Weihnachtsvorlesung am Campus Zweibrücken Mit Wissenschaft gegen wilde Theorien

Zweibrücken · Die diesjährige Star-Trek-Vorlesung stand ganz im Zeichen der Pandemie. Aus einem Büro an der Hochschule heraus sprachen Hubert Zitt und Markus Groß über Corona-Leugner und absurde Theorien.

 Markus Groß und Hubert Zitt (von links) übertrugen die diesjährige Star-Trek-Vorlesung aus einem Büro an der Zweibrücker Hochschule live ins Internet.

Markus Groß und Hubert Zitt (von links) übertrugen die diesjährige Star-Trek-Vorlesung aus einem Büro an der Zweibrücker Hochschule live ins Internet.

Foto: Susanne Lilischkis

Das Motto „The Trouble with Humans“, zu deutsch etwa „Das Problem mit den Menschen“ stellte sich als hochaktuelles Thema der diesjährigen Star-Trek-Vorlesung heraus. Sie fand nicht im vollbesetzten Audimax statt, stattdessen wurde sie per Livestream ins heimische Wohnzimmer übertragen. Die Kult-Veranstaltung konnte im Internet abgerufen werden und sie wurde vom Offenen Kanal gesendet. Alleine im Netz fanden sich mehr als 1800 Interessenten zusammen, die das Event verfolgen wollten.

Dass hier eingefleischte Fans vor dem Bildschirm saßen, wurde an den Chat-Kommentaren deutlich. Sie ergänzten die Veranstaltung und lieferten den beiden Referenten, Hubert Zitt und Markus Groß, Rückmeldungen aus dem Publikum. „Wir schauen mit Wehmut zurück auf pandemiefreie Zeiten“, begann Hubert Zitt seinen Vortrag. Zu den Menschheitsproblemen, wie der gestiegene CO2-Ausstoß, Plastik im Meer und Terror seien jetzt noch Verschwörungstheorien hinzugekommen.

Im ersten Teil seines Vortrages stellte er die Frage: Was tun die Politiker? Und spielte das passende Zitat aus einem Star-Trek-Film ein, wo es heißt: „Dieser Präsident steht nicht über den Gesetzen.“ In der Geschichte habe es immer Rebellen gegeben, in der jüngeren Zeit seien das Hippies, Friedensaktivisten und Umweltschützer gewesen. Hier müsse die Politik verschiedene Interessen abwägen – den Friedenswillen der Bevölkerung gegen eine Bedrohung mit Nuklearwaffen abwägen oder Umweltschutzbestrebungen gegen eine Infrastruktur, die fast ausschließlich auf Kohle und Benzin aufgebaut sei.

Schnell kam Zitt zu einer neuzeitlichen Protestbewegung, den Corona-Leugnern und Querdenkern. Hier sollten sich die Politiker an der Wissenschaft orientieren, war sein fast flehentlicher Appell: „Meine Devise ist: Nachdenken statt Querdenken.“

Wie schnell Verschwörungsmythen entstehen können, zeigte der Referent an einem Gedankenspiel. Er fragte das Publikum, wer glaube, dass nicht verkaufte Schokoladenweihnachtsmänner nach dem Fest von den Herstellern ausgepackt und als Osterhasen neu in die Läden gebracht würden. Einige Zuschauer hielten das für eine plausible Idee. „Das erlaubt das deutsche Lebensmittelrecht nicht“, informierte Hubert Zitt, „außerdem wäre das etwa vier Mal so teuer wie neue Schokohasen herzustellen.“

In der Folge stellte er einige besonders absurde Verschwörungsmythen vor, wie der Glaube an eine flache Erde, wilde Vermutungen über die Bedeutung von Kondensstreifen am Himmel – sogenannte Chemtrails, oder die QAnon-Bewegung.

Eine Ursache für die Verbreitung vollkommen absurder Ideen sieht Zitt im Videoportal Youtube: „Jeder kann dort jeden beliebigen Müll hochladen.“ Wobei er eingestehen musste, dass Lügen oft die besseren Geschichten abgäben, denn sie würden die Emotionen ansprechen. Menschen, die solche Verschwörungserzählungen glaubten, würden den Realitätsbezug verlieren. Vereinsamung, Jobverlust und sogar Abhängigkeit sieht er als Folge. Als Wissenschaftler empfiehlt er die Verschwörungsmythen genau auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Dabei helfe ein Prinzip aus der Wissenschaftstheorie, genannt „Ockhams Rasiermesser“. „Die einfachste Theorie ist die beste. Sie liefert den logischen Zusammenhang. Man sollte selber denken und sich überlegen, wer von der Verschwörungserzählung profitiert“, war Zitts Fazit.

Auch Markus Groß war besorgt über den Realitätsverlust mancher Zeitgenossen. Zwei Verteidiger der Flache-Erde-Theorie hätten es kürzlich geschafft, sich in seine Online-Vorlesung zu schmuggeln. Die Medien sieht Groß nicht ganz unschuldig an den zugespitzten Diskussionen um die Wahrheit. „Früher gab es im Fernsehen ein breites politisches Spektrum, ganz linke Positionen und solche weit am rechten Rand hatten ihren Sendeplatz.“ Heute gebe es die sogenannte „Cancel Culture“, die umstrittene Redner ausgrenze. „Man muss auch kontroverse Dinge in der Öffentlichkeit diskutieren können“, lautete seine Forderung.

Natürlich durften bei der Star-Trek-Vorlesung die Gäste nicht fehlen. Wie jedes Jahr meldete sich Klingonisch-Lehrer Lieven Litaer aus Saarbrücken zu Wort. Er berichtete von seinem neuen Übersetzungsprojekt. Diesmal soll Heiner Müllers Theaterstück „Die Hamlet-Maschine“ in die klingonische Sprache übersetzt werden. Im Chat kam derweil die Forderung auf, Klingonisch als weitere Amtssprache im Saarland einzuführen. „Saarländisch hört sich doch sowieso schon wie Klingonisch an“, bemerkte ein anderer User. „Die Verbreitung von Fake News wäre bei Klingonen verpönt, denn das wäre ein ehrloses Verhalten“, war sich Lieven Litaer sicher.

Ein weiterer Gast war Benjamin Kiehn, Initiator der Fark in Landsweiler-Reden. Die Fantasy-Messe verzeichnete im Jahr 2019 über 55 000 Besucher. Für 2021 ist er vorsichtig optimistisch, eine Neuauflage planen zu können.

Auch die Fed-Con, laut Veranstalter die größte Star-Trek- und Science-Fiction-Veranstaltung Deutschlands, leidet unter der Corona-Pandemie. Zusammen mit Initiator Dirk Bartholomä und Firmenchef Gerhard Raible schwelgten Hubert Zitt und sein Publikum in Erinnerungen an große Momente, als sie die Stars von Star Trek treffen und sich mit Gleichgesinnten austauschen konnten.

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