Viele Sympathien für die Ampel

Zweibrücken · Großer Verlierer der Landtagswahl ist gerade in Zweibrücken die SPD. Laut einer ersten Analyse des Statistischen Landesamts hat sie hier mit 9,9 Prozent Minus landesweit den größten Verlust aller Wahlkreise zu verzeichnen. Merkur -Redakteur Eric Kolling hat mit Kurt Pirmann über dieses Ergebnis gesprochen. Der OB und SPD-Stadtverbandschef nimmt vor allem den unterlegenen Kandidaten Stéphane Moulin in Schutz.

 Rot, Gelb und Grün: Ein Ampelbündnis könnte im Landtag in Mainz künftig regieren. Zumindest, wenn es nach Zweibrücker Politikern dieser Coleur, also von SPD, FDP und Grünen, geht. Fotos: dpa

Rot, Gelb und Grün: Ein Ampelbündnis könnte im Landtag in Mainz künftig regieren. Zumindest, wenn es nach Zweibrücker Politikern dieser Coleur, also von SPD, FDP und Grünen, geht. Fotos: dpa

Geht es nach Zweibrücker Politikern von SPD , Grünen und FDP , wird Rheinland-Pfalz demnächst von einer Ampelkoalition , bestehend aus ihren drei Parteien, regiert. Auch der Vorsitzende des Stadtverbandes der Liberalen, die auf Landesebene das "Zünglein an der Waage" spielen dürften, sprach sich klar für ein solches Dreier-Bündnis aus. Auf Merkur-Nachfrage sagte Josef Scheer: "Für mich war es die oberste Priorität, wieder ins Parlament einzuziehen. Noch besser wäre es, wenn wir Regierungsverantwortung übernehmen könnten." Das biete gleich mehrere Vorteile: Man könnte auf eine bessere finanzielle Ausstattung zurückgreifen, wäre wieder "am Puls der Zeit" und könnte die politischen Konzepte der FDP in der Praxis umsetzen. Scheers Fazit: "Die Ampelkoalition wäre die bestmögliche Lösung."

Dass die Verhandlungen darüber nicht einfach werden, ist Scheer durchaus bewusst. Die größte Schwierigkeit sieht er darin, sich mit den Grünen auf eine gemeinsame Verkehrspolitik zu einigen. "Da müssen die Grünen nachbessern", forderte der Zweibrücker FDP-Chef und verwies dabei auch auf die "Ohrfeige", die die Grünen bei der Landtagswahl bekommen hätten. Insgesamt sieht Scheer aber durchaus die Chance, sich auf einen Koalitionsvertrag zu einigen. Zumal gerade auch seine Partei programmatisch und personell sehr vernünftig und realpolitisch ausgerichtet sei.

Etwas zurückhaltender äußerte sich noch am Wahlabend die Zweibrücker FDP-Direktkandidatin Erika Watson: "Wir bleiben bei unserem Wahlprogramm", sagte sie nur auf die Frage nach einer möglichen Ampel. Nur das sei entscheidend, nicht die Vergabe irgendwelcher Posten.

Bei der Zweibrücker SPD ist die Offenheit für eine Ampel groß. Parteichef und Oberbürgermeister Kurt Pirmann sagte bereits vor der ersten Prognose, dass er mit einer Ampel rechne. Nach dem Vorliegen des Ergebnisses wich er davon erst recht nicht ab: "Dreyer und Klöckner zusammen geht nicht", sagte Pirmann. Auch der Zweibrücker Beigeordnete Henno Pirmann (SPD ) äußerte eine ganz klare Präferenz: "Ich tendiere zu einem Dreier-Bündnis." In die gleiche Kerbe schlug der bisherige SPD-Landtagsabgeordnete Fritz Presl: "Für eine große Koalition sind die Fronten zu weit auseinander", sagte er. Auch er sprach sich für eine Ampel aus, die er auch für realistisch hält. Schließlich seien in der rheinland-pfälzischen FDP viele junge, hungrige Leute, die etwas bewegen wollten.

Auch SPD-Direktkandidat Stéphane Moulin sagte: "Ich bin kein Freund von großen Koalitionen. Ich würde ein Dreier-Bündnis bevorzugen." Grundsätzlich sei es ein großer Vorteil, dass nur eine Koalition unter Führung der SPD möglich sei.

Bei den Grünen zeigte sich der bisherige Landtagsabgeordnete Fred Konrad aus Käshofen aufgeschlossen für eine Ampel: "Wir stehen dafür bereit, Gespräche zu führen." Man wolle auch weiterhin eine gute Politik für das Land machen.

So ähnlich argumentierte auch der Zweibrücker Grünen-Chef Felix Schmidt: "Für grüne Inhalte wäre es positiv, wenn wir weiterhin an der Regierung beteiligt wären." Zwar gebe es bei Themen wie der Infrastrukturpolitik sehr unterschiedliche Auffassungen zwischen FDP und Grüne, doch sieht Schmidt auch Schnittmengen: Der Grünen-Chef nennt dabei etwa die Bürgerrechte, die Bildungspolitik oder den Breitbandausbau. "Aus meiner Sicht ist eine Zusammenarbeit vorstellbar", so Schmidt zu einer möglichen Ampel.Herr Pirmann, das Mandat ist weg und landesweit ist im Wahlkreis Zweibrücken der Verlust für die SPD am größten. Was sind für Sie die Gründe?

Kurt Pirmann: Dort, wo Flüchtlingslager sind, zeigt sich die AfD stark. Da ist sicher ein Teil der Wähler hingegangen. Der Verlust des Flugplatzes, ob jetzt schuldhaft oder nicht, das mag mal dahingestellt sein, war ein Prestigeverlust für die Region. Das hat den einen oder anderen aus dem SPD-Spektrum getroffen. Dann haben wir das Thema B 10. Da ist die SPD immer dafür gewesen, aber der Koalitionspartner wollte dies nicht. Der Bürger hat diese vielleicht doch klaren Signale nicht so verstanden. Auch die S-Bahn ist immer Thema in Zweibrücken. Daher muss man sagen: Wir haben einige strukturpolitischen Probleme, die man der SPD anlastet, die wohl zu einem Wählerwechsel geführt haben.

Was hätte die Zweibrücker SPD besser machen können?

Pirmann: Wir haben gekämpft bis zum letzten Tag. Wir haben geworben, wir haben Argumente sachlich ausgetauscht. Bei der Frage, was könntest du besser machen, ist man am nächsten Tag immer schlauer. Ich persönlich weiß es nicht. Stéphane hat Hausbesuche gemacht. Wir waren überall vertreten. Und wir hatten gegen Ende das Gefühl, das wird gut. Es ist uns aber wohl nicht gelungen, die Stimmen auf Stéphane zu übertragen. Man muss aber auch sagen, Christoph Gensch war aufgrund seiner Tätigkeit als Sportler, als Arzt und seines Bekanntheitsgrads ein schwieriger Brocken.

Kulturamtschef Thilo Huble hätte auch als Kandidat bereitgestanden, kam aber nicht zum Zuge. Inwiefern war das ein Fehler?

Pirmann: Darauf will ich nicht eingehen, weil die Diskussion nix bringt. Gestern war gestern, heute ist heute. Ob ein anderer Kandidat gewonnen hätte, ist Spekulation. Es gibt zwischen Moulin und Huble auch kein zerschnittenes Tuch. Thilo hat sich im Wahlkampf eingebracht, er hat etwa kurz vor fünf mit Stéphane und mir vor den Werktoren gestanden. Es gibt da keinen Gram, keine Verärgerung.

Welchen Anteil an dem schwachen Abschneiden sehen Sie bei Stéphane Moulin?

Pirmann: Stéphane ist ein sehr sachlicher Mensch, ein sehr kompetenter. Er hat vielleicht zu Beginn nicht den Bekanntheitsgrad gehabt, den Dr. Gensch alleine durch seinen Vater und seine lange sportliche Tätigkeit hatte. Ich halte Stéphane nach wie vor für einen potenten und guten Nachwuchspolitiker.

Was bedeutet für Sie als Oberbürgermeister der Verlust des Wahlkreises, der Verlust des eigenen Manns in Mainz, in der Praxis?

Pirmann: Ich bin da guter Dinge: Auch Christoph Gensch ist niemand, der sagt, die strukturpolitischen Probleme der Region sind rot oder schwarz. Er ist hier verwurzelt und wird sich im Rahmen seiner Möglichkeiten einbringen. Natürlich ist es immer schön, wenn man jemand Eigenes bei der Regierungsmehrheit dabei hat. Aber nachdem sich noch keine Regierung gebildet hat, können wir darüber derzeit nur spekulieren.

Wie werden Sie sich ohne hiesigen Abgeordneten in Mainz jetzt personell aufstellen?

Pirmann: Es ist für eine solche Frage zu früh. Ich habe sehr gute Verbindungen nach Mainz, die ich nutzen werde. Ich glaube nicht, dass die Stadt jetzt Nachteile erleidet. Natürlich war es gut, da auf Fritz Presl zurückgreifen zu können und zu sagen: Hak' da mal nach.

Sie wollen 2020 als Oberbürgermeister aufhören - wäre vor dem Hintergrund des Ergebnisses jetzt ein guter Zeitpunkt, die Weichen neu zu stellen und jemand Jüngerem das Ruder zu übergeben?

Pirmann: Darüber denken wir nach, wenn es an der Zeit ist und nicht jetzt.

Bleiben Sie dabei, dass die Ampel Ihre favorisierte Koalition ist?

Pirmann: Ja, es ist wichtig, dass eine starke Opposition da ist. Ich hielte es für schlecht, wenn die AfD die stärkste Oppositionspartei wäre.

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