Von „Tittenfischen“ und dem Ehrenbürger Kurt Pyromanen

Manchmal haben die Redakteure mehr zu lachen als die Leser: Wenn nämlich Stilblüten durch aufmerksames Korrekturlesen rechtzeitig vor dem Druck entfernt werden. Damit auch die Leser etwas von diesen Stilblüten haben, hier eine Auswahl der schönsten Exemplare.

Eine wundersame Wiederbelebung eines offenbar vielherzigen Weltstars hat sich kürzlich in der (ansonsten ja leider wenig belebten) Zweibrücker Festhalle zugetragen: "Knapp zweieinhalb Stunden schlugen gestern Abend nicht nur die Herzen des 2009 verstorbenen Popidols Michael Jackson höher." Da sich hierfür keine zweite Quelle recherchieren ließ, fiel dieser Satz des Reporters über die Jackson-Tribute-Show dem Schlussredakteur zum Opfer.

Auch laut einem Polizeibericht ist anatomisch Merkwürdiges geschehen: Ein Mann schlug einem anderen "mit einem mit Essen gefüllten Kochtopf auf den Kopf. Dieser wurde dadurch so schwer verletzt, das er in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste." Grammatikalisch und damit auch inhaltlich etwas verdreht auch folgende Überschrift: "SVN setzt Fanbus gegen Waldhof Mannheim ein". Ein böses Ende sollen Vandalen in Bechhofen genommen haben: Laut Berichterstatter hatten sie "auf dem Platz gewütet und sich am Stand der CDU zerstört".

Nicht nur in Sotschi hat sich die Weltpolitik in den Sport eingemischt - sowas kommt auch schon mal beim Merkur-Sport vor. Da hatte ein Mitarbeiter bei einem Tennisbericht wohl an die Teaparty-Bewegung in den USA gedacht - jedenfalls schrieb er von einem "Teabreak", wo es eigentlich um einen Tiebreak ging. Gerade bei Sport übrigens ist es wichtig, dass der Mensch und nicht der Computer letzte Korrektur-Instanz ist: Unser Korrekturprogramm jedenfalls schlägt vor, statt "abstiegsgefährdet" doch lieber "abstinenzgefährdet" zu schreiben. Dank des Korrekturprogramms wurde Kurt Pirmann auch schon zwei Mal zum Feuerteufel - was aber zum Glück rechtzeitig auffiel. Denn insbesondere die Überschrift "Kurt Pyromanen zum Ehrenbürger ernannt" wäre peinlich gewesen.
Vierjähriger Rentner

Wobei auf den Mensch auch nicht immer Verlass ist. Dass Redakteure nicht rechnen können, ist ja ein weit verbreitetes Vorurteil. Aber immerhin verrechnen wir uns auch mal zu unseren eigenen Ungunsten - und feiern in einer Überschrift den "30. Geburtstag" des 300-jährigen Merkurs. Das fiel immerhin vor dem Druck auf - im Gegensatz "Der vierjährige Prinz Charles ist immer noch Kronprinz, obwohl er dieses Jahr eigentlich das bürgerliche Rentenalter erreicht."

Manchmal aber ist es fast schon schade, wenn Fehler auffallen: "Feuerwehrkskörper" etwa verdeutlicht doch treffend die Gefahren von Feuerwerk. Gar nicht dagegen geht das Wort "Annahme-Rücktrag" - wobei der Redakteur dann doch etwas grübeln musste, bis er die Puzzleteile richtig zu "Antrags-Rücknahme" umgelegt hatte. Nochmal zurück zur Feuerwehr. Da war im Manuskript unseres Mitarbeiters von einer "Verpuffung" die Rede. Und zwar "im Stundenwohnheim auf dem Kreuzberg".

Im Vorspann eines Artikels über den bei Terex geplanten Stellenabbau stand: "200 Mitarbeiter verlieren in den kommenden Monaten ihren Job. Die Gewerkschaft sieht das als Folge des eigenen Missmanagements." Dass die Gewerkschaft sich selbst die Schuld an der Misere gibt, gab der Text darunter allerdings nicht her.
Beleibte Dame

"Süß, hübsch, beleibt und äußerst nett" sei ein Mädchen, das der Merkur in der Serie "300 Jahre - 300 Köpfe" vorgestellt hat. Eines dieser Wörter hat der Redakteur sich getraut, ohne Rücksprache mit dem Autor zu ändern.

Wie kann man Kunden der Style Outlets in die Zweibrücker Innenstadt locken? In einem Text war von "Busen, Fahrrädern und vielem mehr" die Rede. Sex sells? Nein, der Schlussredakteur wagte es, ohne weitere Recherche ein "s" einzufügen. Zu viel dagegen stand in folgendem "weißen Schimmel", wie Journalisten überflüssige Dopplungen nennen: "lang anhaltender Dauerregen".

In Pressemitteilungen ist der Schmunzelwert manchmal größer als der Informationswert. Bei der Meldung einer Rasenfirma ging das schon in der Anrede an die Redaktion los: "Sehr geehrte Damen und Herren Görtz".

Eine häufige Aufgabe beim Redigieren ist auch, umständliche oder bürokratische Formulierungen in leichter verständlicheres Deutsch zu übersetzen. So haben wir statt "großvolumige Transportfahrzeuge der Landwirte und motorisierte Verkehrsteilnehmer in Personenwagen" lieber "große Landmaschinen und Autofahrer" geschrieben.
Zu sehr eingetaucht

 Tag für Tag steht auf der ersten Merkur-Seite oben ein sogenannter „Freisteller“. Dieses Porträtbild eines Menschen in der Themenankündigungs-Leiste ragt immer etwas in die rote Titelzeile „Pfälzischer Merkur“ hinein. Gottlob rechzeitig vor dem Druck bemerkt hat ein Redakteur, dass in diesem Fall die Kombination einen teuflischen Effekt gehabt hätte. Foto: jam

Tag für Tag steht auf der ersten Merkur-Seite oben ein sogenannter „Freisteller“. Dieses Porträtbild eines Menschen in der Themenankündigungs-Leiste ragt immer etwas in die rote Titelzeile „Pfälzischer Merkur“ hinein. Gottlob rechzeitig vor dem Druck bemerkt hat ein Redakteur, dass in diesem Fall die Kombination einen teuflischen Effekt gehabt hätte. Foto: jam

Foto: jam

Klare Meinungen in Kommentaren sind beim Merkur erwünscht. Der Redakteur, der eine Hymne auf den nach 35 Jahren die Zweibrücker Kommunalpolitik verlassenden Jürgen Kroh sang, litt aber offensichtlich an Überidentifikation - schrieb er doch auch in der Autorenzeile Jürgen Kroh. Immerhin bemerkte er die Verwechslung schnell.

In nachrichtlichen Berichten dagegen haben Meinungen des Autors nichts zu suchen. Wenn also Schülerinnen in einer Strick-AG ein buntes Monster basteln, fällt folgende Mutmaßung beim Redigieren natürlich unter den Tisch: "Vielleicht stellt das Monster auch bloß das Leitungsteam der Schule dar, die Tent akel, als Einflussbereiche, sprich Klassen und Sektionen. Denn was in cleveren Schülerhirnen ausgebrütet wird, ist oft unfassbar." Zumal die einzige Quelle für diese Mutmaßung reichlich dünn war: "ein leichtes Blitzen in den Augen einiger Mädchen".

Manchmal ist es gut, wenn Redakteure unterschiedlicher Meinung sind. Etwa über die Überschrift "Ein Herzog mit Sinn für Kunst - Karl II. August war allerdings wenig sensibel für die Nöte seiner Untertanen " sein. Nach kollegialer Diskussion wurde daraus "Ein grausamer Herzog mit viel Sinn für Kunst - Karl II. August legte unter anderem den Grundstock für die Münchener Alte Pinakothek , war aber der Schrecken seiner Untertanen ". Der erste Vorschlag wirkte nämlich etwas verharmlosend angesichts des Textes, in denen von Kindesmisshandlungen und reihenweisen Vergewaltigungen bei Jagdfesten die Rede war.

Fruchtbar war kollegiale Diskussion auch darüber, wie man den Ozeanischen Tintenfisch schreibt, mit großem oder kleinem O. Beim genaueren Hinsehen wurde noch Wesentlicheres korrigiert: der "Tittenfisch".

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