Historischer Verein Exotische Menschen als Zierde des Herzogs

Zweibrücken · Was hat es mit den fremdländischen Völkern auf sich, die im Park von Schloss Karlsberg gelebt haben sollen? Diesem Mythos ging Jutta Schwan in ihrem Vortrag beim Historischen Verein Zweibrücken auf den Grund.

 Jutta Schwan berichtete über die fremdländischen Diener des Herzogs Karl II. August.

Jutta Schwan berichtete über die fremdländischen Diener des Herzogs Karl II. August.

Foto: Susanne Lilischkis

Jutta Schwan, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kreisverwaltung Homburg und eine ausgewiesene Expertin, was das Schloss Karlsberg anbelangt, war beim Historischen Verein Zweibrücken zu Gast. Ursprünglich hatte die Kunsthistorikerin ihrem Vortrag den Titel „Ein Mohr und Bedienter auf Schloss Karlsberg“ geben wollen, doch die Verwendung des Wortes „Mohr“ sei politisch unkorrekt. Und so sprach sie über „Menschen aller Himmelsstriche am Hof von Schloss Karlsberg“.

Über den Karlsberg, der im Zuge der französischen Revolution fast vollständig zerstört wurde, werden viele Geschichten erzählt. Eine geht so: In dem weitläufigen Schlosspark leben Menschen verschiedener Völker in fremdländischen Häusern, zusammen mit unbekannten Tieren und nie gesehenen Pflanzen ihrer jeweiligen Heimatländer. Der Theologe und Schriftsteller Samuel Wagener schrieb damals: „Ganze Menschenfamilien aus den verschiedensten Weltgegenden wohnten im Schloss.“ Allerdings hat Wagener den Karlsberg niemals persönlich besucht.

Der Schlossgarten war für die Bevölkerung nicht zugänglich. Ausnahmen bildeten zwei Feste, bei denen die Menschen aus der Region die Wunder des Parks bestaunen konnten. Im Hof der Orangerie fand ein Jahrmarkt statt, bei dem lebende exotische Vögel gezeigt wurden und die Tiere der Karlslust wie Löwen, Wölfe und Dromedare.

Fremdländische Diener des Herzogs, viele mit schwarzer Hautfarbe und exotisch herausgeputzt, hatten die Aufgabe, die Tiere einem staunenden Publikum zu präsentieren. Die Tiersammlung, die im weiten Umkreis ihresgleichen suchte, diente dem Prestige des Herzogs Karl II. August.

Eindruck schinden konnte man auch mit fremdländischen Bediensteten. Zur Zeit des Absolutismus kam es in Mode, sich einen „Mohren“ zuzulegen – als Diener und Begleiter. Davon zeugen zahlreiche Gemälde von Adligen, die sich mit ihren farbigen Dienern abbilden ließen. Darin spiegelte sich die Vorliebe für alles Exotische wider. Die Herrscher verzierten ihre Gärten mit fremdländischen Gebäuden wie chinesische Pavillons oder türkische Zelte, sie konsumierten Kaffee, Tee oder Tabak. Die passenden exotischen Menschen waren oft Mitbringsel einer Grand Tour der jungen Adligen, sie wurden verschenkt oder gekauft.

„Sklaven waren die fremdländischen Menschen auf Schloss Karlsberg nicht“, wie Jutta Schwan betonte. „Sie arbeiteten als Kammerdiener, Musiker oder Kutscher und sie bekamen einen angemessenen Lohn.“ Mancher brachte es zu hohen Ehren bei Hofe, wie der bekannte Angelo Soliman, ein afroösterreichischer Kammerdiener, Prinzenerzieher von Erbprinz Alois I. von Liechtenstein und Freimaurer. Er erlangte im Wien des 18. Jahrhunderts zu Lebzeiten Berühmtheit. So hoch angesehen er auch war – es schützte ihn nicht nach seinem Tod. Sein Körper wurde ausgestopft und als „Wilder“ zur Schau gestellt.

Die Besoldungslisten von Schloss Karlsberg vermerkten die „Mohren“, ebenso wie die Homburger Kirchenbücher. Dort sind sie als „atyop“ eingetragen – wohl in Anlehnung an das griechische Wort „Aithiops“, das „Brandgesicht“ bedeutet, und mit dem dunkelhäutige Menschen bezeichnet wurden.

Die „Mohren“ von Schloss Karlsberg scheinen hoch angesehen gewesen zu sein, denn Herzog Karl II. August übernahm bei einigen die Patenschaften für die Kinder. Einerseits eine Auszeichnung, die mit einem wertvollen Geschenk belohnt wurde. Andererseits ging damit eine Einschränkung einher, was die Namenswahl des Nachwuchses betrifft. Die Jungen hatten Karl August zu heißen, Mädchen wurde der Name Karoline Augusta gegeben.

„Die Patenschaften waren eine Liebhaberei des Herzogs“, erklärte Jutta Schwan, „zu seinen Zeiten gab es viele Karls und Karolines“.

Die Forschungen von Jutta Schwan zu den fremdländischen Bediensteten auf Schloss Karlsberg können Interessierte auch in den Saarpfalz-Blättern für Geschichte und Volkskunde, Heft 2016/4, nachlesen, die in der Zweibrücker Bibliotheca Bipontina, Bleicherstraße 3, ausgeliehen werden können.

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