Wenn aus Wut Gewalt wird

Reykjavik · Neu im Kino: „Der Eid“ von Baltasar Kormákur. Der Thriller um einen Vater, der seine Tochter schützen will, überzeugt.

 Regisseur Baltasar Kormákur spielt auch die Hauptrolle, den isländischen Arzt Finnur. Foto: Alamode

Regisseur Baltasar Kormákur spielt auch die Hauptrolle, den isländischen Arzt Finnur. Foto: Alamode

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(dpa/red) Nach seinem opulenten Bergsteiger-Drama "Everest" nimmt Regisseur Baltasar Kormákur die Kinozuschauer erneut in die Natur mit - dieses Mal ins schneebedeckte Island. Die Landschaftsbilder sind außergewöhnlich, aber die Geschichte, die in dem Thriller erzählt wird, ist mindestens genauso packend: In "Der Eid" geht es um einen Herzchirurgen, der seine Tochter beschützen will.

Der isländische Regisseur stand für den Film nicht nur hinter der Kamera - er spielt auch die Rolle des Protagonisten Finnur. Der Arzt lebt in gut situierten und geordneten Verhältnissen. Er hat zwei Töchter und wohnt in einem modernen Haus. In der Klinik gilt er als Spezialist und ist anerkannt, in seiner Freizeit sucht er Ausgleich auf dem Rennrad - auch hier will er Perfektion. Finnur wirkt ruhig, besonnen und ausgeglichen. Doch seine immer loser werdende Beziehung zu seiner älteren Tochter Anna (Hera Hilmar), die schon volljährig und ausgezogen ist, belastet ihn zunehmend. Irgendwie kommt er an sie nicht mehr ran, findet keinen Draht.

Warum? Óttar (Gísli Örn Gardarsson) ist Drogendealer und übt eine enorme Anziehungskraft auf Anna aus. Die beiden sind seit Kurzem zusammen. Als die junge Frau ihrem Vater ihren neuen Lebenspartner vorstellt, ist der überhaupt nicht begeistert. Und Anna? Für sie gibt es nur noch ein Thema: Óttar, Óttar, Óttar.

Der Film besticht durch seine ruhigen Sequenzen, die schönen, kühlen Farben und eine sanfte Emotionalität, die sich im Zuhause von Finnur zeigt. Dem gegenüber steht die eiskalte Wut, die der Arzt auf den neuen Freund von Anna hat. Denn als klar ist, dass Óttar nicht einfach so wieder aus Annas verschwinden wird, will Finnur nachhelfen. Er droht dem Drogendealer damit, zur Polizei zu gehen und seine Geschäfte auffliegen zu lassen. Doch der lässt sich nicht einschüchtern und geht in die Offensive.

Hier nimmt der spannende Thriller, der geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers spielt, Fahrt auf: Ein Kräftemessen zwischen den beiden Männern beginnt. Der Verlauf ist nicht vorhersehbar, immer wieder schlägt das Pendel zur einen, dann wieder zur anderen Seite aus. Die beiden Männer begeben sich in eine Abwärtsspirale - und irgendwann traut man beiden fast alles zu.

Der Filmtitel "Der Eid" spielt auf Finnurs Berufszunft an. Zu Filmbeginn werden denn auch Zitate des Eides des Hippokrates eingeblendet, die sich um die ärztliche Ethik drehen. Klar, dass die Zuschauer sich fragen: Wird dieser Eid hier gebrochen?

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