeignetes Personal. Der Rotkreuzler ist verärgert, dass ungeachtet des Fachkräftemangels der Gesetzgeber immer weitere bürokratische Ansprüche stelle; das Personal sitze vielfach vor irgendwelchen Formularen, statt Dienst an den Senioren zu tun. Das System wanke gefährlich. „Es heißt ja oft, die Pflege stehe vor dem Kollaps. Ich fürchte, es ist stellenweise schon kollabiert.“ Glücklicherweise pflegten das Awo-Heim am Rosengarten, das Wichernhaus, das Haus Kana und in Contwig das Haus Sarepta einen sehr kollegialen Umgang miteinander und hälfen sich gegenseitig, wenn für einen Senioren ein Platz gesucht werde.

Gefahr von Blackouts: Nicht nur in Zweibrücken fürchten Bürger die Gefahr von Stromausfällen. Das DRK gibt hier eine gewisse Entwarnung. „Ein Blackout würde natürlich Probleme nach sich ziehen, keine Frage. Aber: Die Stadt Zweibrücken ist für einen möglichen Blackout gerüstet. Am 26. August hatten wir gemeinsam mit Stadt und Feuerwehr eine erste Sitzung, es ging dabei um die Gasmangellage. Seitdem gab es fast wöchentlich Sitzungen, zur Gasmangellage und zur Gefahr von Blackouts. Die Stadttöchter waren mit den jeweiligen Fachleuten eingebunden, wir vom DRK waren bei den meisten Gesprächen dabei. Das geschah im stillen Kämmerlein, um die Menschen nicht zu verschrecken.“ Was Prager aufstößt: Die Politik habe den Katastrophenschutz vernachlässigt. „Der böse Feind aus dem Kalten Krieg war ja weg, da dachten die Politiker, sie können alles herunterfahren. Es gibt keine Feldbetten mehr, keine Generatoren, es muss alles neu angeschafft werden.“ Auch die Sirenen in der Stadt waren in desolatem Zustand, nun sollen neue Sirenen, wie berichtet, kommen. Aber die Stadt habe die Hausaufgaben gemacht: „Wasserversorgung, Abwasserversorgung – für den Fall der Fälle ist das alles professionell vorbereitet. Und dann gibt es ja noch die ,Leuchttürme‘ im Katastrophenfall. An der Entwicklung der Leuchttürme hat das DRK mitgewirkt. Das ist eine gute Sache; in der Stadt und in jedem Vorort gibt es im Ernstfall Anlaufstellen für die Bürger.“

Stadtfest wird friedlicher: Das DRK hat in den Jahren vor Corona, also vor 2020, auf dem Stadtfest zunehmend mit Aggressoren zu tun gehabt, klagt Prager. „Das ist so weit gegangen, dass wir zuletzt gesagt haben, dass wir nur noch mit Verstärkung über das Stadtfest gehen können, es hatte immer wieder Anfeindungen gegeben, unsere Helfer waren angegangen worden.“ Umso schöner für die Rotkreuzler dann das diesjährige Stadtfest nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause. „Das Stadtfest 2022 war zwar arbeitsreich, aber dennoch erfreulich friedlich. Und: Unsere Helfer berichteten, dass immer wieder Bürger auf sie zukamen mit einer Geste des Dankes.“

Eröffnung Mobilitätszentrale am Bahnhof ZW

Eröffnung Mobilitätszentrale am Bahnhof ZW

Foto: Mathias Schneck
 Links: Das neue Quartierstreff in den Breitwiesen dient derzeit vornehmlich Senioren, soll aber künftig auch rege von Familien genutzt werden. Rechts: Die vom DRK betriebene Post am Bahnhof verzeichnet stetig wachsende Kundenzahlen.

Links: Das neue Quartierstreff in den Breitwiesen dient derzeit vornehmlich Senioren, soll aber künftig auch rege von Familien genutzt werden. Rechts: Die vom DRK betriebene Post am Bahnhof verzeichnet stetig wachsende Kundenzahlen.

Foto: Mathias Schneck
Leiter des DRK Südwestpfalz und zuständig für 156 Hauptamtler plus Ehrenamtler: Hans Prager.  Foto: pma/nlg

Leiter des DRK Südwestpfalz und zuständig für 156 Hauptamtler plus Ehrenamtler: Hans Prager. Foto: pma/nlg

Foto: Nadine Lang

Gemeindeschwester plus: Wie berichtet, werden in Kürze von der Stadt 1,5 Vollzeitkräfte als Gemeindeschwester plus eingesetzt, um Senioren zu helfen. Das DRK hat seit 1. November eine eigene 0,5-Stelle geschaffen. Es handele sich um eine Kraft, die die anderen 50 Prozent im Pflegedienst arbeite. Prager sagt, das Konzept der Gemeindeschwester plus (Senioren soll geholfen werden, länger in den eigenen vier Wänden zu bleiben) sei sehr wichtig.

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