Flaniermeile am Schwarzbach Widerstand gegen neuen Allee-Belag

Zweibrücken · Zweibrücken vernetzt warnt in einem offenen Brief an die Ratsfraktionen unter anderem vor Mikroplastik.

ZW vernetzt protestiert gegen neuen Belag für Allee am Schwarzbach
Foto: Lutz Fröhlich

Die Zeit drängt: Am Dienstag soll der Bauausschuss über den neuen Belag für die Allee am Schwarzbach entscheiden (wir berichteten), am 22. dann der Stadtrat. Im Vorgriff auf diese Sitzungen hat das Bündnis ZW vernetzt jetzt einen offenen Brief an die Stadtratsfraktionen verschickt. Unterzeichnet ist er von über 130 Bürgern aus Zweibrücken und umliegenden Gemeinden bis hin nach Pirmasens und Saabrücken. Tenor: Der Steinteppich und auch die Rasengittersteine als Unterbau für die bisherige „rote Erde“ sollen nicht kommen, die Entscheidung in den Ratsgremien soll vertagt werden.

Anbieter des Steinteppichs ist die Firma „Bema Bauchemie“ aus Reifenberg und Pirmasens. Sie hatte im Mai ein Muster des geplanten Belages gegenüber der Heilig-Kreuz-Kirche gelegt, wo ihn sich Stadträte, Presse und Bürger ansehen konnten. In den sozialen Netzwerken war die Begeisterung unter den Zweibrückern eher verhalten (wir berichteten).

Das Steinteppich-Material besteht zu 95 Prozent aus Naturgranulat und zu fünf Prozent aus Polyurethan. Dieser Kunststoff umhülle die Granulatsteinchen, hatte es bei der Präsentation im Mai gehießen. Der Belag biete alle Vorteile einer gebundenen Oberfläche wie zum Beispiel Asphalt, sei aber dank Hohlräumen komplett wasserdurchlässig. Die Firma geht von einer 25-jährigen Lebensdauer des Materials aus, trotz des Vogelkots in der Allee. der UBZ lobte die einfachere und günstigere Reinigung mit Maschinen. Außerdem, Unterscheidungsmerkmal zur bisherigen „roten Erde“, seien nach Regengüssen keine Pfützen zu befürchten.

 Probleme haben die Briefeschreiber von ZW vernetzt zunächst mit dem Kunststoff-Anteil des Steinteppich-Materials. „Es ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß, Kunststoff in der Natur auszubringen, da Mikroplastik eine akute Bedrohung für Natur und Umwelt darstellt“, heißt es in dem Schreiben. „Der geplante Belag enthält fünf Prozent Polyurethan. Bei einem Weg von 1 km Länge und 3,5 Meter Breite sowie einer Schichtdicke von 4 cm ergibt sich ein Volumen von 7 m3 Kunststoff, das sind ca. 39 Badewannenfüllungen!“

Vor diesem Hintergrund könne man nicht nachvollziehen, „wieso dieses Material als „umweltfreundliche Alternative“ bezeichnet wird“. Auch Gittersteine aus Plastik, die als Alternative diskutiert würden, seien nicht nachhaltig. „Wir sind besorgt, dass sich Mikroplastik aus dem Belag löst und in Grundwasser, Boden und Schwarzbach anreichert.“ Nach Recherchen von ZW vernetzt gibt es außer einem erst vor dreieinhalb Jahren in Erftstadt (NRW) gebauten Radweg bislang deutschlandweit keine größeren Flächen im Freien, die mit einem ähnlichen Material belegt sind. Folglich gebe es auch keine Langzeiterfahrungen, was die beworbene Lebensdauer des Belages zweifelhaft mache.

Weitere Befürchtung von ZW vernetzt: Im Zuge der Bauarbeiten könnte das Wurzelwerk der Platanen beschädigt werden, da ein Unterbau mit Schotter angelegt und schwere Maschinen eingesetzt werden müsse. „Wurde ein Gutachten erstellt, das eine Auswirkung der Arbeiten und des Belags auf die Bäume ausschließt? Gibt es eine Garantie, dass die Bäume nicht geschädigt werden?“, fragen die Autoren des offenen Briefes.

Dritter kritischer Punkt aus Sicht von ZW vernetzt ist der Denkmalschutz.  Die Allee sei immerhin „das letzte Überbleibsel der Herzoglichen Hofgärten“ und stehe als historische Anlage unter besonderem Schutz. In diesem Punkt bekommen sie Schützenhilfe vom Zweibrücker Umwelt- und Denkmalschützer Gerhard Herz, der einen eigenen offennen Brief geschrieben hat. Adressaten: Stadtvorstand, Ratsfraktionen, Denkmal- und Naturschutzbehörde sowie das Bauamt. Die „Doppelallee am Schwarzbach“ sei „eine der Hauptattraktionen der Stadt Zweibrücken“. Sie sei Kern der Grünachse und damit das wichtigste Erholungsgebiet im Stadtzentrum. Die Verdeckung der „Natürlichkeit“ durch einen Kunststoffbelag werde „dem Natur- und Erholungswert unserer Platanenallee nicht gerecht“. Dadurch werde das historische Kulturdenkmal nachhaltig geschädigt. Ähnlich ist es im offenen Brief von ZW vernetzt formuliert.

Abschließend stellen die Unterzeichner die Frage in den Raum, ob „eine komplette-Belag-Sanierung in der Allee“ wirklich dem Bürgerwillen entspreche. „Gab es hierzu eine Umfrage, bzw. auf welche Daten stützt sich diese Annahme?“

Nötig sei vor einer Entscheidung, heißt es abschließend, die Frage, welchen Belag die Allee benötigt, „noch einmal neu und breiter“ zu  diskutieren. Dabei sollten Experten für Natur- und Denkmalschutz sowie die Bürger* einbezogen werden.

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