Merkur-Leserbeirat Ziel: Mehr Leben in Innenstadt bringen
Zweibrücken · Gemeinsamhandel-Chef Andreas Michel diskutiert mit Merkur-Leserbeirat über Zweibrücken in der Zukunft.
„Ich habe die Vision, dass Junge und Ältere in Zweibrücken gut leben, dass es Geschäfte für die Versorgung der Menschen gibt, dass es Freizeiteinrichtungen wie das Hallenbad gibt, und dass das Vereinsleben funktioniert“, beantwortete Andreas Michel die Frage von Fritz Huppert, wie sich Gemeinsamhandel die Stadt im Jahr 2030 vorstellt. Der Vorsitzende der Händlervereinigung stellte sich bei einem Treffen den Fragen des Leserbeirats des Pfälzischen Merkur. Die waren teilweise auch recht kritisch. So fragte Annelie Krüger provokant, ob es die Händler „nicht mehr nötig“ hätten, ihre Läden zu öffnen. Die Rimschweilerin ärgerte sich vor allem, dass viele Läden am Samstagnachmittag geschlossen haben. „Sogar an den Samstagen im Advent. Warum ist es nicht möglich, dass samstags die Geschäfte einheitlich bis 16 Uhr geöffnet haben?“ „Die Ladenöffnungszeiten an den Samstagen sind ein heißes Thema und ein besonderes Anliegen von mir, seit ich vor zweieinhalb Jahren den Vorsitz übernommen habe“, pflichtete Michel Krüger bei.
Dass es funktionieren kann, zeige der Edeka-Markt Ernst im Hilgardcenter. „Da muss man was wagen und auch einen langen Atem haben.“ Denn auch Michel hört, dass eine längere Öffnungszeit den Geschäftsinhaber Geld koste. Die Frage sei: Müssen erst die Läden länger öffnen, damit Kunden kommen, oder müssen erst die Kunden kommen, damit sich die längere Öffnungszeit rentiert, meinte Huppert.
Ein zweites Ärgernis seien die vielen Leerstände, sagte Krüger. „Das gibt es auch anderswo. Aber nirgends so krass wie in Zweibrücken.“ Dazu sei Gemeinsamhandel seit Anfang des Jahres im Gespräch mit der Wirtschaftsförderung der Stadt, Immobilienhändlern und Hausbesitzern. „Das Thema haben wir auf dem Schirm. Daran arbeiten wir.“
„Wer hatte eigentlich die Idee, zu meinen, dass man Leute vom Outlet auf dem Flugplatz in die Innenstadt locken kann. Das funktioniert nicht. Da hilft auch kein Pferdekutschen-Shuttle“, fragte Rolf Klein. Es wäre schön, wenn die Stadt etwas „von dem Kuchen“ abbekäme, sagte Michel. Allerdings meinte der Vorsitzende der Zweibrücker Händler auch, dass man sich von der Vorstellung verabschieden sollte, dass die Leute in die Stadt herunterkommen. „Nach fünf Stunden sind die Leute platt und die Geldbeutel leer.“
Was helfen könnte seien „Nischenprodukte“, sagte Michel. Dabei zählte er ein Hutgeschäft oder ein Lederwaren-Fachgeschäft auf. „Das hat es vor nicht zu langer Zeit noch gegeben.“ Mit dem Juwelier Rohrbacher gebe es in der Fußgängerzone nur ein Geschäft, das überregionale Kunden anziehe, sagte Peter Schehl. Würden zwei, drei weitere Geschäfte mit „exklusiven und dann höherpreisigem Angebot“ die Attraktivität nicht erhöhen? Schehl forderte zudem „mehr Flexibilität“ bei den Geschäften. Sowohl bei den Öffnungszeiten als auch beim Angebot. „Kann man nicht im Sommer länger öffnen?“
Holger Frenzel wollte wissen, ob es eine Untersuchung gebe, wer warum und woher nach Zweibrücken komme. Für den Gersheimer ist Zweibrücken weiter die Einkaufstadt. Dabei zählte er auch einige Geschäfte auf, für die er hierher kommt. „Aber nicht am Saarländertag.“ Dazu gebe es keine spezielle Erhebung, sagte Michel. Bei einer Umfrage hätten Kunden geantwortet, dass sie nach Zweibrücken kommen, weil es schön und weil was los sei. Dabei erwähnte Michel, dass das Stadtmarketing zusammen mit Gemeinsamhandel 15, 16 Veranstaltungen organisiere. „Wenn was los ist, kommen die Leute auch.“ Wobei die verkaufsoffenen Sonntage mehr zum Bummeln und Schauen genutzt würden. „Die Geschäfte profitieren erst später davon, wenn die Leute wieder kommen, um einzukaufen.“
„Wir bräuchten eine Hausbrauerei“, schlug Schehl vor, um die Kneipenlandschaft zu verbessern. Dem stimmte Michel zu. „Das muss man ausbauen.“ Allerdings bräuchte es dazu eine geeignete Immobilie, einen Wirt und eine Brauerei. „Das ist kein einfaches Geschäft. Ich würde lieber Unterhosen verkaufen, statt als Wirt hinter der Theke zu stehen.“ Nach Meinung Hupperts sollten dazu die Wirte angesprochen werden.
Huppert sprach auch das Thema Einzelhandelskonzept an. „Das wird immer mal darüber geredet. Was gilt denn im Moment?“ Laut Michel ist das bestehende immer noch gültig. Seit dem Sommer sei es allerdings wieder auf der Agenda der Stadtpolitik. Dabei sei auch Gemeinsamhandel in die Diskussion eingebunden. „Da ist was in Arbeit.“ Dabei stellte Michel klar, dass in einem Einzelhandelskonzept weiter Regeln festgeschrieben werden müssten.
Zur IHK-Befragung über die Zufriedenheit der Gewerbetreibenden äußerte sich Michel auch beim Leserbeirat sehr skeptisch (wir berichteten). „Nur den Missstand beklagen bringt uns auch nicht weiter.“ „Meckern ist halt einfacher“, meinte auch Huppert, der nicht ins Horn einiger Kritiker blasen wollte. „Wir haben eine wunderschöne Stadt mit vielen Kleinoden, die wir nur mehr einbinden müssen“, schloss sich Schehl an.
„Ich fühle mich als Zugezogener sehr wohl“, sagte auch Rolf Klein. Wir haben Geschäfte, Bäcker, Metzger und Kneipen. Das sagt nur niemand.“