Vortrag der Gesellschaft für Sicherheitspolitik Wohin entwickelt sich China?

Zweibrücken · In der Versöhnungskirche gab es fundierte Analysen zum Reich der Mitte.

Professor Gunther Schmid referierte  über die aktuelle chinesische Außenpolitik und die Werkzeuge weltweiter Einflussnahme, politisch wie wirtschaftlich. Mit „China als globale Supermacht oder regionaler Hegemon? Ziele, Instrumente und Perspektiven chinesischer Außenpolitik in der 1. Hälfte des 21. Jahrhunderts“ bot Schmid in der Versöhnungskirche in über 90 Minuten eine kompakte wie auch en Detail erstaunliche Analyse des großen Reiches der Mitte.

Für die letzten 50 Jahre beschrieb der Experte grundsätzlich fünf verschiedene Szenarien für Chinas Entwicklungen: China etabliert sich als globale Supermacht oder Chinas System scheitert und die KP zerfällt damit. Die dritte Lesart beruft sich auf eine engere multilaterale Einbindung der Nation, formuliert in der Maxime „Wandel durch Handel mit dem Westen“. Die vierte Lesart bildet die Idee einer schleichenden Demokratisierung, was Schmid insgesamt am unwahrscheinlichsten findet. Die letzte Sicht auf China als Staat und Akteur beschreibt ein Szenario lediglich kleinerer interner Systemkorrekturen und die Option, dass das Land unberechenbarer wird.

Als Exportweltmeister seit 2016 und viertgrößte Nuklearmacht der Welt sei das große Reich der Mitte ein potenter wie auch gewichtiger Sparringspartner für den Westen und seine Verbündeten. Welche Interessen verfolgt die Volksrepublik? Was davon werden außenpolitische Ziele? Und welche Mittel wendet China dafür an? Das Verhältnis dieser drei wesentlichen Fragen ist entscheidend für außen- wie auch geopolitische Perspektiven.

Schmid verwies in seiner Antwort auf diese Fragen auf die Kreativität und Schonungslosigkeit eines Staatssystems, das im Kern anderen Mustern folgt als unsere westlichen. Das Hauptziel sei weiterhin die  Sicherung des Machtmonopols der KP und des Herrschaftssystems. Als Mittel dafür strebe die KP nach einer kompletten Kontrolle des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft mit den Mitteln moderner IT.

Als weiteren wichtigen Aspekt benannte Schmid Chinas strategische Einflussnahme im internationalen Ordnungsgefüge. Mit dem Ziel einer Ergänzung bestehender Herrschaftszonen durch Gründung eigener Institutionen wie einer chinesischen „Weltbank“ in Shanghai, der chinesischen Ratingagentur und eines eigenständigen Afrikagipfels unter chinesischer Ägide. Schmid zeichnete präzise Chinas sublime Einflussnahme auf europäische und deutsche Außenpolitik nach. Das aus deutscher Sicht bedenklichste ist sicherlich die Kampagne „Made in China 2025“ mit einer invasiven Industriepolitik. „China kauft gezielt hidden champions auf, auch in Deutschland“. Dieser Ankauf mittelständischer Industrieunternehmen, die in ihrem Markt stille Weltmarktführer sind, sei eine problematische Form von euphemistischer benannter „peaceful integration“.

Kann der Westen also einpacken und die Hegemonie Chinas nur noch still akzeptieren? Die Probleme des Landes sprechen dazu eine ganz andere Sprache: Das bestehende Schattenbanksystem und eine extreme Gesamtverschuldung bei 328 Prozent des Bruttoinlands-Produktes. Krasse ökologische Probleme und eine übergroße soziale Schere zwischen Arm und Reich zeichnen ein ganz anderes Bild. „Nach absoluten Zahlen des BIP wird China die USA in fünf Jahren überholen, aber in wahrer Hinsicht ist der Westen attraktiver. Keiner kann heute sagen, wo China in zehn Jahren steht und ob sich China wirklich als potenter Akteur etablieren und behaupten kann!“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort