Wider den Fest-Frust

Zweibrücken. Die Oma motzt über die angebrannte Weihnachtsgans, die Frau ärgert sich, weil der Ehemann beim Tischdecken nicht hilft, die Kinder meckern über ihre Geschenke - das Fest der Liebe kann aus vielerlei Gründen als Desaster enden. Weihnachten als Fest der Liebe wecke bei vielen zu hohe Erwartungen

 Damit der Haussegen nicht schief hängt wie bei dieser Spielszene gibt Experte Christian Roland wichtige Tipps. Das Symbolfoto zeigt Heinz Becker (Gerd Dudenhöffer), Stefan (Gregor Hoffmann) und Hilde (Alice Hoffmann) in der kultigen Folge "Alle Jahre wieder" von "Familie Heinz Becker", die am 24. Dezember, 23 Uhr wieder im SWR zu sehen ist. Foto: (Dpa)/NDR/wdr/hajo hohl

Damit der Haussegen nicht schief hängt wie bei dieser Spielszene gibt Experte Christian Roland wichtige Tipps. Das Symbolfoto zeigt Heinz Becker (Gerd Dudenhöffer), Stefan (Gregor Hoffmann) und Hilde (Alice Hoffmann) in der kultigen Folge "Alle Jahre wieder" von "Familie Heinz Becker", die am 24. Dezember, 23 Uhr wieder im SWR zu sehen ist. Foto: (Dpa)/NDR/wdr/hajo hohl

Zweibrücken. Die Oma motzt über die angebrannte Weihnachtsgans, die Frau ärgert sich, weil der Ehemann beim Tischdecken nicht hilft, die Kinder meckern über ihre Geschenke - das Fest der Liebe kann aus vielerlei Gründen als Desaster enden. Weihnachten als Fest der Liebe wecke bei vielen zu hohe Erwartungen. "Man setzt die Messlatte da so hoch, dass man locker drunter durchtanzen kann", erläutert Christian Roland (Foto: ek), seit 2004 Leiter der Familienberatungsstelle Zweibrücken den unrealistischen Fest-Erwartungsdruck. Der Diplom-Psychologen mit therapeutischer Zusatzausbildung in systemischer Familientherapie berät ganzjährig in der städtischen Anlaufstelle in der Zweibrücker Poststraße (siehe "Hintergrund") auch Familien, die sich in Konfliktsituationen befinden. Die brechen an Heilig Abend und über die Feiertage besonders auf, wenn man viel Zeit auf engem Raum zusammen verbringt. Probleme schwelen über Monate, man stört sich an den Kleinigkeiten - Frauen ärgern sich, wenn der Mann sich zu wenig an der Hausarbeit beteiligt oder die Zahnpastatube offen lässt, der Mann etwa, wenn ständig Haare im Abfluss sind. Oder die Kinder: Sie sollen an Weihnachten ihr Zimmer besonders schön aufräumen und es gibt Ärger, wenn das Ergebnis nicht dementsprechend ausfällt. Zudem haben Kinder eine hohe Erwartung an die Geschenke - wehe es wird dann doch nur ein paar Disney-Socken statt des neuen I-Pads. "Man muss den Spagat machen zwischen sinnvollen Geschenken, die aber auch Spaß machen", schildert Lorenz, der etwa Gesellschaftsspiele als Idee nennt. Da könne die Familie gleich sinnvoll Zeit miteinander verbringen.Keinesfalls solle man sich vor dem Fest sagen, dass man allein mit guter Planung alle Konflikte vermeiden kann. "Man sollte im Vorfeld die eigenen Erwartungen, Haltungen und Einstellungen zum Fest überprüfen", empfiehlt Lorenz. Wie geht man etwa mit Kritik der Schwiegermutter um? "Gelassen bleiben", so der Experte, der auch rät, "bei Konflikten respektvoll miteinander umzugehen".

Dabei sollte man aber eins auf keinen Fall tun: Beispielsweise beim festlichen Abendessen versuchen, ein zutage tretendes Grundsatzproblem zu lösen versuchen. Das macht den Eklat nur wahrscheinlicher. "Nicht alle Probleme sind klärbar", wirft Lorenz ein. Die Frau sollte mit dem Ehemann besser einige Zeit vorab klären, dass er den Tisch deckt und sich nicht im Stillen darüber ärgern, dass er es nicht tut.

Um Stress zu vermeiden, könne man auch im Vorfeld vereinbaren, das Fest um einen Tag auszudehnen und Verwandte erst am 27. Dezember zu besuchen. Pausen sollte man ebenfalls einplanen. Oder aber im Vorfeld zusammen mit dem Nachwuchs das Fernsehprogramm festlegen, allgemein mit Kindern Absprachen treffen. Bei Eltern sei es wichtig, hier Fingerspitzengefühl zu beweisen, wenn Kinder versuchten, die Weihnachtsatmosphäre zu nutzen, um ihre Grenzen auszutesten. Lorenz: "Wenn das Kind sich weigert, um die vereinbarte Uhrzeit den Fernseher auszuschalten, kann man das zur Weihnachts-Ausnahme erklären." Damit riskiere man aber auch, dass Ausnahmen zur Regel werden. "Man setzt die Messlatte so hoch, dass man locker drunter durchtanzen kann."

Christian Roland, Leiter der Familien-

beratungsstelle

Hintergrund

Die Zweibrücker Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern bietet seit den 80er Jahren kostenlose Beratung in Erziehungsfragen, bei Familienkonflikten und auch Problemen mit körperlicher und sexueller Gewalt an. 200 bis 250 neue Beratungsfälle verzeichnet Lorenz pro Jahr. Im Herbst und Winter sei der Andrang tendenziell größer. Beispielsweise berate man da bei Kindern mit auffälligem Verhalten oder solchen, die mit dem Wechsel von Kita zu Schule Probleme hätten. Da träten mit einiger Verzögerung Eingewöhnungsprobleme auf. Auch alleinerziehende Jugendliche und Personen, die Eltern verloren hätten oder mit einer Trennung oder Scheidung klarzukommen versuchten, müssten häufig beraten werden. "Da betreuen wir auch mal über mehrere Jahre. Allgemein wollen wir aber Hilfe zur Selbsthilfe geben", sagte Lorenz.

Kontakt: Die Beratungsstelle ist in der Poststraße 40, Telefon (0 63 32) 5 66 99 84 (Roland) und 5 66 99 85 (Eicher-Schwarz). E-Mail: erziehungsberatung@zweibruecken.de. Infos im Internet unter www.zweibruecken.de (virtuelles Rathaus, Jugendamt und Beratungsstelle anklicken). ek

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