Volkstrauertag Ein Appell gegen das Vergessen

Zweibrücken · Zweibrücken hat der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft gedacht.

 Die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag wurde musikalisch von der Stadtkapelle Zweibrücken begleitet.

Die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag wurde musikalisch von der Stadtkapelle Zweibrücken begleitet.

Foto: Elisabeth Heil

„2019 stand ich hier und sagte, ich mache mir Sorgen, dass jetzt Politiker und Entscheidungsträger kommen, die den Krieg selbst nicht mehr erlebt haben“, eröffnete Militärpfarrer Alexander Beck am Sonntag seine Rede auf dem Zweibrücker Ehrenfriedhof. „Eine neue Generation, die Politik macht und meine Angst war, dass Krieg nun wieder politisches Mittel für eine Aufgabe oder für ein Ziel werden kann. Ich dachte nicht, dass ich in so kurzer Zeit hier stehe, und die Befürchtungen Realität geworden sind“, betonte er. Erst kürzlich sei er gefragt worden, ob der Volkstrauertag heute überhaupt noch zeitgemäß sei. „Natürlich ist er das“, habe er spontan geantwortet obwohl er natürlich merke, dass dieser Tag in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung verliere.

Dass Volkstrauertage an Bedeutung verloren haben, liege sicher auch daran, dass fast alle, die den Krieg erlebt haben, bereits verstorben sind. Es gebe keine Zeitzeugen mehr. Alexander Beck: „Und das, was sie erlebt haben, ist wie ein Geschichtsbuch, dass sich schließt. Es ist verloren. Die nächste Generation hat es als Kind erlebt. Hat mitbekommen, was es heißt, im Bunker zu sitzen, diesen muffigen Geruch zu riechen und Angst zu haben und zu sehen, wie die Erwachsenen Angst haben. Die danach können vielleicht noch von Entbehrungen sprechen. Doch was ist Volkstrauertag, wenn man sich nicht erinnert? Wenn man die Zeitzeugen nicht mehr hat, die man damals noch befragen konnte?“

Der Militärpfarrer appellierte deshalb an junge Menschen nachzuforschen. Gibt es noch irgendwo einen Urgroßvater, der aus dieser Zeit berichten kann? Nicht aus Sensationslust, sondern in der Erkenntnis, dass der Krieg, vor allem wenn er in der vollen Fläche geführt wird, immer ein Verlust und ein Verlieren für die gesamte Menschheit bedeutet. Und dieses Erinnern an das, was die Generationen vor uns erlebt haben, was Tod und Vernichtung bedeutet, ist notwendig, dass Politiker nicht auf die Ideen kommen, das Krieg als politisches Mittel legitim ist.

„Umso wichtiger ist es heute, dass wir eine wehrhafte Demokratie bleiben“, findet Beck. „Denn das Gute muss sich in jedem Jahrhundert neu durchsetzen.“

Bürgermeister Christian Gauf erinnert in seinen Worten natürlich an all jene, die Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg geworden sind. „Unsere Gedanken sind heute vor allem aber bei den Opfern des Krieges in der Ukraine. Das schließt auch die russischen Kriegsopfer ein. Soldaten, die unter dem Deckmantel falscher Versprechungen in einen Krieg geschickt wurden, in dem es nur Verlierer geben kann.“ Gauf erklärte, der Volkstrauertag in diesem Jahr müsse vor allem eine Warnung sein.

Starke, sehr bewegende Worte sprachen auch Nina Burkholder, Victoria Rubly und Tom Krawetzke, Oberstufenschüler des Zweibrücker Helmholtz-Gymnasiums (mehr dazu auf der Seite „Junges Leben“ am 18. November im Pfälzischen Merkur).

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