Wie ein Schlemmer auf Rohkostdiät

Zweibrücken · Großkonzerne kämpfen auf dem Mars um das Wasser – und wir sind als Kampfmagier mit Elektrofähigkeiten mittendrin. Doch „The Technomancer“ avanciert trotz dieses spannenden Settings zum schwachbrüstigen Rollenspiel, das weit hinter Genrereferenzen abfällt.

Die Handlung von "The Technomancer" klingt im Grunde vielversprechend: Man schlüpft in einem umkämpften Mars-Setting in die Rolle des Kampfmagiers Zachariah, der Gegner mit Blitzen aus seinen Händen grillen kann. So ist das bei den Technomancern, die ferner an eine Art Jedi-Orden für Arme erinnern und die den abgerissenen Kontakt zur Erde wiederherzustellen versuchen. Unser Held durchläuft zu Beginn sein Initiationsritus, setzt sich mit ersten Bösewichten auseinander und stößt dabei auf Geheimnisse seiner Gilde, die unbedingt gewahrt werden müssen.

Nicht so einfach, haben die Elektromagier doch gerade viel zu tun: Es balgen sich Großkonzerne ums knappe Wasser auf dem Mars , Rebellen begehren gegen solch finsteres Treiben auf. Bald muss Zachariah, der auch als Soldat seinen Dienst verrichtet, die Flucht vor der Geheimpolizei antreten und wird konfrontiert mit den unwirtlichen Begebenheiten des Roten Planeten, der ein verlorenes Paradies, versunkene Städte unter dem Eis und dystopische Baracken auf der staubigen Oberfläche bietet. Entscheidungen stehen an, die die Zukunft des Mars und die Beliebtheit der Hauptfigur bei verschiedenen Gruppen und Fraktionen beeinflussen. Für Konfliktstoff sorgt stets die Frage, ob wir erledigte Gegner töten und Serum aus ihnen herstellen oder wir sie seines Karmas Willen doch lieber verschonen. Wer als Fan von Science-Fiction-Rollenspielen in "The Technomancer" einsteigt, fühlt sich wie ein Schlemmer auf Rohkostdiät. Zwar kommt die Fortsetzung des 2013er Spiels "Mars : War Logs", das optisch immerhin an den ersten Teil von "Mass Effect" erinnert, mit einer interessanten Handlung daher und bietet bekannte Genreoptionen wie Gruppenbildung und Hochleveln. Doch alles ist eine Klasse schlechter als bei Biowares Genrereferenz. Da ist vor allem die entnervende Doofheit der Mitstreiter. Rollen die Feinde oder Weltraummonster auf uns zu, dürfen wir uns quasi alleine mit ihnen auseinandersetzen. Denn unsere Begleiter rennen entweder stumpf ins Getümmel oder kloppen sich ohne Effekt in einer Ecke mit einem Gegner, während wir derer Dutzende ausschalten müssen. Das ist extra-schwer, weil die Steuerung Übung erfordert und die Gegner vor allem zu Beginn übermächtig sind. Da hilft nur der Umstieg auf den Schwierigkeitsgrad "leicht".

Doch auch die Charaktere lassen einen erstaunlich kalt, die Entscheidungssituationen, sonst Höhepunkte in solchen Rollenspielen, sprechen kaum an, die (englische-vertonten) Dialoge wirken oft lieblos. Die Haupt- und Nebenquests sind zwar zahlreich, aber Standardfutter. Die Grafik frisst zwar Kapazitäten, wirkt aber reichlich vorgestrig.

Immerhin macht Spiders Studio auch nicht alles falsch. Die Hochstufungen von Zacharias motivieren, die Ausrüstungsoptionen ebenso, auch wenn besondere Beutehappen fehlen. Und es lässt sich sogar eine Echtzeit-Levelkarte einblenden, während man läuft. Das reicht in der Summe immerhin aus, um den kleinen Science-Fiction-Rollenspiel-Hunger für zwischendurch zu stillen - und sich Appetit zu machen fürs kommende Frühjahr und "Mass Effect: Andromeda".

Wertung (Schulnote): 3

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