Zuhören und helfen

Zweibrücken · Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter – und die Auswirkungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Verein Frauennotruf Zweibrücken ist deshalb für viele Frauen der Region eine wichtige Anlaufstation.

 Birgit Kerner ist seit 17 Jahren hauptamtliche Frontfrau im Frauennotruf Zweibrücken, der seit 20 Jahren besteht. Foto: cvw

Birgit Kerner ist seit 17 Jahren hauptamtliche Frontfrau im Frauennotruf Zweibrücken, der seit 20 Jahren besteht. Foto: cvw

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"... weil nicht sein kann, was nicht sein darf"! Selbst nach 20 Jahren Frauennotruf Zweibrücken ist sexualisierte Gewalt vor allem im häuslichen Alltag nach wie vor weitgehend tabuisiert. Dabei ist Gewalt alltäglich, erlebt laut Statistik jede siebte Frau in Deutschland im Laufe ihres Lebens mindestens einmal sexuelle Übergriffe in irgendeiner Form. Meist geschieht dies in ihrem privaten Umfeld, der Partnerschaft, am Arbeitsplatz, in der Familie. Für Birgit Kerner, Leiterin der Fachberatungs- und Präventionsstelle zum Thema sexualisierte Gewalt, gliedert sich die Arbeit des Vereins von daher in drei Bereiche. Sie betont: "Wir beraten bei Weitem nicht nur Frauen und Mädchen, die bereits Gewalt erlebt haben. Zu unseren Aufgaben gehören gleichberechtigt Prävention und Aufklärungsarbeit, Vernetzung mit Behörden, Institutionen und anderen Vereinen sowie eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit."

28 Wochenstunden als einzige hauptamtliche Mitarbeiterin liegen an der praktischen Untergrenze, eine wünschenswerte zweite Stelle sei aktuell jedoch nicht zu finanzieren.

Die ehrenamtlichen Helferinnen seien alle berufstätig und könnten zwar von Kerner erarbeitete Projekte betreuen, jedoch keine kontinuierliche Mitarbeit leisten. Mehr als 90 Prozent der Kosten für die Fachberatungsstelle trägt das Land, der Verein selbst muss einen ebenso hohen Anteil erarbeiten, wie die Stadt Zweibrücken und der Landkreis beisteuern.

Als eine von nur zwölf Frauennotruf-Stellen in ganz Rheinland-Pfalz betreut das Team von hier aus die Städte Zweibrücken , Pirmasens und Kaiserslautern mit den zugehörigen Landkreisen sowie den Saar-Pfalz-Kreis inklusive der Stadt Homburg. "Die nächsten Einrichtungen sind in Landau und Idar-Oberstein", verdeutlicht die 49-jährige Hauensteinerin das große Einzugsgebiet.

2013 suchten 65 Personen persönlich sowie telefonisch Rat und Hilfe beim Frauennotruf Zweibrücken , davon 44 betroffene Frauen und Mädchen sowie 21 Bezugspersonen. "Dass diese letzte Zahl langsam steigt, sind erste Früchte unserer intensiven Aufklärungsarbeit, die wir mit dem Bundesverband Frauen gegen Gewalt, bff, durchführen" freut sich die Diplom-Pädagogin.

Sexualisierte Gewalt betreffe immer auch Angehörige, Nachbarn, Freunde, das gesamt soziale Umfeld. Schulung etwa in Krankenhäusern oder Schulen auf freiwilliger Basis sollten diesen Menschen dabei helfen, mit der Situation besser umzugehen und die Betroffenen zu stabilisieren und zu stärken. "Sie womöglich mit der Aufforderung, Anzeige zu erstatten, unter Druck zu setzen, ist gut gemeint, aber falsch", betont Kerner. Aktives Zuhören sei ein probates Mittel.

Im Laufe von Kerners 17-jähriger Tätigkeit in Zweibrücken habe sich die Vielfältigkeit der sexualisierten Gewalt gegen Frauen enorm gewandelt. Insbesondere das Internet mit sozialen Netzwerken und Apps sei eine neue und ständig wachsende Herausforderung. Ein Drittel etwa fällt heute unter das Thema "Stalking ", wenn zumeist Expartner oder unerhörte Werber die Frauen verfolgten und sie bedrängten.

"Das kann ein täglicher Blumenstrauß vor der Tür sein", verdeutlicht die Fachfrau. Was Kerner erschreckt, ist die Zunahme von Tötungsdelikten in diesem Zusammenhang. Allein in diesem Jahr ereigneten sich drei Todesfälle, unter anderem in Nünschweiler.

Um das weibliche Geschlecht zu stärken, sind in nächster Zeit diverse Veranstaltungen geplant.

www.frauennotruf-zw.de

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