Vom Bader zum Richter

Zweibrücken · Auch der zweite Präsident des ehemaligen pfälzischen Appellationsgerichtshofes Zweibrücken, des heutigen Oberlandesgerichtes, Johannes Birnbaum, war ein ähnlich kritischer Geist, wie sein Vorgänger, Friedrich Georg Rebmann.

 Birnbaum-Stele und Plakette, die mittlerweile im Zweibrücker Schloss stehen. Foto: Cordula von Waldow

Birnbaum-Stele und Plakette, die mittlerweile im Zweibrücker Schloss stehen. Foto: Cordula von Waldow

Foto: Cordula von Waldow

Neun Jahre, von Gründung des pfälzischen Appellationsgerichtshofes bis zu Friedrich Georg Rebmanns Tod 1824, hatte ihn Johannes Birnbaum als Vizepräsident vertreten. In seiner eigenen Amtszeit als Präsident erstarkte die Freiheitsbewegung im Raum Homburg/Zweibrücken . Als Gründungsmitglied der Jakobinerbewegung (siehe Info-Kasten) sympathisierte Birnbaum damit. Dass Birnbaum außerdem besonders in politischen Rechtsstreitigkeiten das fortschrittliche, in den linksrheinischen Gebieten nach wie vor geltende französische Recht anwandte, missfiel der bayerischen Regierung zunehmend. Auf den Appell des bayerischen Regierungspräsidenten, auf die Gerichte dahin gehend einzuwirken, dass sie sich dem Willen des Monarchen, des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph, mehr fügten, entgegnete dieser, "man möge ihn mit solcher Bezugnahme verschonen!". "So wundert es nicht, dass Birnbaum, wie etliche andere Richter, im Zuge der Maßnahmen zur Disziplinierung der pfälzischen Justiz 1832, zwei Monate vor dem Hambacher Fest, seines Amtes enthoben wurde", erklärt Robert Schelp, Vizepräsident des Landgerichts Landau. Sein Sohn Johann Friedrich, Untersuchungsrichter am Bezirksgericht Kaiserslautern, ereilte dasselbe Schicksal. Kurze Zeit später, bereits im Mai 1832, erlag Birnbaum in Zweibrücken den Folgen eines Schlaganfalls.

"Geblieben sind Erinnerungen an einen herausragenden Juristen und aufrechten Liberalen, der in den Umwälzungen der französischen Revolution die Möglichkeiten der neuen Zeit zu einem fulminanten, aufgrund eigener Lebensleistung verdienten Aufstieg zum obersten Richter der Pfalz nutzte," würdigt Schelp.

Birnbaum nämlich stammte aus ärmlichen Verhältnissen. 1763 kam er als ältestes von sechs Kindern des Tagelöhners Abraham Bierenbaum und seiner Frau, der Hebamme Maria Barbara, im damals französischen Landauer Vorort Queichheim zur Welt. Auf Empfehlung des Ortspfarrers durfte er die Lateinschule für Lutheraner besuchen. Seine großen Begabungen und Lernerfolge empfahlen ihn für ein Theologiestudium. Nach dem frühen Tod seines Vaters 1776 musste er als Ältester zum Lebensunterhalt der Familie beitragen und wurde Barbier und Wundheiler. 1782 stellte ihn der Landauer Wundarzt und Geburtshelfer Johann Michael Steeg, sein späterer Schwiegervater, als Geselle, später als "Meister der Chirurgie" ein. Im Verlauf der französischen Revolution engagierte er sich ab 1790 in der Landauer "Gesellschaft der Freunde der Konstitution", dem örtlichen Jacubinerclub als Sekretär. Diese politische Tätigkeit verschaffte ihm Kontakt zu den führenden Persönlichkeiten Landaus und Zugang zu der wichtigen lokalen Freimaurerloge. 1791 begann seine Verwaltungskarriere als Mitarbeiter des neuen Friedensrichters, so dass er die ungeliebte Medizin hinter sich lassen konnte. Vier Jahre später wurde Birnbaum selbst zum Friedensrichter des Kantons Landau gewählt und nach 1797, nach Ende seiner Amtszeit, fast einstimmig in diesem Amt bestätigt. Eine Zeit, die Birnbaum einmal als die "angenehmste seines Lebens" charakterisierte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts veröffentlichte er zahlreiche, zumeist juristische Schriften.

Nach politisch bedingtem Auf und Ab in seiner Karriere, zwischenzeitlich etwa als Stellvertreter des Trierer Generalstaatsanwalts, wurde er schließlich oberster Richter am heutigen OLG in Zweibrücken . Bereits als Vizepräsident verlieh ihm der Bayerische König mit dem "Civilverdienstkreuz" den persönlichen Adelstitel. Auf seinem Grabmal, das heute im Foyer des Oberlandesgerichtes im ehemals herzoglichen Schloss aufgestellt ist, steht zu lesen: "Durch eigenen Adel groß - ein Biedermann und gerechter Richter".

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Auf einen BlickJakobiner nannten sich die Mitglieder eines politischen Klubs während der Französischen Revolution. Als Anhänger des revolutionären französischen Rechtsanwalts und Politikers Maximilien de Robespierres werden diese Vertreter der politischen Linken auch als Robespierristen bezeichnet. Vorwiegend Unterschichtler, aber auch Ärzte, Rechtsanwälte oder Handwerker setzten sich für die Abschaffung der Monarchie und die Herrschaft des Bürgertums ein. Viele von ihnen waren Freimaurer . Deshalb gehen historischen Analysen davon aus, dass der Name nicht dem Jakobinerkloster Saint-Honoré in Paris, sondern Jacques de Molay, dem letzten Führer des freimaurerischen Templerordens. Namensgeber könnte auch nach der Bibel Jakob, Bruder des Esau sein. Esau steht dabei für die vererbliche Herrschaft, die Monarchie , Jakob hingegen für die verdiente Herrschaft, also das Bürgertum. cvw

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