Entwicklungskonzept „Mitte Zweibrücken“ vor allem für attraktiveren Wohnraum Großprojekt zur Belebung der Innenstadt

Zweibrücken · Für 7,5 Millionen Euro sollen unter anderem Privatleute unterstützt werden Wohnraum attraktiver zu gestalten, Laden-Leerstände bekämpft, mehr Studenten in die Stadt gebracht und die Zweibrücker Grün-Stärken ausgebaut werden. Auch für das gescheiterte City-Outlet gibt es ein neues Konzept.

Viel Grün (wie hier am Goetheplatz, der ebenfalls weiter aufgewertet werden soll) erhöht auch die Wohn- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Deshalb soll diese Stärke gezielt ausgebaut werden, sieht das neue Innenstadt-Entwicklungskonzept „Mitte Zweibrücken“ vor.

Foto: Lutz Fröhlich

Der Trend zum Online-Shopping, das größte Fabrikverkaufszentrum Deutschlands oberhalb der Stadt – auch ohne Corona-Krise haben es Einzelhändler in der Zweibrücker Innenstadt schwer. Die wachsende Konkurrenz sorgt vermehrt für Leerstände. Und das, obwohl das Stadtbild in den 2000er und vor allem 2010er Jahren deutlich attraktiver wurde, insbesondere durch Sanierung der Fußgängerzone (Hauptstraße und Alexanderplatz) sowie den diversen „Stadt am Wasser“-Elementen.

Um die Innenstadt in ihrer Funktion zu stärken, hat der Stadtrat deshalb am Mittwochabend einstimmig das „integrierte Entwicklungskonzept Mitte Zweibrücken“ beschlossen. Dieses enthält 16 (plus 2) Maßnahmenpakete, die teils kurzfristig und teils bis Ende des Jahrzehnts geplant sind.

Erstellt haben das Konzept die hessischen Stadtplanungsbüros Kokonsult und „tobe.STADT“, dabei gab es auch etliche Bürgerbeteiligung (wir berichteten). Zentrales, mehrere der Maßnahmen übergreifendes Element ist, mehr Menschen in die Innenstadt zu bringen. Dafür sollen sowohl die Zahl der Wohnungen dort als auch deren Qualität und die Umfeldqualität gesteigert werden. Das soll auch dem Einzelhandel nutzen – denn wer mitten in der Stadt wohnt, kauft dort auch häufiger ein.

DIE MAßNAHMEN IM ÜBERBLICK:

Wohnen („Gut Leben in der Mitte“: Damit die Innenstadt in der Standortkonkurrenz mit Einfamilienhäusern außerhalb zum Wohnen attraktiver wird, soll Wohnraum in der City modernisiert werden. Hierfür sollen Eigentümer bis zu jeweils 30 000 Euro Zuschüsse erhalten. Eigentümer sollen auch beraten werden, um leerstehende Wohnungen und Brachflächen attraktiv nutzbar zu machen. In Innenstadtrandlagen ist an eine „behutsame Nachverdichtung“ gedacht. Schon kurzfristig will die Stadt für all dies (und auch projektübergreifend) eine „Stelle für aktives Stadtzentrumsmanagement“ schaffen.

„Entsiegelung und Aufwertung von Innenhöfen“: Zum Klimaschutz sollen Parkplätze in Innenhöfen entsiegelt werden (Rasengittersteine statt Asphalt zum Beispiel). Hierfür ist geplant, Eigentümern Zuschüsse zu zahlen. Dies auch, wenn sie die Wohnqualität steigern, indem sie schlecht genutzte Nebengebäude abreißen, von denen den Gutachtern einige aufgefallen sind in den Bereichen Sonnengasse, Löwengasse sowie hinter Alexander- und Schlossplatz. Durch ein Musterprojekt mit ansprechender „Freiraumplanung“ hofft man Anregungen zum Nachahmen zu geben.

Einzelhandel („Werkstadt Zweibrücken“): Der Leerstands-Trend soll nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt werden. Zum einen durch niedrigere Hürden für Laden-Neueröffnungen, etwa durch Beratung von Hauseigentümern durch das Stadtzentrumsmanagement oder durch „Testläden“ (Vermietungen auf Zeit, bei Erfolg Längervermietung oder Umzug in anderen Leerstand); außerdem soll wo immer möglich das Problem zu kleiner Ladenflächen durch Zusammenlegungen gelöst werden. Zum anderen sollen „Eigentümer vakanter Ladenlokale in Innenstadtrandlagen ermutigt werden, diese Leerstände einer anderen gewerblichen oder nicht gewerblichen Nutzung zuzuführen“, etwa für Wohnen, Dienstleistung oder soziale Einrichtungen.

„Foyer der Stadt“ im Ex-City-Outlet: Trotz stark frequentierter Lage am ZOB (Busbahnhof) gibt es im ehemaligen City-Outlet (trotz zuvor aufwändiger Neugestaltung) seit 2011 keinen Einzelhandel mehr. Den schließt das neue „Mitte“-Konzept zwar nicht aus, er solle wie Gastronomie aber nur „eine untergeordnete Rolle spielen“. Stattdessen schlagen die Stadtplaner „an diesem wichtigen innerstädtischen Knotenpunkt“ zwischen Fußgängerzone und Kleinem Exe „ein öffentliches Gemeinschafts- und Kommunikationszentrum“ vor. „Denkbar sind Nutzungen wie eine Bibliothek und ein Medienzentrum, das öffentlichen Zugriff auf Wissen in digitaler und analoger Form ermöglicht. Ergänzend sind Arbeitsbereiche, Ausstellungs-, Lesungs- und Veranstaltungsräume denkbar.“ Dafür soll das Gebäude zum „Zweibrücker Foyer der Stadt“ umgebaut werden.

„Brückenschlag Münzstraße“: Diese Gasse neben dem City-Outlet diene zwar als „prominente städtische Achse zwischen dem großen Grünbereich am Schwarzbach und dem städtischen Zentrum“, so das Innenstadtentwicklungskonzept. Aber: „Gleichzeitig reflektiert die gegenwärtige Gestaltung die Bedeutung nicht.“ Für die Umgestaltung soll es einen Wettbewerb geben. Wichtig sei dabei eine ZOB-Umgestaltung, um eine Öffnung von der Münzstraße zum Alexanderplatz hin zu erreichen. Auch an Grün und an Bänke ist gedacht sowie eine Aufwertung der Fassaden von Parkhaus und City-Outlet Richtung Münzstraße.

„Aufwertung des hinteren Alexanderplatzes“: Obwohl der neugestaltete Alexanderplatz gut angenommen werde, sei direkt daneben die Vertiefung hinter der Alexanderskirche viel zu wenig genutzt. Hier ist mittel- bis langfristig eine deutliche gestalterische Aufwertung geplant. Wie, soll ein freiraumplanerischer Wettbewerb zeigen. Einige Ziele sind aber schon klar: Zur Belebung des Platzes dort Gastronomie erleichtern, „gestalterische Integration der Von-Rosen-Straße in den Platzbereich“ und eine bessere Anbindung des Nardini-Klinikums (das dort bislang statt eines Eingangs eine architektonisch abweisende Rückseite hat).

„Erneuerung Fruchtmarkstraße“: Am stadtauswärtigen Ende beklagen die Gutachter „Entleerungstendenzen“. Deshalb gelte es, „die Straße durch Erneuerungsmaßnahmen langfristig als Wohn- und Geschäftslage zu stabilisieren“. Mögliche Maßnahmen werden noch nicht genannt, aber auf den engen Zusammenhang mit dem Mobilitätskonzept verwiesen und auch die bereits erfolgte Umgestaltung der parallelen Alten Ixheimer Straße erwähnt.

Studenten in die Stadt: „Vernetzung mit dem Kreuzberg“: Zweieinhalb Kilometer zu Fuß und und hundert Höhenmeter entfernt von der City ist die Hochschule. Wie bringt man Studenten runter in die Stadt? Drei mittel- bis langfristige Maßnahmen sieht das Konzept vor. Erstens: Bessere ÖPNV-Anbindung (der stündliche Bus-Takt sei „mangelhaft“). Zweitens: „Aktive Vermarktung innerstädtischer Wohnungsleerstände und Arbeitsräume“ unter anderem durch das Stadtzentrumsmanagement. Drittens: Die Kreuzbergstraße als wichtigste fußläufige Verbindung zwischen Campus und City soll attraktiver werden (siehe nächste Maßnahme).

„Umgestaltung Kreuzbergstraße, Kreuzungsbereich“: Hier sollen Aufenthalts- und Wohnqualität gesteigert werden. Die Kreuzbergstraße soll deshalb (in Zusammenhang mit der Bebauung des Ex-Brauereigeländes nebenan) neu gestaltet werden und zudem ein Fußgängerüberweg über die viel befahrene Hofenfelsstraße geschaffen werden.

„Übergang ins Zentrum Goethe- und Hallplatz“: Als eine große Stärke der Zweibrücker Innenstadt sehen die Konzeptentwickler die vielen direkt an die City grenzenden Grünflächen. Dabei seien Goetheplatz und Hallplatz das „verbindende Gelenk“ zwischen Schwarzbach-Allee und Hauptstraße. Deshalb gelte es, den Goetheplatz attraktiver zu gestalten – mit neuen Sitz- und Spielgelegenheiten. Zudem ist eine „gemeinsame Akzentbeleuchtung“ von Goethe- und Hallplatz angedacht, um „eine gemeinsame Eingangssituation“ zu schaffen.

„Geschützte Sitzgelegenheiten an der Schwarzbachallee“: Diese sei zwar „ein prägnantes Markenzekchen des Zweibrücker Zentrums“ – doch „der Aufenthalts- und Verweilwert“ werde zur Saatkrähen-Brutzeit monatelang durch Kot und herabfallendes Nistmaterial reduziert. Um auch dann die Sitzbänke nutzbar zu machen, schlägt das „Mitte“-Konzept „kleine Überdachungen über dem vorhandenen und hochwertigen Mobiliar“ vor, eventuell mithilfe von Bürger-Patenschaften.

„Erneuerung der Schwarzbachallee“: Hierbei geht es um eine Erneuerung des beschädigten Allee-Bodens zwischen den Platanen – und angesichts der wichtigen Verbindungsfunktion mit der City die Kreuzungsbereiche für Fußgänger und Radelnde sicherer zu machen.

„Grüne Umgestaltung von Parkflächen“: Angesichts der Erderwärmung gebe es zu viele unnötig versiegelte Flächen in der Innenstadt, bemängeln die Gutachter. Um „eine starke Aufheizung des Stadtraumes“ und bei Starkregen überlaufende Kanäle zu verhindern, sollen mehrere asphaltierte Parkplätze (Uhlandstraße, Bleicherstraße/Schloss, Jahnstraße) entsiegelt werden (durch versickerkungsfähige Beläge wie Rasengittersteine). Außerdem solle man Bäume pflanzen – teils auf bislang unbepflanzten kleinen Grünflächen, aber auch einzelne Pkw-Stellplätze sollen geopfert werden.

„Erneuerung der Uhlandstraße“: Außer der Parkplatz-Entsiegelung ist eine Neugestaltung der gesamten (schon lange an einen Flickenteppich erinnernden) Straße mitsamt Gehweg beabsichtigt.

„Mobilitätskonzept Innenstadt“: Dieses ist bereits in Arbeit. Die Stadtplaner wollen vor allem Radfahren („lückenloses Radwegenetz“) und Laufen attraktiver machen, durch weniger Pkw-Verkehr aber auch das Wohnen ruhiger (besonders in stark belasteten Straßen wie Fruchtmarkt- und Hofenfelsstraße). „Am Ende des Konzeptes soll eine zukunftsfähige Umstrukturierung der der innerstädtischen Verkehre zugunsten einer Steigerung der städtischen Lebensqualität stehen.“ Dabei sollten aber „Verkehrsflüsse immer noch leistungsfähig sein“. Da dies „ein konfliktträchtiges Thema“ sei, empfehlen die Stadtplaner „intensive Beteiligung der Öffentlichkeit“.

„Bauliche Maßnahmen der urbanen Sicherheit“: Hier geht es um die vom Rat bereits beschlossenen weiteren versenkbaren Polleranlagen, um unbefugtes Einfahren in die Fußgängerzone zu verhindern.

Zwei weitere Maßnahmen standen zunächst zwar noch im Innenstadtkonzept, können aber hieraus nicht bezuschusst werden, sodass eine Summe von 7,5 Millionen Euro verbleibt (wovon die Stadt mit 90 Prozent Zuschüssen rechnet). Weil es im Bereich Karlstraße, Wallstraße, Ritterstraße, Von-Rosen-Straße fast kein Grün gibt, waren dort (auch, um dem Klimawandel zu begegnen) unter dem Titel „Grüne Nebenstraßen“ für 130 000 Euro „temporäre, begrünte Sitzelemente und Schattenspender“ geplant. Allerdings hat sich herausgestellt, dass über die Städtebau-Förderprogramme keine mobilen Einrichtungen förderbar sind. Erfreulicher ist die die Entwicklung hinsichtlich der „Erneuerung der Sportanlagen Kleiner Exe“: Diese stand zwar zunächst mit 720 000 Euro im Mitte-Konzept, hierfür ist aber ein anderer Fördertopf gefunden, mit sogar 2,4 Millionen Euro (wir berichteten).