Windelsackdebatte im Stadtrat Windelsack-Entsorgung darf nicht gratis sein

Zweibrücken · Stadtrat: UBZ-Chef Werner Boßlet erteilt Anregung von Linken-Stadtrat Gerhard Burkei eine Absage. Das verhinderten die Rechtssprechung und die ADD, so Boßlet.

 Die Entsorgung von Windeln war gestern Thema im Stadtrat. Gerhard Burkei zielte auch auf solchen von inkontinenten Senioren ab. Thorsten Gries ging es eher um die von Kita-Kindern.

Die Entsorgung von Windeln war gestern Thema im Stadtrat. Gerhard Burkei zielte auch auf solchen von inkontinenten Senioren ab. Thorsten Gries ging es eher um die von Kita-Kindern.

Foto: dpa/Arno Burgi

Die Debatte um die Entsorgung von Windeln hat gestern Abend den Zweibrücker Stadtrat erreicht. Rückblick: Vor wenigen Tagen hatte die Linke bei ihrer Mitgliederversammlung gegen die neue Satzung des Umwelt- und Servicebetriebs Zweibrücken (UBZ) gewettert. Diese sieht vor, dass es künftig drei Euro kostet, einen Windelsack zu entsorgen. Das betreffe auch die Windeln von inkontinenten Erwachsen. Es sei ein „Unding“ für eine Kommune, die sich soziale Stadt nenne, dass „hier Menschen, die entweder für den Wiederaufbau der Stadt nach dem verheerenden Krieg gesorgt hatten oder aber die durch ihre Babys dafür sorgen, dass die Stadt weiterhin mit Leben erhalten bleibt, finanziell bestraft werden“, hatte Linken-Stadtratsmitglied Gerhard Burkei kritisiert. Der UBZ sei reich, „warum sollte er nicht auf die Gebühr für die Windelentsorgung verzichten?“.

In einer Stadtratsanfrage regte Burkei gestern an, Windelsäcke gratis zu entsorgen. Sie könnten in einen dafür bereitgestellten Container beim Wertstoffhof gegeben werden, so sein Vorschlag. Der Linken-Politiker hinterfragte, warum ein Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt von 2003, das die Gratis-Abgabe von Windelsäcken für unzulässig erklärte, erst jetzt umgesetzt werde. Außerdem verwies er darauf, dass sich in Deutschland alle etwa auch an den Krankheitskosten Anderer über die Krankenkasse beteiligten. Oder dass Radwege gebaut würden, obwohl nicht jeder Rad fahre. Nur über dieses Solidarprinzip lasse sich erklären, dass etwa die Landkreise Mainz-Bingen oder Regensburg Windelsäcke gratis entsorgten. Das liege also offenbar doch im Ermessen der Kommune.

UBZ-Chef Werner Boßlet widersprach deutlich: „Das liegt nicht in unserem Ermessen. Die Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz ist zu eindeutig. Der Gedanke der Solidargemeinschaft greift in dem Bereich nicht!“ Alle zuletzt ausgestellten Gebührenbescheide würden sogar „eindeutig angreifbar“, wenn die Stadt eine solche Maßnahme umsetze, warnte Boßlet. Und: „Wenn der Stadtrat das beschließt, ist das zunächst kein Thema, bis die ADD sagt, das ist eine freiwillige Leistung.“ Sprich: Die Aufsichtsbehörde würde der klammen Rosenstadt eine solche Wohltat nicht durchgehen lassen. Außerdem, so Boßlet, sei die Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz auch anders als etwa in Regensburg und dort berappten die Bürger teilweise nicht über die Müllabfuhr, sondern über Steuermittel: „Tut mir leid!“ 16 500 Windelsäcke sammele die Stadt pro Jahr ein, es entstünden Kosten von über 80 000 Euro dafür.

Auch Thorsten Gries (SPD) hatte eine Frage zu den Windelsäcken. Er sei mehrfach von Eltern angesprochen worden, deren Sprösslinge Kindergärten freier Träger besuchten. Sie sollten Müllsäcke kaufen und mit in die Einrichtung bringen. Was ist der Hintergrund? Bürgermeister Christian Gauf (CDU) erläuterte, dass für jedes Neugeborene als Willkommensgeschenk in der Regel 50 Windelsäcke verteilt würden. Das reiche meist so lange, bis die Kinder nicht mehr gewickelt werden müssten. Man habe zusammen mit der Jugendamtsleitung die Idee gehabt, dass die Eltern einen Windelsack pro Quartal für die Kita abgeben, wenn ihre Kinder dort untergebracht sind. Das sei zum einen für die Familie, die die Säcke als Geschenk erhalten hätten, nicht so viel und helfe zum anderen der Stadt, Geld zu sparen. Man habe die Familien im Vorfeld angeschrieben und darauf hingewiesen, dass sie pro Jahr womöglich vier Windelsäcke abgeben. „Das ist eine gute und faire Lösung“, so Gauf.

Ansonsten segneten die Ratsmitglieder einstimmig Nachzahlungen über insgesamt rund 66 000 Euro im Zusammenhang mit „Stadt am Wasser“-Maßnahmen ab (wir berichteten vorab). Ex-Baudezernent Kurt Dettweiler (FWG) monierte, dass Nachforderungen bei Bauarbeiten ein Automatismus geworden seien. „Fünf Prozent gehen immer drauf. Im wahren Leben ist das nicht so. Wenn eine große Maschinenbaufirma einen Auftrag vergibt, passiert so etwas nicht. Was für Möglichkeiten haben wir, das zu unterbinden?“ Bürgermeister Christian Gauf stimmte Dettweilers Ausführungen zu. Eine Antwort hatten aber weder er, noch die übrigen Räte.

Stadtkämmerer Julian Dormann erklärte, dass seine Abteilung aktuell einen Haushaltsnachtrag 2018 vorbereite. So habe es etwa Abweichungen beim Investitionsprogramm gegeben, das 2016 schon geplant worden sei. Gerade bei Straßenausbaumaßnahmen habe sich manches verändert. Weil 2017 ein gutes Steuerjahr gewesen sei, reduzierten sich aber auch die Schlüsselzuweisungen.

Zwei Maßnahmen, die im Nachtragshaushalt auftauchen: Mehrausgaben von 112 000 Euro bei „Stadt am Wasser“ und 55 000 Euro beim Ausbau der Arche Kunterbunt. Auch dafür war der Stadtrat einstimmig. Ebenso für die Vergabe des Umbaus der Mittelbacher Mühle für 85 700 Euro durch die Dahner Firma Metz. Sie soll etwa ein Wehr abreißen und so die Durchlässigkeit der Bickenalb verbessern. 117 000 Euro solle die für Februar und März geplante Maßnahme insgesamt kosten. Man werde auch während der Brutzeit des Eisvogels wohl noch arbeiten, so UBZ-Mitarbeiter Andreas Reischmann.

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