Von Hollywood nach Zweibrücken

Zweibrücken. Mit dem Theaterstück „The King's Speech“ gastiert Götz Otto in der Hauptrolle des stotternden Königs Bertie, Herzog von York, morgen in der Zweibrücker Festhalle. Seinem ersten Besuch in der Rosenstadt sieht der 47-jährige Schauspieler, bekannt aus vielen Film- und Fernsehproduktionen wie „Schindlers Liste“, „James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie“, der Trilogie „Die Wanderhure“ oder „Polizeiruf 110“, gespannt entgegen. Im Vorfeld hat er mit Merkur -Mitarbeiterin Nadine Lang über seine Rolle als Stotterer in „The King's Speech“, über Bösewichtsrollen, sein Familienleben und zukünftige Projekte gesprochen.

Herr Otto, Sie spielen die Rolle des stotternden Königs Bertie. Ist es schwierig, solch eine Rolle zu spielen?

Götz Otto : Natürlich. Die Rolle ist eine der anspruchsvollsten, die ich bisher spielen durfte. Aber mittlerweile habe ich das Stück schon weit über hundertmal gespielt. Da gibt es zwar noch keine negative Routine, aber am Anfang musste ich mich länger auf den Stotter-Modus einstimmen. Ich habe mich im Vorfeld sehr genau mit dem Stottern als Vorgang auseinandergesetzt. Ich wollte ja keinen Stottererwitz über zwei Stunden erzählen, sondern jemanden darstellen, der wirklich mit einer Problematik zu kämpfen hat. Und dazu gehört, dass man kapiert, wie Stottern im Körper entsteht: dass es eine Verkrampfung im Zwerchfell und im Kehlkopf ist und auch psychologische und - das wusste ich zuvor auch nicht - auch genetische Hintergründe hat. Ich habe mich mit Selbsthilfegruppen und Logopäden getroffen und versucht, das Stottern möglichst authentisch zu machen. Am meisten haben mir aber meine Kinder geholfen, wenn ich geprobt habe, habe ich ihnen die Anfangs- beziehungsweise Schlussrede vorgestottert, und erst als meine Kinder mir geglaubt haben, war ich zufrieden.

Was bedeutet Ihnen die Figur des Bertie in "The King's Speech"?

Otto: Ich habe mich selten mit einer Rolle technisch so intensiv auseinandergesetzt. Und doch komme ich gut an die Figur heran. Es gibt viele Figuren, die mir ferner sind und das liegt nicht an dem sozialen Status des Royal, sondern wirklich an dem Menschen, den ich darstelle. Ich finde es eine sehr sehr spannende Figur, weil sie ja definitiv eine sozial höchstgestellte Person ist, die aber trotzdem mit einem profanen und menschlichen Thema zu tun hat, nämlich mit seiner eigenen Öffentlichkeit und damit, sich auszustellen. Man geht ja normalerweise davon aus, dass jemand, der solch eine soziale Position hat, nicht unbedingt an mangelndem Selbstbewusstsein leidet.

Sie waren in den vergangenen Jahren in vielen Film- und Fernsehproduktionen und Theaterstücken zu sehen. Wieso haben Sie sich jetzt für das Theatergastspiel mit Stationen in Kleinstädten entschieden?

Otto: Das hat in erster Linie mit dem Stück zu tun. Ich weiß nicht, ob ich mit einer Boulevard-Komödie auf Tournee gegangen wäre. Aber ich finde, wir spielen einen ernst zu nehmenden Theaterabend, über den man auch lachen kann. Außerdem ist das Publikum, wo auch immer es sein mag, gleich wertvoll. Ob ich im Großstadttheater spiele, oder in der vermeintlichen Provinz - was macht das Publikum, oder was macht den Zuschauer da oder dort besser oder schlechter?

Bleibt bei den Städten, die Sie besuchen, auch Zeit für eine Besichtigung?

Otto: Ja, normalerweise schon. Das finde ich auch das Spannende an so einer Tournee. Man ist sich als Metropolenbürger gar nicht so bewusst, wie vielseitig unser Land auch in der Provinz ist. Ich bin da wirklich regelmäßig überrascht, wie viel aber auch manchmal wie wenig Verschiedenes Städte auch an Eindrücken zu bieten haben.

Ihre Gastspieltournee umfasst in der Spielsaison 2014/2015 61 Spieltage. Ist es nicht irgendwann ermüdend, immerzu das Gleiche zu spielen?

Otto: Die Rolle kann man nicht runterleiern, das geht nicht. Man muss richtig einsteigen, sonst kommt man nicht durch den Abend. Ich kann das nicht auf der linken Arschbacke spielen, weil ich denke, ich bin jetzt doch gerade nur in " . . . ". Es geht nur ganz oder gar nicht. Aber ermüdend? Nein, bisher ist das alles in einem durchaus sehr anregenden Bereich und jeden Abend spannend.

Sie waren mehrmals in Bösewichtsrollen oder auch in Rollen zu Filmen aus der Nazizeit zu sehen. Haben Sie das Gefühl, dass es Ihnen irgendwie anhaftet?

Otto: Wissen Sie, man ist als Schauspieler froh, wenn man arbeiten darf. Das ist das größte Privileg in meinem Beruf. Wenn das eine Negativfigur ist, die etwas Interessantes hat, dann macht das Spaß und ist großartig. Es gibt nichts Langweiligeres als irgendwelche Plattitüden darzustellen, und dann ist es vollkommen egal, ob es eine positive oder negative Figur ist. Es hat mich mal eine Zeit lang gestört, immer nur auf eine negative Figurenpalette festgelegt zu werden, aber mittlerweile denke ich mir, wenn es interessant ist, warum nicht?

Eine Gastspieltournee bedeutet ja auch, dass Sie lange von Zuhause weg sind. Wie funktioniert das mit dem Familienleben ? Reist die Familie auch mal hinterher?

Otto: Nein. Aber es war eine Grundvoraussetzung für die zweite Tournee, dass es einen Rhythmus von drei Wochen Tournee und einer Woche Pause gibt. Denn drei oder vier Monate am Stück auf Montage zu sein und überhaupt nicht nach Hause zu kommen, da zeigt mir meine Familie den Vogel.

Sie waren nicht nur in vielen Filmen, sondern auch in vielen Theaterstücken zu sehen. Liegt Ihnen eines davon mehr?

Otto: Wenn sich das gut die Waage hält, ist das der idealste Zustand. Man hat beim Film selten die Möglichkeit, seine Werkzeuge so zu schleifen, wie beim Theater. Trotzdem drehe ich unheimlich gerne und habe großen Spaß daran. Im Idealfall spielt man auf der Bühne und vor der Kamera.

Haben Sie von allen Rollen, die Sie bisher gespielt haben, so etwas wie eine Lieblingsrolle?

Otto: Also die Rolle in "The King's Speech" ist auf jeden Fall eine davon, weil es eine sehr sehr große Herausforderung ist. Eine Rolle, die ich auch sehr gerne gespielt habe, war die des "Curt" im Film "Der Voyeur". Ansonsten arbeite ich auch wahnsinnig gerne mit Fernando Trueba, einem spanischen Regisseur, zusammen. Aber wie gesagt, das größte Privileg ist es, überhaupt einen Job zu haben.

Wie steht es mit neuen Projekten? Sehen wir Sie auch mal wieder im Kino?

Otto: Als Nächstes kommt ein Film namens "Emperor" in die Kinos. Da geht es um Karl den Fünften, den deutschen Kaiser, der von Adrien Brody gespielt wird. Ich spiele seinen engsten Freund und Weggefährten Moritz von Sachsen. Der Film ist noch nicht ganz fertig. Wir müssen im Juni noch weiter in Gent drehen und ich schätze, dass er Ende dieses oder spätestens Anfang nächsten Jahres in die Kinos kommt.

Das Schauspiel "The King's Speech - Die Rede des Königs" mit Schauspieler Götz Otto wird am morgigen Donnerstag, 5. Februar, 20 Uhr, in der Festhalle Zweibrücken aufgeführt. Karten gibt es beim Kulturamt Zweibrücken .

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