Zoll prüft Einhaltung des Mindestlohns

Zweibrücken · Steht der Mindestlohn nur auf dem Gesetzes-Papier – oder zahlen ihn Arbeitgeber ihren Beschäftigten auch tatsächlich? Das prüft der Zoll – auch ohne konkreten Verdacht. So wurden jetzt in Zweibrücken viele Taxis kontrolliert.

 Auch am Hauptbahnhof wurden Taxis kontrolliert. Foto: lf

Auch am Hauptbahnhof wurden Taxis kontrolliert. Foto: lf

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Der Zoll hat in einer bundesweiten Aktion vier Tage lang Taxifahrer kontrolliert. Auch in Zweibrücken . Ein Schwerpunkt: der gesetzliche Mindestlohn . Was auch der Grund dafür war, dass bei einer der Kontrollen etwas bei behördlichen Kontrollen eher Ungewohntes passierte: Ein Kontrollierter freute sich über die Kontrolle: "Wir haben nichts zu verbergen. Wir Taxler sind froh über den Mindestlohn . 8,50 Euro pro Stunde ist immer noch ein harter Lohn angesichts unserer langen Schichten. Unsere Angst ist nur, dass die Lobbyisten in Berlin wegen der vielen Asylanten auf unserem Rücken am Mindestlohn rütteln."

Vorher hatte der Taxler wie alle anderen Kontrollierten einen detaillierten Fragenkatalog zu beantworten. Fragen etwa, um zu klären, ob ein sich als "Selbstständiger" bezeichnender Taxifahrer (für den der Mindestlohn nicht gilt) in Wahrheit doch von einer Taxifirma abhängig ist. Oder Fragen beispielsweise nach Arbeitszeiten, Überstunden, Pausen oder Kilometerständen, um zu klären, ob der Mindestlohn nur auf dem Firmen-Papier steht oder auch in der Praxis gezahlt wird.

Auffällig bei der zweistündigen verdachtsunabhängigen Kontrolle in Zweibrücken : Etliche Taxifahrer berichteten, keinen schriftlichen Arbeitsvertrag zu haben und ihren monatlichen Lohn bar zu erhalten. Beides ist völlig legal, und laut Einsatzleiter Frank S. vom Hauptzollamt Saarbrücken in der Taxibranche auch teilweise noch üblich. Ein Einfallstor für Manipulationen sei das aber nur begrenzt "Wir prüfen, wie das in der Firma verbucht wird." Ähnliches gelte für die von Taxifahrern meist selbst dokumentierten täglichen Arbeitszeiten und Pausen. Manipulationsversuche hierbei seien "für Arbeitgeber eine der leichtesten Formen, den Mindestlohn zu umgehen - aber auch eine der leichteren Formen für uns, dies zu entdecken".

"Die Taxi-Branche ist Kontrollen durchaus gewohnt", berichtet Hauptzollamts-Sprecherin Diana Weis. "Denn sie ist, wie etwa auch Gaststätten, eine Branche mit hoher Personalfluktuation und damit für Schwarzarbeit empfänglicher als hoch technisierte Branchen. Diese prüfen wir zwar auch, aber weniger."

Während bei der zweistündigen Kontrolle selbst diesmal zumindest keine offensichtlichen Verstöße festgestellt wurden, ist die Arbeit für den Zoll noch lange nicht vorbei - denn viele der Angaben der Fahrer werden überprüft. Zum einen durch Vergleiche mit Firmenunterlagen, zum anderen durch Austausch mit Behörden - beispielsweise um zu klären, ob missbräuchlich (zu viel) Arbeitslosengeld 2 bezogen wird. Gerade beim Mindestlohn sei Betrug nicht immer offensichtlich: "Zu wissen, was läuft, und das zu beweisen - das sind zweierlei paar Schuhe." Oft habe man aber den längeren Atem als die Betrüger: "Wir haben auch Möglichkeiten, an die nicht jeder so denkt."

Der branchenübergreifende Mindestlohn von 8,50 Euro gilt seit 1. Januar. Im ersten Halbjahr hat das Hauptzollamt Saarbrücken 4813 Personen befragt und 616 Arbeitgeber geprüft. Bei den viertägigen Taxi-Kontrollen ergaben sich im gesamten Hauptzollamtsbezirk laut Weis folgende erste Verdachtsmomente: vier Mindestlohnverstöße, 15 Mal Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie fünf Mal Leistungsmissbrauch.

Anfang des Jahres habe das Hauptzollamt bei Mindestlohn-Verstößen auch noch mal ein Auge zugedrückt, "weil es noch viele Unklarheiten gab - wenn offensichtlich wirklich aus Unwissenheit gehandelt wurde, haben wir viel mit Aufklärung gearbeitet. Nur zu sagen ,der Aufwand für den Mindestlohn ist mir zu hoch' hat uns aber natürlich nicht gereicht." Die Mindestlohn-Kontrollen dienten nicht nur der formellen Durchsetzung des Gesetzes, sondern auch der Gerechtigkeit, erläutert Weis: "Kontrollen sind wichtig, um diejenigen herauszufinden, die machen und zahlen was sie wollen - und Leute rausschmeißen, wenn denen das nicht passt." Die Kontrollen dienten auch dem Zweck, der Vernichtung dauerhaft legaler Arbeitsplätze entgegenzuwirken. Auch am Hauptbahnhof wurden Taxis kontrolliert. Foto: lf

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Auf einen BlickDas Hauptzollamt Saarbrücken hat 449 Beschäftigte und ist für das Saarland sowie weite Teile der Pfalz (bis Kusel, Donnersberg, Speyer und Germersheim) zuständig. 2014 hat allein die Abteilung "Finanzkontrolle Schwarzarbeit " eine Schadenssumme von 9,8 Millionen Euro aufgedeckt. Bundesweit gibt es 43 Hauptzollämter. Mehr Infos: www.zoll.de.Bei Kontrollen tritt der Zoll mal in zivil, mal in Dienstfahrzeugen und -kleidung auf. Bei Kontrollen im Verkehr (etwa Taxis) "wollen wir natürlich auffallen, weil das sicherer ist", erläutert Hauptzollamts-Sprecherin Diana Weis. Im Einzelhandel etwa bemühe man sich dagegen meist um weniger Auffälligkeit, um Kunden nicht zu verschrecken - schließlich sei diesen nicht bewusst, dass der Zoll meist ohne einen konkreten Verdacht kontrolliere. Ab und an reagierten Kontrollierte auch mal aggressiv, so Weis. "Wir sind aber gut geschult und können das fast immer gut deeskalieren." red

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