Woche für Woche unter Beschuss

Zweibrücken/Kundus. Die 136 im nordafghanischen Kundus stationierten Soldaten der Luftlandebrigade 26 hatten am Karfreitag zwar diesmal nicht selbst Gefallene zu beklagen

 "Luna" heißt diese Drohne, die zurzeit von Zweibrücker Soldaten ferngelenkt wird. Foto: Bundeswehr

"Luna" heißt diese Drohne, die zurzeit von Zweibrücker Soldaten ferngelenkt wird. Foto: Bundeswehr

Zweibrücken/Kundus. Die 136 im nordafghanischen Kundus stationierten Soldaten der Luftlandebrigade 26 hatten am Karfreitag zwar diesmal nicht selbst Gefallene zu beklagen. Doch das für drei norddeutsche Fallschirmjäger tödliche Gefecht hat auch bei den 63 Zweibrücker und 73 Lebacher Soldaten Spuren hinterlassen, berichtet der neue Brigadekommandeur Eberhard Zorn (Foto: voj) in einem Merkur-Redaktionsgespräch wenige Stunden vor dem erneuten Anschlag, bei dem gestern vier weitere deutsche Soldaten (nicht aus der Brigade) starben. Zorn: "Unsere Soldaten sind tief betroffen. Ich habe große Hochachtung, wie sie trotz so massiver Belastung weiter ihren Auftrag ausüben, weil sie als Team vorzüglich zusammenwirken." Mit Zweibrücken hatte Zorn schon vor seinem Amtsantritt als Brigade-Chef zu tun - ebenfalls aus traurigem Anlass: "Ich war bei meiner Vorverwendung im Verteidigungsministerium für die Organisation einer Trauerfeier für Gefallene in Zweibrücken zuständig." Der Oberst gesteht ein, dass ihm so etwas auch emotional nahe geht: "Das stecken Sie nicht in der Garderobe weg. An Karfreitag war ich mit der Familie im Saarland unterwegs - wenn da das Handy klingelt, zucken Sie. Auch wenn die Nachricht von gefallenen Kameraden dann nicht die eigene Brigade, sondern Nachbarverbände betrifft, beschäftigt das einen emotional. Das war dann am Wochenende das Gesprächsthema mit meiner Frau, man sucht das Gespräch, in der Woche dann auch in der Kaserne. Man denkt: Haben wir alles getan, um unsere Soldaten gut genug vorzubereiten?"Wie oft werden die Soldaten bei Kundus zurzeit in Gefechte verwickelt? "Im Durchschnitt wöchentlich", schätzt Zorn. Nicht nur das drücke auf die Stimmung: "Das Schlimme ist diese latente Gefahr: Sobald sie vom Lager rausfahren, werden sie verfolgt, müssen immer mit einem Anschlag rechnen. Hinzu kommt noch der Beschuss des Feldlagers, das ja eigentlich ein Rückzugs-, ein Entspannungsraum sein soll. Aber die Soldaten wissen: Da fliegt immer wieder mal eine Rakete drüber - sie müssen immer mit dieser Anspannung leben."

Welche konkreten Aufgaben erfüllen die Soldaten der Brigade zurzeit? Fallschirmjäger aus Lebach seien beispielsweise in einer Stellung auf eine Höhe eingegraben, um eine Polizeistation in der Nähe zu sichern. Die Kameraden der Zweibrücker Luftlandeaufklärungskompanie 260 seien überwiegend vom Feldlager aus tätig, um Straßen und anderes Gelände mit dem ferngesteuerten Flugobjekt Luna (Foto) zu überwachen. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion auf Gefährdungspotenziale: "Die Bilder werden in Echtzeit übertragen, um die Lage um Kundus zu erkunden." Das Drohnensystem kann auch verdächtige Gehöfte oder für Sprengfallen günstige Punkte überwachen, wo bodengebundene Spähaufklärung kaum möglich wäre.

Am Rande

In Zweibrücken sei die Bundeswehr "gut aufgehoben", freut sich Eberhard Zorn nach vielen Gesprächen in den ersten dreieinhalb Monaten als Brigadekommandeur. Sein Eindruck: "Man lebt mit der Kaserne und auch den Herausforderungen, die die Soldaten zu bewerkstelligen haben. Nach den Todesfällen der letzten Jahre in Afghanistan ist eine besonders starke Betroffenheit zu spüren." Von Firmen, Politik und Reservistenkameradschaften erreichten ihn "viele Bitten um Vorträge und Hintergrundgespräche", freut sich Zorn. "Das Interesse ist da: Was machen die Soldaten im Grundbetrieb zuhause und im Einsatz? Ich habe mir vorgenommen, noch mehr Transparenz zu schaffen. Wir wollen die Bevölkerung nicht nur an Bord nehmen bei Trauerfällen." Am 18. Juni ist ein öffentliches Gelöbnis in Homburg, am 26. Juni ein Tag der offenen Tür in der Zweibrücker Niederauerbach-Kaserne. lf

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