Streitfälle im Stadtrechtsausschuss Zankapfel Schülerbeförderung

Zweibrücken · Die Stadt Zweibrücken zahlt fürs aktuelle Schuljahr 1,3 Millionen Euro, um 1813 Kindern unter bestimmten Umständen die Fahrt zur Schule zu ermöglichen. Doch immer wieder werden Fälle abgelehnt, unlängst drei im Stadtrechtsausschuss. Ein Umstand, der für Ärger sorgt.

 Der ZOB ist das wichtigste Drehkreuz für Schulbusse in Zweibrücken.

Der ZOB ist das wichtigste Drehkreuz für Schulbusse in Zweibrücken.

Foto: Jan Althoff

Kinder, die täglich stundenlang zur Schule unterwegs sind, vom Gewicht des Ranzens Rückenprobleme bekommen und vor lauter Stress nur noch schlechte Noten schreiben: Von solchen Folgen berichten immer wieder Eltern, die die Stadt erfolglos um die Übernahme der Schülerbeförderungskosten bitten. 1813 der 5307 Schüler an Zweibrücker Schulen wird im laufenden Schuljahr 2017/18 die Fahrt von zuhause bis zur Bildungsstätte bezahlt. Das kostet die Stadt 1,35 Millionen Euro. ASB und Malteser transportieren 64, die übrigen 1749 nutzen den Schulbus oder die Bahn auf Kosten der Stadt. 91 Mal hat die Stadt im Schuljahr 2017/18 Anträge abgelehnt.

In den jüngsten beiden Sitzungen des Stadtrechtsausschusses wurden drei Fälle mit diesem Hintergrund verhandelt. Jeweils hatte die Stadt auf die schulgesetzlichen Voraussetzungen verwiesen, die es zur Genehmigung braucht. Der Weg muss „besonders gefährlich“ oder eine ungefährliche Alternative für Grundschüler mindestens zwei, für ältere Schüler vier Kilometer lang sein. Besonders gefährlich ist eine Strecke laut Gesetz nur dann, wenn etwa an stark befahrenen Straßen Gehwege fehlen oder es an Ampeln, Überquerungshilfen oder Beleuchtung mangelt. Oder ein Schulweg gar über dunkle Wege oder durch ein Rotlichtviertel führt. Bei älteren Schülern spielt auch das Einkommen der Eltern zur Kostenübernahme eine Rolle.

Im Zweifelsfall misst die Stadt, wie bei den beiden Stadtrechtsausschuss-Streitfällen diese Woche, die Länge des Schulwegs etwa via Google Maps oder lässt die Stadtwerke das über das Zweibrücker Geoinformationssystem (Gis) machen. Und fragt die Polizei für eine Bewertung an, ob der Schulweg laut Gesetz gefährlich ist. In den verhandelten Fällen war das laut der Beamten nicht der Fall.

Es ging um Schüler, die in der Pasteur-, der Lerchen- und der Mozartstraße wohnen. Der Vater des in der Lerchenstraße wohnenden Jugendlichen gab an, dass er den Weg mehrfach persönlich abgelaufen und 4,1 Kilometer gemessen habe. Die Stadt kam auf 3702 Meter. Auch gebe es drei gefährliche Kreuzungen, etwa die Querung der Ring- an der Steinhauser Straße: „Da schießen die Autos vorbei!“ Der Ranzen des Kindes sei überdies sechs Kilo schwer, es sei täglich zwei Stunden unterwegs. Das Experiment habe man nach einer Woche aufgegeben, weil auch die schulische Leistung deutlich gelitten habe. Die Querung von Straßen mit Fußgängerampel oder Schutzinsel sei aber nicht gefährlich, so Schulamtsleiter Thomas Deller. Die Eltern einer Schülerin aus der Pasteurstraße machten gegenüber der Stadt geltend, dass auch anderen Kindern aus dieser Straße die Schulwegkosten bezahlt würden. Außerdem sei die zur Wegstrecke gehörende Landauer Straße generell gefährlich.

Beide Fälle vertrat Rechtsanwalt Falk Seliger von der Zweibrücker Kanzlei Dr. Kleberger und Kollegen. Er machte deutlich, dass es darum gehe, die subjektive Sicht der Eltern zu beachten. Er beantragte, beide Bescheide aufzuheben. Das Schulamt bestand auf das Gegenteil. In der letzten Stadtrechtsausschusssitzung hatte er bereits eine Mandantin vertreten, bei der der Fall ähnlich lag: Die Mutter behauptete, ihr Kind müsse einen Acht-Kilo-Ranzen zwei Stunden täglich aus der und wieder in die Mozartstraße schleppen. Das Schulamt verwies auf die zu kurze und zu ungefährliche Wegstrecke. Es sah damals von der Rückerstattung bisheriger Beiträge ab. Denn es hatte die Beförderung zunächst bezahlt, offenbar aber ohne die Wegstrecke oder Gefährlichkeit zu checken. Erst für das Schuljahr 2017/18 fiel das auf und es stellte seine Zahlungen an.

„Wie kommt der Gesetzgeber auf vier Kilometer?“ fragt Seliger im Gespräch mit dem Pfälzischen Merkur. Generell kommen ihm die Kinder bei den Regelungen zu kurz: „Die Frage der Zumutbarkeit aus deren Sicht wird nicht geprüft.“ Auch die Witterung spiele keine Rolle. Und realitätsfern sei auch anzunehmen, man könne ein Kind in den Schulweg mit gefährlichen Stellen „einweisen“, wie es auch vorm Stadtrechtsausschuss von Stadtseite immer wieder erklärt wurde. Für ihn spart die Stadt bei abgelehnten Beförderungsgesuchen bei den schwächsten. Weil es wenig Rechtsprechung in dem Bereich gibt, hat er den Fall eines in Zweibrücken abgelehnten Bescheids vors Neustädter Verwaltungsgericht gebracht. Gerade sammle man Argumente für die Begründung.

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