Bauausschuss Zweibrücken zu Neubaugebiet Einwände gegen Kirchberg-Plan abgeschmettert

Zweibrücken · Die meisten Bedenken von Bürgern, Verbänden und Behörden gegen das oberhalb von Ixheim geplante Neubaugebiet weist der Bauausschuss zurück. Bemerkenswert ist: Scharfe Kritik übte auch das Gesundheitsamt.

 Der Blick von der Kirchbergstraße hinunter auf die Neubaugebiets-Fläche (Archivbild).

Der Blick von der Kirchbergstraße hinunter auf die Neubaugebiets-Fläche (Archivbild).

Foto: Lutz Fröhlich

Das Bebauungsplanverfahren „Wohnen am Kirchberg“ ist einen Schritt vorangekommen – aber trotzdem erst soweit wie vor einem Jahr. Denn um den Bebauungsplan-Entwurf rechtssicherer zu machen, haben die Stadtverwaltung und das Völklinger Büro „Agsta Umwelt“ den Plan überarbeitet. Bei einer Enthaltung eines Grünen und einer Gegenstimme (Rolf Franzen, CDU, er befürchtet vor allem Folgen für die Kaltluftzufuhr) hat der Bauausschuss am Dienstagabend dem Stadtrat empfohlen, den neuen Entwurf zu billigen und erneut öffentlich auszulegen.

Eine Bürgerinitiative hatte über 1000 Unterschriften gegen das Neubaugebiet auf der 52 000 Quadratmeter großen Grünfläche oberhalb von Ixheim gesammelt. Wie Naturschutzverbände befürchten die Bürger vor allem, die im Klimawandel immer wichtiger werdende Kaltluftzufuhr Ixheims werde gefährdet.

Zwar hat der Bauausschuss, wie von der Stadtverwaltung empfohlen, fast alle Bedenken zurückgewiesen. Doch in einigen Details wurde die Planung geändert. Auch, um dem Klimaschutz (noch) mehr Rechnung zu tragen: Wer dort bauen möchte, muss komplett auf windundurchlässige Einfriedungen wie Mauern, geschlossene Zäune oder dichte Hecken verzichten.

Ein Ehepaar hatte so viele Einwände (unter anderem Bedarfs-Anzweifelung, Auswirkungen auf Kleinklima, Verkehr und Entwässerung) gegen das Neubaugebiet, dass ihr Rechtsanwalt sogar die komplette Planungs-Einstellung forderte. Dafür sahen Verwaltung und Bauausschuss zwar keinerlei Anlass. Aber von den fünf Bürger-Stellungnahmen ist diese die einzige, die eine wesentliche Änderung bewirkte. Eigentlich wollte die Stadt ein unbebautes Grundstück der Eheleute am Rande des Neubaugebiets als landwirtschaftliche Fläche im Bebauungsplan ausweisen, um einen Grünstreifen zu schaffen, der das Neubaugebiet von der bisherigen Siedlung trennt. Der Anwalt argumentierte, dies wäre ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht seiner Mandanten. Die Verwaltung plante deshalb um. Paradoxerweise führt dies sogar zu einer – möglichen – Vergrößerung des Neubaugebiets von etwa 75 auf 82 Wohneinheiten – denn der strittige Streifen wird nun ebenfalls als „Allgemeines Wohngebiet“ ausgewiesen. Damit werde „ein Lückenschluss zur bestehenden Wohnbebauung an der Taubenstraße“ möglich, begründet die Stadt die Änderung.

Stichwort „Allgemeines Wohngebiet“: Dass das Neubaugebiet so ausgewiesen wird und nicht als „Reines Wohngebiet“, störte ebenfalls einige Einwender. In einem „Allgemeinen Wohngebiet“ steht zwar das Wohnen im Vordergrund, zulässig sind aber auch nicht störende Einrichtungen wie der Nahversorgung dienende Läden, Gaststätten, Handwerksbetriebe oder Anlagen zum Beispiel für kulturelle oder sportliche Zwecke. Dass (was eigentlich nicht mehr vorgesehen ist) auf der Grünen Wiese neu gebaut wird, hatte die Stadtverwaltung damit begründet, die Nachfrage nach Wohnbauflächen sei „enorm hoch“, folglich bestehe „dringender Bedarf an zusätzlichem Wohnraum“, viel zu wenig Eigentümer machten ihre Baulücken verfügbar. Wenn die Lage so dramatisch sei, hätte man doch eigentlich nur Wohnungen erlauben dürfen, merkte ein Bürger im Namen des BUND an. Der Bauausschuss wies auch diese Bedenken wie von der Verwaltung vorgeschlagen zurück – denn Wohnen müsse auch in Allgemeinen Wohngebieten „vorherrschend“ sein.

Die meisten Einwände gab es zu den Folgen für die Kaltluftschneisen (siehe auch oben). Besonders eindringlich äußerte sich hierzu die auch für Zweibrücken zuständige Gesundheitsbehörde der Kreisverwaltung Südwestpfalz: „Jede, noch so schonende Form der Bebauung im Planungsgebiet wird trotzdem zu einer weiteren Erwärmung der tiefer gelegenen, schon bestehenden Wohnbebauung im Ortsteil Ixheim führen. Damit werden die dort bereits lebenden Menschen einer zusätzlichen Hitzebelastung im Sommer ausgesetzt, die vor dem Hintergrund der bestehenden generellen Erderwärmungseffekte zu einem vermehrten Auftreten hitzebedingter Beanspruchungen, Belastungen und Krankheiten, unter Umständen auch Todesfällen zumindest bei den vulnerablen Bevölkerungsgruppen führen wird.“

Laut dem Bebauungsplan-Umweltbericht hat das Plangebiet zwar „für die Entstehung von Kaltluft mit Siedlungsbezug eine hohe Relevanz“, weshalb ein Klimagutachten erstellt wurde, erläuterte Agsta-Geschäftsführerin Claudia Lennaertz im Bauausschuss. Man habe die Klima-Folgen „sehr ausführlich behandelt“. Das Gutachten zeige, zitierte Lennartz: „Das Plangebiet ist nur bedingt als Luftleitbahn einzustufen. Die dort abfließende Kaltluft belüftet hauptsächlich die Wohngebäude an der Tauben- und Keltenstraße.“ Aufgrund des „geringen Volumenstroms“ sei „ein Vordringen der Kaltluft in weiter nördlich gelegene Siedlungsteile, insbesondere in das Ortszentrum von Ixheim nicht zu erwarten.“ Klima-Folgen habe die Bebauung daher nur für die beiden direkt angrenzenden Straßen, aber „durch die lockere Bauweise und die gute Durchgrünung an der Peripherie der Stadt (...) vergleichsweise gering“. Wie auch bei Einwenden zu anderen Aspekten (wie zusätzlicher Verkehr) sei in Bebauungsplänen immer abzuwägen, ob die daraus sich ergebenden Belastungen „erheblich“ sind oder nicht. Ergebnis: In Fall Kirchberg seien die Beeinträchtigungen „unerheblich“.

Viele weitere Auflagen im Bebauungsplan sollen schädliche Auswirkungen aufs örtliche Klima verringern. So ist statt Riegelbebauung nur eine lockere Bebauung mit Ein- bis Zweifamilienhäusern mit großen Abständen erlaubt, sodass viel Luft durchströmen könne. Dacher müssen begrünt werden (oder Solarflächen), Schottergärten und versiegelter Stellflächen sind verboten.

Infolge der letzten Offenlage gab es auch noch ein Gutachten zur Hangstabilität. Ergebnis: Zwar bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings sollte „auf verwittertem Fels“ gebaut werden. Bauherren und Baufrauen müssen deshalb ihre Baugrubensohlen von Geotechnikern abnehmen lassen.

Geprüft wurde auch die Entwässerung: Weil das Gelände für Versickerung nicht geeignet sei, ist ein Regenrückhaltebecken geplant. Im Endeffekt werde das bei Starkregen sogar zu einer Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand führen.

Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) rechnet damit, dass – wenn es nach der erneuten Offenlage (wohl ab 7. April) keine überraschenden Neuentwicklungen mehr gibt – der Stadtrat Anfang Juli den Bebauungsplan endgültig als Satzung beschließen kann.

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