Nach zahlreichen Anschlägen So wollen Sparkassen-Chefs Geldautomatensprengern das Handwerk legen

Zweibrücken · Nach Geldautomaten-Sprengungen hat die Sparkasse Südwestpfalz die Reißleine gezogen: Viele Geldausgabestellen wurden stillgelegt, andere sind nur tagsüber zu nutzen. Warum dieses Vorgehen alternativlos ist.

Der Sparkassenstandort am Schlossplatz in Zweibrücken wird aktuell verstärkt kontrolliert.

Der Sparkassenstandort am Schlossplatz in Zweibrücken wird aktuell verstärkt kontrolliert.

Foto: Mathias Schneck

Bruchweiler, Fischbach, Hornbach, Zweibrücken-Bubenhausen: Was haben diese vier Orte in der Südwestpflalz (Rheinland-Pfalz) gemeinsam? Sie waren in den vergangenen Wochen Schauplatz von Geldautomaten-Sprengungen – betroffen war immer auch die Sparkasse Südwestpfalz.

Weniger Geldautomaten in der Region

Nach der jüngsten Explosion samt Bargeldraub in Bubenhausen reagierte das Kreditinstitut schnell und rigoros: Aus allen Geldautomaten in SB-Stellen ohne Personal wurde das Bargeld entfernt, in Filialen mit Personal steht nur Geld zur Verfügung, wenn die Mitarbeiter vor Ort sind.

Peter Kuntz ist Vorstandvorsitzender der Sparkasse Südwestpfalz.

Peter Kuntz ist Vorstandvorsitzender der Sparkasse Südwestpfalz.

Foto: Elisabeth Heil

Nur an drei Standorten gibt es eine Ausnahme: In Zweibrücken am Schlossplatz, in Pirmasens in der Bahnhofstraße und in der Marienstraße gibt es Bargeld tagsüber und abends bis 23 Uhr – auch weil diese Standorte in der Nähe von Polizeiwachen liegen und verstärkt kontrolliert werden.

Geldinstitute rüsten bundesweit auf

Diese einschneidenden Sofortmaßnahmen haben auch zu verärgerten Kundenreaktionen geführt, gesteht Kuntz ein, inzwischen hat die Sparkasse die Automatenverfügbarkeit schon wieder etwas gelockert. Die aktuell geltenden Einschränkungen aber bleiben vorerst, bis bessere Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt sind.

Wie lange dieser Zustand dauert, weiß auch der Vorstandsvorsitzende nicht, denn die Sparkasse ist bei der Umsetzung auch abhängig von Lieferanten und Dienstleistern. „Es gibt einfach Lieferengpässe“, erklärt Jochen Koch, Leiter der internen Dienste des Kreditinstituts, denn alle Banken in Deutschland rüsten aktuell auf – angesichts der deutlich zunehmenden Geldautomaten-Sprengungen wundert das niemanden.

So viele Geldautomate gibt es zurzeit in Deutschland

56 000 Geldautomaten gibt es in Deutschland, davon werden 23 000 Automaten von Sparkassen betrieben – die Sparkasse Südwestpfalz selbst besitzt 56 Geldautomaten.

Schon bislang habe die Sparkasse Südwestpfalz hohe Sicherheitsstandards gehabt, betont Koch. „Wir haben seit einigen Jahren die Sicherheits- und Alarmtechnik ausgebaut“, geht er ins Detail, „und uns mit Themen wie Raumüberwachung beschäftigt, was andere Banken in Deutschland kaum interessiert hat.“

Farbe soll Geldscheine nach einer Explosion wertlos machen

Und dennoch reicht das bisherige Engagement nicht, wie die jüngsten Automatensprengungen gezeigt haben, daher muss aufgerüstet werden. Etwa mit Farbpatronen, die das Geld bei einer Sprengung unbrauchbar machen, so Koch: „Nur, die Farbpatronen will nun jede Bank, daher kommen die Hersteller nicht mit der Lieferung nach.“ Andere Systeme sind noch nicht so weit, etwa ein Modell zum Zusammenkleben des Bargelds in den Automaten, das in Deutschland noch nicht zertifiziert ist, oder sie sind schon wieder in der Diskussion, wie die Vernebelung der Automatenstandorte. Da gibt es eine Diskussion um Gesundheitsschäden – und die ersten Automatensprenger haben schon Gegenmittel gefunden.

Die Sparkasse Südwestpfalz investiert Zeit, Arbeit und Geld aber auch in das Alarmsystem und den Automatenschutz: Bei der Alarmierung geht es darum, das Zeitfenster für die Straftäter immer kleiner werden zu lassen, damit sie – schlicht gesagt – keine Zeit mehr haben für Sprengung und Geldabtransport, bevor die Polizei kommt.

Zusätzliche Alarmmechanismen

Zu den Einbruch- und Überfallmeldeanlagen, die seit Jahren Standard sind, installiert die Sparkasse momentan auch eine Türalarm: Wenn nachts die verschlossenen Türen mit Gewalt geöffnet werden, legt er schon los, noch bevor die Täter am Automaten sind. Der Alarm kommt bei einem Dienstleister an, der Polizei und Sparkasse informiert. Im Gegensatz zur bisherigen stillen Alarmierung macht dieser Türalarm auch richtig Lärm. Obwohl er schon an den Standorten der jüngsten Sprengungen in der Südwestpfalz installiert war, hat es die Straftäter nicht abgehalten.

Was aber schon erste Früchte getragen hat, betont Kuntz, ist die Verkleinerung des Zeitfensters: „Bei den letzten beiden Fällen haben wir noch Bargeld in größerem Umfang gefunden. Was bedeutet: Die Täter hatten zu wenig Zeit, um den gesamten Geldvorrat mitzunehmen.“

Weitere Absicherungen an den Geldautomaten selbst

Vor diesem Hintergrund muss auch der Versuch der Automatensprenger im Bubenhausen-Fall gesehen werden, in Zweibrücken die Polizei einzusperren, um Zeit zu gewinnen. Was übrigens nicht funktioniert hat, denn die Polizei war gerade bei dieser Straftat schon relativ nah dran an den Tätern, ergänzt der Vorstandsvorsitzende. Der auch betont, dass das weitergehende Sicherheitskonzept gemeinsam mit der Polizei entwickelt wird.

Verbessert wird auch der Automatenschutz – und in dieser Hinsicht ist die Sparkasse Südwestpfalz selbst aktiv geworden. Sie beseitigt im Alleingang eine Schwachstelle der Geldautomaten ihres Lieferanten Keba. Weil die Geldautomatensprenger den Sprengstoff an der Stelle in den Automaten einführen, an dem die Kabel hineinführen, erklärt der Vorstandsvorsitzende, wird diese Stelle nun mit Metallabdeckungen besonders gesichert. Der Automatenproduzent interessiert sich inzwischen selbst für die südwestpfälzischen Zusatzsicherungen.

So teuer ist die Versorgung der Kunden mit Bargeld

So lange die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nicht installiert sind, muss die Sparkasse improvisieren, um die Einschränkungen durch die Automatenstilllegungen abzufedern. Was neue Probleme hervorruft – und gewaltige Kosten: Für die zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen und den vorübergehenden Zusatzaufwand für die Bargeldversorgung sind schon Kosten von 400 000 Euro aufgelaufen.

Was dem Sparkassen-Vorstand aber auch Sorgen macht: Die Belastung und Gefahren für die Mitarbeiter, die jetzt wieder täglich selbst die Geldautomaten füllen müssen in den Geschäftsstellen. „Da geht auch zu Lasten unserer Mitarbeiter: Jahrelang haben wir geschaut, dass wir das Bargeld wegziehen von ihnen“, erklärt Kuntz, „jetzt müssen sie wieder damit umgehen, mit allen Gefahren, die drohen.“

Kunden müssen weiter mit Einschränkungen rechnen

Der Vorstandsvorsitzende betont, dass die aktuelle Situation rund um Geldautomaten und Bargeldversorgung kein Dauerzustand wird. „Es wurde auch schon besorgt gefragt, ob wir jetzt Standort schließen. Das ist aber nicht der Fall“, bekräftigt er, dass möglichst schnell wieder Normalität einkehren soll.

Bis dahin gelten die Einschränkungen an den Automatenstandorten – und zwei Zusatzmaßnahmen: Die fahrbare Geschäftsstelle fährt acht komplett stillgelegte Automatenstandorte an, was sich in den ersten Tagen schon bewährt hat. Der Zuspruch von Kunden ist höher als während des bisherigen Fahrplans. Und für Kunden, deren Mobilität eingeschränkt ist, wird sogar Bargeld nach Hause geliefert – auch dieser Service wurde schon in Anspruch genommen.

Nicht nur der Sachschaden bei Sprengungen ist eine Gefahr

Die Kritik von Kunden quer durch die Südwestpfalz versteht der Vorstandsvorsitzende, der aber auch deutlich macht, dass ihm keine andere Wahl als diese Einschnitte geblieben ist. Und da stehe der bislang entstandene Schaden von 400 000 Euro an Gebäuden, 200 000 Euro an den Geräten und einer nicht bezifferten Bargeldsumme nicht im Vordergrund, sondern die Gefahr für Menschenleben.

Denn an vielen Automatenstandorten wohnten auch Menschen in den Gebäuden, deren Leben durch die Sprengungen mit Festsprengstoffen massiv bedroht ist. Gleichzeitig habe aber auch die Versicherung die Sparkasse gedrängt, rasch und scharf zu reagieren, ergänz Kuntz, nachdem sie die Sprengungen und Schäden gehäuft haben.

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