Statistik-“Spitze“ in Rheinland-Pfalz Zweibrücken bleibt Scheidungshochburg

Zweibrücken · Nirgendwo sonst im Land gab es seit 2015 so viele Scheidungen wie in der Rosenstadt. Gibt es dafür stichhaltige Gründe?

 Zweibrücken bleibt Spitze bei Ehescheidungen.

Zweibrücken bleibt Spitze bei Ehescheidungen.

Foto: dpa/Patrick Pleul

 Plötzlich passt es nicht mehr. Wenn der Streit um Kleinigkeiten den Ehe-Alltag dominiert oder die Angewohnheiten des anderen unerträglich werden, lassen sich Paare oft scheiden. Insgesamt 8008 Mal geschah das im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz. Doch geht die Liebe in Zweibrücken schneller als anderswo verloren? Den Eindruck könnte man bei einem Blick auf die Zahlen gewinnen, die das Statistische Landesamt in Bad Ems veröffentlichte.

Zweibrücken ist nämlich zum wiederholten Male landesweit Spitze, was die Ehescheidungen angeht. Nirgendwo sonst in Rheinland-Pfalz haben im Jahr 2019, in Relation zur Einwohnerzahl, soviele Paare ihre Ehe für beendet erklärt, wie in der Rosenstadt. Im Jahr 2019 haben sich 86 Eheleute scheiden lassen. Durchschnittlich jedes 83. Gelübde im Zeitraum von 2015-2019 hielt demnach in Zweibrücken nicht.

Erstaunlich ist, dass Zweibrücken in der Region eher eine Ausnahme darstellt. Im benachbarten Pirmasens beispielsweise beendete im selben Zeitraum nur jedes 111. Paar das Sakrament der Ehe – im Kreis Südwestpfalz sogar nur jedes 119. Paar. Der Landkreis Kusel verzeichnet sogar die wenigsten Scheidungen im Land.

Woran könnte das liegen? „Was genau die Gründe für die steigende Scheidungsrate sind, lässt sich unsererseits nur mutmaßen“, sagt eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Gibt es in Zweibrücken etwa zu wenige Beratungsstellen, welche den Scheidungswilligen Werkzeuge an die Hand geben können, um eine zerrüttete Beziehung vielleicht doch noch zu retten?

„Im Prinzip gibt es hier nur ganz wenige Beratungsstellen“, sagt Christine Ibisch von der Caritas. Dass ein Zusammenhang zwischen der Zahl von Beratungsstellen und der Zahl der Scheidungen bestehe, kann sich die ausgebildete Eheberaterin jedoch nicht vorstellen.

Die Caritas bietet im Rahmen ihres Lebensberatungsangebots auch Hilfestellungen in Ehefragen an. Damit ist die katholische Wohlfahrtsgesellschaft die einzige Organisation in Zweibrücken, die dies explizit ausweist. Die Eheberatung nehme aber nur einen kleinen Teil (rund neun Stunden in der Woche) des gesamten kostenlosen Beratungsangebotes ein. Es werde von Interessierten angenommen, aber auch nicht übermäßig nachgefragt, sagt Beraterin Ibisch.

„Bei uns gibt es keine Wartelisten von über sechs Monaten, wie zum Beispiel bei privaten Therapeuten.“ Im Gegensatz zu Angeboten von Wohlfahrtsorganisationen müssen Hilfesuchende bei privaten Paartherapeuten rund 80 Euro pro Sitzung bezahlen.

Wie im gesamten Landesgebiet entscheiden sich vor allem Ehepaare ohne Kinder für eine Scheidung. In Zweibrücken waren über die Hälfte der geschiedenen Eheleute 2019 kinderlos (55,2 Prozent). Insgesamt 64 Jungen und Mädchen in der Rosenstadt sind seit dem vergangenen Jahr Scheidungskinder. Der Trend ist jedoch ein anderer: „Die Familie spielt als Betreuungsort nur noch eine reduzierte Rolle“, sagt die Wormser Scheidungsanwältin Elke Becker. Kinder würden daher als Grund, zusammenzubleiben, oft wegfallen.

Laut der Scheidungsanwältin Becker ist es trotzdem am häufigsten so, dass Paare „sich wegen unerwartet unterschiedlich verlaufender Erwerbsbiografien“ trennen. Nicht selten würden Ehepaare erst dann feststellen, dass „ihre Interessen nicht miteinander harmonieren“, wenn das gemeinsame Projekt Kinder aus dem Haus ist.

Die Stadt Zweibrücken möchte das Augenmerk lieber auf eine Statistik entgegen dem Scheidungstrend legen. Seit Jahren sei Zweibrücken durch das historische Trauzimmer im Rathaus oder das Landschloss Fasanerie eine Hochburg für „Hochzeitstourismus“. Das Standesamt zählte im ersten Halbjahr 2020 ganze 111 Vermählungen. Das Corona-Virus hielt die Verliebten scheinbar nicht davon ab, in Zweibrücken in den Hafen der Ehe einzulaufen. Selbst in der Hochphase der Pandemie zwischen März und Juni heirateten die Menschen in Zweibrücken genau so häufig wie in den Jahren 2018 und 2019 (88 Trauungen).

Allerdings war der Prozess im Standesamt in diesem Jahr etwas anders. Wegen Corona durfte nur ein sehr kleiner Kreis mit in die Trauzimmer in Rathaus und Rosengarten. Eine klare Vorgabe vom Innenministerium für die Personenanzahl gab es für die Vermählungen nicht. Die Stadt Zweibrücken begrenzte die Zahl der anwesenden Personen wegen der Größe des Raumes auf zehn. Brautpaar, Trauzeugen und Dolmetscher waren davon ausgenommen.

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