Spundwand-Ärger: Fünf Gutachter involviert Räte entsetzt über „große Unwägbarkeiten“

Zweibrücken · Das Bauamt machte dem Hauptausschuss deutlich: Kein Mensch könne wissen, was bei der Sanierung der Spundwand noch alles ans Tageslicht kommen wird. Mehrere Räte zeigten sich bestürzt von der Aussage. Erneut gab es auch Kritik am Umgang mit den Räten.

 Donnerstagnachmittag: Feierabend auf der Baustelle. Die Arbeiter packen ihre Leitern ein. Zuvor sind sie diese immer wieder hoch und runter, haben geschweißt, geklopft, gehämmert.

Donnerstagnachmittag: Feierabend auf der Baustelle. Die Arbeiter packen ihre Leitern ein. Zuvor sind sie diese immer wieder hoch und runter, haben geschweißt, geklopft, gehämmert.

Foto: Mathias Schneck

Wehe dem, der im Trüben fischt. Der kann auf äußerst unangenehme Dinge stoßen. Diese Erfahrung machen die Arbeiter, die die Spundwand am Schwarzbach erneuern wollen, bereits seit Monaten. Im Mai 2021 begannen sie mit der Sanierung der einsturzgefährdeten Spundwand; auf einer Länge von 55 Metern muss diese unterhalb der Schillerstraße dringend stabilisiert werden – es droht eine Einsturzgefahr.

Viel Unangenehmes ist in dieser Zeit zutage getreten (wir berichteten mehrfach), die Sanierung ist, anders als ursprünglich gedacht, hochgradig komplex, zudem haben sich an einem Gebäude in der Schillerstraße Risse gebildet, der Vermieter bat die Stadt um eine Evakuierung.

Der schlimmen Nachrichten genug? Keineswegs. Falls die Stadträte gedacht haben sollten, dass die Hiobsbotschaften nun ein Ende haben und die Sanierung ihren Weg geht, dann haben sie sich geschnitten.

In der Sitzung des Hauptausschusses am Mittwochabend im Ratssaal sollte das Gremium über die Erhöhung der Kosten aufgrund der vom beauftragen Ingenieurbüro geleisteten zusätzlichen Stunden befinden – ein Mehr von rund 40 000 Euro. 

„Ist das jetzt das Ende der Fahnenstange?“, fragte Kurt Dettweiler in der Hauptausschuss-Sitzung. „Oder gibt es in drei Monaten die nächste Erhöhung?“ Die Antwort, die er von Bauamts-Mitarbeiter Rudolf Hartmann erhielt, ließ ihm und den anderen Räten den Schrecken in die Glieder fahren: „Die Unwägbarkeiten werden sich fortsetzen“, sagte Hartmann. „Der Untergrund ist wohl in Bewegung. Es ist schwer einschätzbar.“ Immerhin: Der Plan, dass bis Mai alles fertig sein soll, bestehe weiterhin.

Dennoch, machte Hartmann unmissverständlich deutlich: „Die Unwägbarkeiten sind groß, wir wissen nicht, was noch passiert. Aussagen zu Kosten sind unmöglich.“

Ingrid Kaiser (FDP) war wie perplex. „Das schlägt dem Fass den Boden aus! Jetzt auch noch Unwägbarkeiten. Das ist unseriös. Wir werden dem nicht zustimmen.“

Bauamts-Leiter Christian Michels konnte keine andere Antwort geben als: „Diese Unwägbarkeiten wegzuleugnen –  d a s  wäre unseriös. Niemand von uns kann in den Boden blicken.“

Stéphane Moulin (SPD) entgegnete, das sei schon richtig, dass niemand in den Untergrund schauen könne. Aber „der Umgang mit dem Rat“, störe ihn doch. Die Informationspolitik sei nicht in Ordnung (siehe  hierzu auch Text in der Inforaute). Moulin fragte bezüglich der von der Baufirma zusätzlich in Rechnung gestellten Kosten von rund 40 000 Euro nach, das Bauamt erklärte, es handele sich hierbei um einen „sehr fairen Stundensatz“.

Der Bauamtschef ging auch auf das Gebäude in der Schillerstraße 5 ein, das mehrere Risse sowohl außen wie auch innen aufweist. Wie berichtet, besteht Einsturzgefahr. Michels sagte, mittlerweile seien alle Bewohner evakuiert und in Hotels beziehungsweise Wohnungen der Gewobau untergebracht worden. Laut den Sitzungsunterlagen sind für Umzug und Unterkunft und teilweise Verpflegung Kosten von geschätzt 25 000 Euro einzuplanen.

Michels wies daraufhin, dass die Stadt und der Eigentümer des Gebäudes in der Schillerstraße unterschiedlicher Auffassung darüber sind, woher die Risse kommen. Die Stadt argumentiert, bei den Rammarbeiten seien die Vibrationen deutlich unter dem zulässigen Höchstwert geblieben, das Gebäude weise Vorschäden auf.

Fünf Gutachter sind laut Michels mittlerweile in den Fall eingebunden, alleine zwei vom Hausverwalter und einer von der Versicherung.

Franzen konstatierte: „Wir werden uns dann wohl vor Gericht treffen.“ Gauf meinte daraufhin: „Davon muss man ausgehen.“ Dettweiler und Kaiser stimmten gegen die Honorarerhöhung, der Rest dafür. Das abschließende Wort hat der Stadtrat in der nächsten Sitzung. 

Notiz am Rande: Bürgermeister Christian Gauf leitete die Sitzung, da   

Oberbürgermeister Marold Wosnitza krank ist. Gauf sagte, es handele sich nicht um Corona.

 Vorne links ist das Haus zu sehen, das Schaden genommen hat. Es wurde mittlerweile komplett evakuiert, die Betroffenen haben Unterschlupf in Hotels beziehungsweise Wohnungen der Gewobau gefunden. Das Foto rechts zeigt die Risse am Fuß des betroffenen Gebäudes.

Vorne links ist das Haus zu sehen, das Schaden genommen hat. Es wurde mittlerweile komplett evakuiert, die Betroffenen haben Unterschlupf in Hotels beziehungsweise Wohnungen der Gewobau gefunden. Das Foto rechts zeigt die Risse am Fuß des betroffenen Gebäudes.

Foto: Mathias Schneck
 Die einsturzgefährdete Spundwand in der Schillerstraße hat jetzt das Anwesen mit der Hausnummer 5 derart in Mitleidenschaft gezogen, dass der Hausverwalter die Stadt um Evakuierung der Wohnungen gebeten hat.

Die einsturzgefährdete Spundwand in der Schillerstraße hat jetzt das Anwesen mit der Hausnummer 5 derart in Mitleidenschaft gezogen, dass der Hausverwalter die Stadt um Evakuierung der Wohnungen gebeten hat.

Foto: Jan Althoff

Zur Kostenexplosion: In der Ratssitzung im November informierte Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD), dass die Baukosten für die Spundwand explodieren und die ursprünglich eingeplanten 712 000 Euro um mehr als eine Million Euro überschritten werden. Wosnitza hatte daraufhin massiv Kritik von den Räten einstecken müssen, weil er diese quasi überrumpelte und diesen Punkt kurzfristig in die Tagesordnung mit aufgenommen hatte – obwohl ihm da die Probleme schon mehrere Monate bekannt waren (wir berichteten).

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