Warnsignale frühzeitig erkennen

Zweibrücken · 30 Meldungen zur „Kindeswohlgefährdung“ hat das Jugendamt dieses Jahr verzeichnet, in sieben Fällen war die Situation recht ernst, schildert Behördenleiter Markus Wilhelm im Gespräch mit unserer Zeitung. Es gibt aber auch eine positive Entwicklung: Bislang war erst eine Inobhutnahme erforderlich.

Eine gemischte Bilanz zieht Jugendamtsleiter Markus Wilhelm in Sachen Kindeswohl in Zweibrücken . Zwar gab es in der Rosenstadt dieses Jahr erst eine sogenannte "Inobhutnahme" eines Kindes - dafür lagen bislang 30 Meldungen über "Kindeswohlgefährdungen" vor. Dies bilanziert Wilhelm im Gespräch mit unserer Zeitung. Gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Petra Buchmann, Leiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Behörde und eine von vier Bezirks-Sozialarbeiterinnen, blickt er auf die vergangenen Monate zurück.

Grundsätzlich sind Wilhelm und Buchmann froh, dass die Zahl der Inobhutnahmen tendenziell nach unten geht.

"2011 hatten wir vier solche Fälle, 2012 fünf, letztes Jahr dann noch zwei und dieses Jahr bislang erst einen", erklärt Buchmann.

Das Statistische Landesamt in Bad Ems hatte vor Kurzem bekannt gegeben, dass landesweit die Zahl der Inobutnahmen seit 2009 kontinuierlich ansteigt. Worin sieht das Zweibrücker Jugendamt den Grund, dass in der Rosenstadt die Entwicklung gegenläufig ist?

"Ein Grund könnte sein, dass wir frühzeitig auf die Eltern zugehen, wenn wir selbst merken oder einen entsprechenden Hinweis bekommen, dass es Probleme gibt", sagt Bezirks-Sozialarbeiterin Buchmann. Das Jugendamt ist nicht nur auf solche Fingerzeige, beispielsweise von Nachbarn, angewiesen. Zum Teil würden sich betroffene Jugendliche selbst bei seiner Behörde melden", erklärt Amtsleiter Wilhelm. Die Gefahr von Denunziation, etwa dass Leute ihrem Nachbar eins auswischen wollten, sei gering, meist müsse man die Hinweise ernst nehmen.

Meldungen bezüglich einer möglichen "Kindeswohlgefährdung" hat das Jugendamt dieses Jahr bislang 30 mal verzeichnet. "In sechs dieser Fälle stellte sich heraus, dass tatsächlich eine latente Gefahr für das Wohl eines Kindes vorlag. In einem Fall lag sogar eine ganz konkrete Gefahr vor. Und in einem Fall war es so, dass ein Jugendlicher selbst zu uns und Hilfe suchte", berichtet Wilhelm.

Was sind die Gründe, dass es in der Erziehung der Kinder derart aus dem Ruder laufen kann, dass das Jugendamt einschreiten muss? Wilhelm und Buchmann beobachten schon seit vielen Jahren dieselben fatalen Geschehnisse: Scheidung oder Verlust des Arbeitsplatzes, daraus resultiert dann ein Suchtverhalten. Wenn man dann noch in einer viel zu kleinen Wohnung lebe, es extrem beengt sei, könne es schnell ernst werden. Überforderte Eltern - das gebe es beileibe nicht nur bei den vermeintlichen Randgruppen, betont Wilhelm.

Um schon früh Fehlentwicklungen vorzubeugen, bietet das Jugendamt kostenlose Hilfestellungen an. So gebe es etwa eine "Hebamme zum Buchen", diese helfe werdenden oder jungen Eltern und gebe ihnen ganz praktische Tipps in der Erziehung, auch für sogenannte "Schreikinder" gebe es besondere Beratungen, nennt Buchmann zwei Beispiele.

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HintergrundEine Inobhutnahme ist das äußerste Mittel, zu dem ein Jugendamt greifen kann. Das Kind wird - gegen den Willen der Eltern - aus der elterlichen Wohnung herausgenommen und zu Erziehern oder Heimen in Obhut gegeben. Das Jugendamt in Zweibrücken nutzt dazu zwei Jugendhilfe-Einrichtungen in Pirmasens. Das Familiengericht muss einer Inobhutnahme zustimmen. Die Gründe hierfür können in der Alkohol- oder sonstigen Sucht der Eltern liegen, in einer vermüllten, verwahrlosten Wohnung oder im schlimmsten Fall, wenn das Kind misshandelt wird. eck

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