Wenn das Spielen süchtig macht

Zweibrücken · Markus Carbon ist neuer Suchtberater der Diakonie in Zweibrücken und Pirmasens. Aktuell berät er 30 Betroffene.

 Bundesweit gibt es laut Suchtberater Markus Carbon 265 000 Glücksspielautomaten. Im Schnitt wird mit jedem Automaten ein Umsatz von 70 000 Euro gemacht – eine Goldgrube für die Betreiber. Denn letzten Endes gewinnt immer nur einer: der, der die Automaten aufstellt. Foto: Salome Kegler/dpa

Bundesweit gibt es laut Suchtberater Markus Carbon 265 000 Glücksspielautomaten. Im Schnitt wird mit jedem Automaten ein Umsatz von 70 000 Euro gemacht – eine Goldgrube für die Betreiber. Denn letzten Endes gewinnt immer nur einer: der, der die Automaten aufstellt. Foto: Salome Kegler/dpa

Foto: Salome Kegler/dpa

Beim Spielen am Automaten gewinnt letzten Endes nur einer - nämlich der, der den Automaten aufgestellt hat. Aber das ist den allermeisten Nutzern von Glücksspielautomaten nicht klar, weiß Markus Carbon. Der 38 Jahre alte Zweibrücker ist seit September 2016 neuer Suchtberater bei der Diakonie. Er ist für die beiden Häuser in Zweibrücken (Wallstraße 46) und Pirmasens (Waisenhausstraße 5) tätig. Dort ist er zuständig für die Beratung von Menschen, die entweder spielsüchtig oder computersüchtig sind.

Aktuell suchen rund 30 Betroffene Carbon auf, um mit ihm über ihre Sucht zu sprechen und von ihm Hilfestellung anzunehmen. Glücksspielautomaten seien Goldesel für die Betreiber, warnt Carbon.

"Es gibt bundesweit 265 000 Glücksspielautomaten. Im Schnitt wird mit jedem Automaten ein Umsatz von 70 000 Euro pro Jahr gemacht!" Eine gewaltige Summe. Kein Wunder, dass die Spielhallen bundesweit wie Pilze aus dem Boden schießen. Jüngst hat der Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz (Zef) zugestimmt, dass auf dem Gebiet am Flughafen ein Investor eine neue Spielhalle errichten darf (wir berichteten).

Carbon sieht das durchaus problematisch: "Es gibt eindeutige Studien, etwa aus der Schweiz, die belegen: Je mehr Spielhallen es gibt, desto mehr Glücksspielsüchtige gibt es." Der Zusammenhang sei folglich sehr eng. Auf der anderen Seite müsse man dem Gesetzgeber bescheinigen, dass er die Problematik der zahlreichen Spielhallen erkannt und gesetzliche Verschärfungen auf den Weg gebracht habe. So dürfen ab Juli in der Regel nur noch Konzessionen vergeben werden, die maximal zwölf Automaten in einer Spielhalle erlauben, es müsse ein Mindestabstand zu Kindergärten eingehalten werden, ebenso müssen Bankautomaten einen Mindestabstand haben (damit dem Süchtigen der Geldnachschub nicht zu einfach gemacht wird), nennt er einige Änderungen. Sicher, keine allzu einschneidenden Verschärfungen, aber immerhin: Der Gesetzgeber reagiere.

Das ist auch nötig, weiß Carbon, denn die vielen Schicksale, die er in seinen Beratungsstunden erlebt, sind bedrückend. Die Süchtigen würden zum Teil enorme Summen verzocken. "Der extremste Fall war ein Mann, der mehrere Hunderttausend Euro verspielt hat", erklärt Carbon. Die Betroffenen, die er berät, sind fast alles Männer. Zwischen Mitte 20 und Mitte 30 seien diese oft besonders anfällig für das Glücksspiel. Dazu zählt auch der Besuch von Bars, in denen Sportwetten abgeschlossen werden können. Dies sei aber nur ein Randaspekt - noch. Der Trend, Wettbars aufzusuchen, sei im Kommen. Bis dato gelte aber: "Glücksspielsucht - das ist zumeist die Sucht, am Automaten zu spielen", schildert Carbon seine Erfahrungen in der Diakonie. Es gebe auch illegale Pokerrunden im Landkreis Südwestpfalz, auch hier werde viel Geld verspielt, auch hier säßen Zocker am Tisch, denen zum Teil das Attribut "süchtig" bescheinigt werden müsse, merkt der 38-Jährige an.

Nicht immer suchen Menschen, die an Geldautomaten zocken wollen, übrigens Spielhallen auf, so Carbon. "Es verlagert sich immer mehr aufs Handy." Es gebe Programme, die aufgeladen werden könnten. Mittels Zahlungsportalen sorge der Handybesitzer dann für sein Spielgeld, mit dem er zocke.

Neben der Beratung von Glücksspielsüchtigen berät der Sozialarbeiter und Sozialpädagoge auch Menschen, die süchtig im Zusammenhang mit Computern sind - sei es die Sucht nach Computerspielen oder die Sucht, im Internet für extrem lange Zeiträume abzutauchen und sich dort mit Streamingdiensten zu beschäftigen oder Pornoseiten zu besuchen. "Aber diese Computersucht ist nicht so stark in unserer Gesellschaft existent, wie man aufgrund von Medienberichten glauben könnte", gibt Carbon zu bedenken. "Vieles ist gehypt", findet er. Es gebe diese Süchtigen durchaus, aber ihre Zahl werde überschätzt.

So sind denn auch von den rund 30 Betroffenen, die er aktuell in Einzelgesprächen berät, fünf computersüchtig, bei den anderen geht es ums Spielen.

Die Diakonie bietet Beratungen an zwei Standorten an: im Haus der Diakonie in Zweibrücken, Wallstraße 46, Telefon (0 63 32) 1 23 18 und im Haus der Diakonie in Pirmasens, Waisenhausstraße 5, Telefon (0 63 31) 22 36 40. Zuständiger Berater ist Markus Carbon. Jeder kann unverbindlich bei ihm anfragen, die Beratung ist kostenlos und anonym.

Zum Thema:

 Markus Carbon arbeitet als Suchtberater für die Diakonie. Foto: Schneck

Markus Carbon arbeitet als Suchtberater für die Diakonie. Foto: Schneck

Foto: Schneck

Der neue Berater für Glücksspielsüchtige Markus Carbon, neuer Berater für Glücksspielsucht und pathologischen PC-Gebrauch in der Südwestpfalz, ist 38 Jahre alt. Er studierte in Koblenz Soziale Arbeit und Sozialpädagogik und arbeitet seit September 2016 für die Diakonie in Zweibrücken und Pirmasens. Zuvor war diese Stelle neun Monate lang vakant. In dem Zeitraum wurde sie durch die weiteren Suchtberater der Diakonie sichergestellt. Neben der Beratung von Glücksspiel- und PC-Süchtigen wird dort unter anderem auch Drogenabhängigen geholfen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort