Große Beiträge Zweibrückens für deutsche Demokratie und Freiheit besser würdigen Ideen für „dynamische“ Demokratie-Denkmale

Zweibrücken · Ein neues Denkmal zu bauen, ist mangels Geld vorerst ad acta gelegt. Doch der Kulturausschuss empfiehlt vier andere Vorschläge, wie man den he­rausragenden Beitrag Zweibrückens zur deutschen Freiheits- und Demokratie-Geschichte stärker ins Bewusstsein bringen könnte.

 Wird das Bismarck-Denkmal mit einem Demokratie-Denkmal kontrastiert? Wenn überhaupt, dann zumindest sobald wohl nur virtuell. Auf dem Smartphone ist der Vorschlag von Gerhard Kaiser für ein materielles Denkmal zu sehen. Doch der Künstler wurde nie in den Denkmal-Arbeitskreis eingeladen.

Wird das Bismarck-Denkmal mit einem Demokratie-Denkmal kontrastiert? Wenn überhaupt, dann zumindest sobald wohl nur virtuell. Auf dem Smartphone ist der Vorschlag von Gerhard Kaiser für ein materielles Denkmal zu sehen. Doch der Künstler wurde nie in den Denkmal-Arbeitskreis eingeladen.

Foto: Lutz Fröhlich

Dem Reichsgründer und Kriegsherrn Bismarck bleibt vorerst das einzige politische Denkmal am Zweibrücker Herzogplatz gewidmet. Die Mitte 2020 durch einen Entwurf des Künstlers Gerhard Kaiser angestoßene Diskussion um ein Denkmal für die Zweibrücker Kämpfer für Freiheit und Demokratie (Mitte des 18. Jahrhunderts) führte zwar zu einem städtischen „Arbeitskreis Demokratiedenkmal“. Der hat einen „offenen Gestaltungswettbewerb“ für ein solches Denkmal nun zwar auch begrüßt. Aber empfohlen, dies angesichts der städtischen Finanznot nicht weiterzuverfolgen, solange eine Finanzierung nicht durch private Spenden gesichert ist.

Doch der Arbeitskreis hat vier Alternativ-Vorschläge gemacht, die der Kulturausschuss am Donnerstagabend 10:1 Stimmen dem Stadtrat empfohlen hat. Der Arbeitskreis sei sich „einig, dass ein dynamisches, einbindendes, in die Zukunft gerichtetes Denkmal eine stärkere Wirkung erzielt als ein statisches Denkmal“, so Christina Rauch (CDU) in der Sitzungsvorlage. Die Kulturdezernentin erläuterte, vor dem Hintergrund „demokratiefeindlicher Strömungen“ in den vergangenen Jahren und jetzt auch dem Krieg gegen die Ukraine sei wichtig, „noch eindringlicher“ als bisher gerade bei Kindern und Jugendlichen für die Demokratie zu werben.

Konkret geht es um folgende Ideen, wie man ohne hohe Kosten den herausragenden Beitrag Zweibrückens zur Freiheits- und Demokratiegeschichte Deutschlands stärker ins Bewusstsein bringen könne:

„Demokratie-Rundweg“: „Vorhandene Stationen“ sollen besser beworben und ausgebaut werden, ergänzt durch einen „digitalen“ Rundweg (zum Beispiel mit QR-Codes, die weitere auch multimediale Informationen liefern, wenn man das Smartphone darauf richtet).

„Digitales Denkmal“: Demokratie-Projekte, -Inhalte und -Objekte mit Bezug zu Zweibrücken sollen auf digitalem Weg oder auch als Lichtprojektion dargestellt werden. Vorstellbar sei auch, Gerhard Kaisers „bereits vorliegenden Modellentwurf zu digitalisieren, ihn so als digitales Demokratieobjekt zum Leben zu erwecken und in die Präsentation der Zweibrücker Demokratiegeschichte mit aufzunehmen“.

„Soziales Denkmal“: Dabei geht es vor allem um Mitmach-Möglichkeiten. Etwa durch regelmäßige „Kunst-Happenings“ oder Veranstaltungen wie „Demokratie-Tag“. Und eine Plakatwand am ehemaligen Gasthaus Ladenberger in Bubenhausen, wo das Hambacher Fest vorbereitet wurde – oder die anlassbezogene „Inszenierung flexibler ,Demokratieobjekte‘ auf Wänden oder Metallkörben.

„Demokratieprojekt von Kindern und Jugendlichen“: Die Stadt soll regelmäßig Projekte ausschreiben und Preisträger küren.

Gerhard Maurer (SPD) sagte: „Demokratie muss permanent wachgehalten werden, man muss Leute mit etwas begeistern, deshalb meine Idee im Arbeitskreis für den Rundweg.“ QR-Codes seien wichtig: So beobachte er oft, dass Jugendliche zum Beispiel ratlos an der „Hambacher Vorbotin“ vorm Schloss vorbeigehen, weil ohne erläuternde Hintergründe die Skulptur wenig verständlich sei. „Toll“ findet Maurer die Ideen für Mitmachaktionen: „Wenn sich aus einer Gruppe heraus etwas entwickelt, identifizieren sich die Jugendlichen damit viel mehr, als wenn sie was vorgesetzt bekommen.“

Ingrid Kaiser (FDP) sagte, die vier Arbeitskreis-Vorschläge gingen in eine andere Richtung als das Denkmal. Dieses solle nämlich „nicht Kinder erziehen“, sondern symbolträchtig zeigen, „welchen historischen Beitrag Leute aus Zweibrücken für die deutsche Demokratie geleistet haben“. Gerhard Kaiser ergänzte am Freitag auf Merkur-Anfrage, sein Entwurf verknüpfe auch die deutsche und die französische Freiheits- und Demokratie-Bewegung – und damit den auch aktuell so wichtigen europäischen Gedanken, den schon Siebenpfeiffer 1832 in seiner Rede beim Hambacher Fest betont hatte.

Rauch würdigte Gerhard Kaisers Denkmal-Entwurf als „Anstoß für den Arbeitskreis“ und betonte, die Arbeitskreis- und Kulturausschuss-Empfehlung bedeute keine grundsätzliche Absage an ein materielles Denkmal, sondern nur ein Zurückstellen wegen des Finanzierungsproblems. Ingrid Kaiser kritisierte, dass ihr Mann Gerhard in keine der beiden Arbeitskreis-Sitzungen eingeladen war. Rauch sagte dies für eine der nächsten Sitzungen zu.

Pascal Dahler (CDU) erklärte: „Ich hätte mir ein statisches Denkmal sehr gut vorstellen können. Aber solange kein Großspender in Aussicht ist, finde ich das vom Arbeitskreis sehr gut gehändelt, zunächst die vier anderen Ideen zu realisieren.“

Sarina Wolf (SPD) sagte, auch ein materielles Denkmal fände sie „sehr spannend“. Mehr bewirken könnten aber die anderen Vorschläge: „Die Historie ist sehr wichtig – aber nicht nur in der Geschichte, sondern auch für die Gegenwart. Da sollten wir die Jugendlichen mehr ins Boot holen.“ Anders als Ingrid Kaiser habe sie „als Pädagogin nicht den Eindruck, dass da schon genug getan wird in Zweibrücken“. Wolf: „Es nutzt nichts, eine Historie zu haben, die aber keinen interessiert.“ Tolle Mitmach-Aktionen könnten das ändern, „da gibt es so viele Möglichkeiten“.

Stadtmuseumsleiterin Charlotte Glück teilte den Eindruck von Wolf und Ingrid Kaiser, dass das Interesse an der Zweibrücker Geschichte seit einigen Jahren sinke. So hätten schon vor der Corona-Pandemie Lehrkräfte immer seltener Schulklassen-Besuche in der Ausstellung „Schauplatz Freiheit“ angefragt.

Patrick Lang (Grüne) sprach sich zwar dafür aus, auch das Thema materielles Denkmal (falls sich Spender finden) weiterzuverfolgen. Aber er argumentierte: „Ein dynamisches Denkmal ist der zielführendste Weg, um auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.“

Künstler Gerhard Kaiser sagte auf Merkur-Anfrage, er hoffe weiter auf eine Realisierung seines Denkmal-Entwurfs. Er sei zuversichtlich, die Materialkosten durch Spenden finanzieren zu können. Für seinen Entwurf wolle er kein Geld. Er sei offen für einen Gestaltungswettbewerb: „Ein Denkmal kann nur realisiert werden, wenn es demokratisch gewollt ist und von der Bürgerschaft akzeptiert.“ Er habe aber sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Wähle man beim Material nicht die „Luxus-Variante“ Granit, käme man wohl mit einer vierstelligen Summe hin. Kaiser freute sich über den Vorschlag, sein Modell digital verfügbar zu machen.

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