Zwei Herzen schlagen in der Brust

Der Strand war noch nie so ausgestorben wie an diesem Dienstagnachmittag. Einige Strandstühle-Verleiher hatten trotzdem vorsorglich ein paar Liegen und Schirme aufgestellt.

 Nichts los an der Copacabana: Wo sonst Sonnenanbeter in Scharen unterwegs sind, herrschte gestern gähnende Leere. Alle verdrückten sich vor die Glotze. Foto: Gab

Nichts los an der Copacabana: Wo sonst Sonnenanbeter in Scharen unterwegs sind, herrschte gestern gähnende Leere. Alle verdrückten sich vor die Glotze. Foto: Gab

Foto: Gab

Für die Fußballverweigerer oder für die angereisten Belgier, Kolumbianer und Franzosen, denen das Ausscheiden ihrer Mannschaft noch so tief in den Knochen lag, dass sie diese lieber der Abendsonne aussetzten, als sich das Spiel Deutschland gegen Brasilien anzuschauen. Viele waren es nicht.

Irgendwie hatte diese Situation etwas Surreales, Geisterhaftes an sich. Noch nie vorher konnte ich um diese Tageszeit das Meer so deutlich rauschen hören. Keine schreienden Strandverkäufer, keiner der mich zum wiederholten Male fragt, ob ich einen Sonnenschirm mieten will. Der Wind wirbelt mir den Sand um die nackten Füße, neben mir streiten sich ein paar Tauben um das letzte Stück einer weggeworfenen Eistüte.

Auch wenn ich diese Stille gerne noch länger genossen hätte: Viel Zeit zum Träumen bleibt mir nicht. Ich bin mit Mann und Kind zum Public Viewing unterwegs. Und die Stimmung dort dürfte von diesem kleinen Moment zwischen mir, dem Strand und dem Meer weit entfernt sein. Ich mag beide Stimmungen an diesem Tag. Die besinnliche auf dem Weg zum Fußball, wie die aufgekratzte während des Spiels. Das ist genauso wie meine Liebe zu Deutschland und Brasilien . Das eine geht nicht ohne das andere. Deutschland, das bedeutet für mich Sicherheit, Geborgenheit, Familie.

Brasilien ist dagegen eher anregend, herausfordernd, unberechenbar. Am Liebsten hätte ich beides zur gleichen Zeit. Gestern war so ein Tag, an dem ich beides haben konnte. Von außen hat mich die Stimmung, der Rhythmus der überwiegend brasilianischen Fans erreicht, mich mitfiebern lassen, für meine neue Heimat. In mir drin hat sich Wehmut, Heimweh breit gemacht. Alle diese verschiedenen Emotionen haben sich schön angefühlt an diesem Tag.

Ab heute muss das eine wieder ohne das andere gehen. Schade irgendwie. Zum Glück bezieht sich das nur auf den Fußball. In meinem Leben spielen weiterhin beide Nationen eine Rolle.

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