Verzögerung bei Nebelsystem wegen WaldschutzUnterschriftenaktion gestartet

Zweibrücken. Die Ära Germanwings in Zweibrücken endet, wie sie begonnen hat: nebulös. Schon der Jungfernflug im September 2006 mit Ministerpräsident Kurt Beck an Bord musste wegen dichten Nebels in Zweibrücken auf dem Baden-Aiport bei Karlsruhe landen. 2009 zählte Germanwings 22 sichtbedingte Zweibrücker Ausfälle und Umleitungen, im laufenden Jahr bereits 16 - und stellt deshalb zum 10

 Auf Cat 2-Flughäfen dürfen Hindernisse nicht so nah an der Landebahn stehen wie in Zweibrücken der Monbijou-Wald, auf dessen Abhang Richtung Mauschbach seltene Orchideen wachsen. Fotos: lbsp/pm

Auf Cat 2-Flughäfen dürfen Hindernisse nicht so nah an der Landebahn stehen wie in Zweibrücken der Monbijou-Wald, auf dessen Abhang Richtung Mauschbach seltene Orchideen wachsen. Fotos: lbsp/pm

Zweibrücken. Die Ära Germanwings in Zweibrücken endet, wie sie begonnen hat: nebulös. Schon der Jungfernflug im September 2006 mit Ministerpräsident Kurt Beck an Bord musste wegen dichten Nebels in Zweibrücken auf dem Baden-Aiport bei Karlsruhe landen. 2009 zählte Germanwings 22 sichtbedingte Zweibrücker Ausfälle und Umleitungen, im laufenden Jahr bereits 16 - und stellt deshalb zum 10. Januar die Strecke Berlin-Zweibrücken ein (wir berichteten). Hans Jörg Duppré (Fotos: pma) hält die Argumente Nebel und Luftverkehrsabgabe "für Ausreden", wie der Flughafen-Aufsichtsvize gestern sagte. Zweibrückens Oberbürgermeister Helmut Reichling kann "den Nebel-Grund nicht nachvollziehen, das war doch nicht so oft!". Er sieht "bei der Attraktivität des Flughafens, auch durch die Style Outlets, keine Schwierigkeiten, einen Nachfolger für die Berlin-Strecke zu finden".Flughafen-Geschäftsführer Werner Boßlet zählt dieses Jahr nur acht Flugausfälle. Germanwings-Sprecher Heinz Joachim Schöttes kommt auf die doppelte Zahl, weil sowohl der An- als auch der Abflug betroffen seien. Nicht die einzige Divergenz zwischen Zweibrücken und Germanwings, die gestern zutage trat. So schätzt Boßlet, jeden zweiten Flugausfall habe Germanwings selbst zu verantworten, weil nur Germanwings 800 statt 550 Meter Sicht auf die Landebahn verlange. Dazu Schöttes: "Sicherheit ist für uns das höchste Gebot. Daran werden wir nicht rütteln." Boßlet wundert sich außerdem: "Wenn Germanwings die Wettersituation als problematisch gesehen hätte, hätte man auf uns zukommen können - das ist nicht passiert." Schöttes: "Ich werde mich dazu nicht äußern." Dafür macht der Germanwings-Sprecher deutlich, dass der Nebel nicht nur die Rentabilität der Zweibrücken-Berlin-Strecke beeinträchtigt habe: "90 Prozent der Umleitungen betrafen die Morgenflüge. Das sorgt dann den ganzen Tag für Verspätungen auf den folgenden Strecken der Maschine." Zum mehrfach verschobenen Landesystem Cat 2, das laut Flughafen 90 Prozent der Flugausfälle verhindern sollte, äußert sich Schöttes weiterhin nicht. Oberbürgermeister Reichling erklärte, er wundere sich, warum das System installiert sei, aber noch keine Betriebsgenehmigung beantragt (wir berichteten mehrfach): "Das war im Aufsichtsrat noch nie Thema. Bei der nächsten Sitzung sollte das völlig unaufgeregt diskutiert werden."

Nach übereinstimmenden Merkur-Informationen aus zwei unabhängigen Quellen hat die Landesregierung ein Genehmigungsverfahren gescheut, weil im an die Landebahn angrenzenden Monbijou-Wald sehr viele Bäume gefällt werden müssten. Ein privater Investor hätte es hier womöglich leichter, so die Überlegung. Die Cat 2-Inbetriebnahme war bereits für Herbst 2009 angekündigt worden.

Doch Mainz arbeitet nun offenbar an einer neuen Lösung. Wirtschaftsministeriums-Sprecher Joachim Winkler erklärte gestern: "Wir haben die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung von Cat 2 geschaffen. Das Bundesverkehrsministerium muss jedoch zustimmen, da wir von den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen (hier Hindernisfreiheit und Länge der Anflugbefeuerung) abweichen wollen. Hier laufen derzeit Gespräche, inwieweit mit Blick auf naturschutzrechtliche Probleme Abweichungen von der seitlichen Hindernisfreiheit erreicht werden können, um Eingriffe in die angrenzenden Waldflächen nach Möglichkeit zu vermeiden."

Auch andere Flughäfen wie Saarbrücken-Ensheim haben solche Ausnahmegenehmigungen. Winkler berichtete, am 20. Oktober habe der Flughafen erst spät von Germanwings' Rückzugsplan erfahren. "Im Vorfeld gab es weder für die Landesregierung noch für die Geschäftsführung Anzeichen für diese Entwicklung. Im Gegenteil - es gab Planungen mit Germanwings für ein Passagierjubiläum und eine Flugzeugtaufe." Staatssekretär Alexander Schweitzer gelang es nicht, Germannwings-Chef Thomas Winkelmann zu einem Rückzug vom Rückzug zu bewegen.

Welche Priorität setzt die Landesregierung bei den jeweiligen Versuchen, neuen Passagierflugverkehr nach Hahn und Zweibrücken zu holen? Winkler: "Die bereits laufenden Bemühungen zur Gewinnung neuer Passagier-Airlines an den Flughäfen Hahn und Zweibrücken werden mit höchstem Nachdruck betrieben. Hier laufen Gespräche, deren Ergebnisse noch nicht spruchreif sind."

 Helmut Reichling

Helmut Reichling

 Uwe Menzner

Uwe Menzner

Winkler räumt ein: "Natürlich beeinflusst der Weggang von Germanwings auch die Privatisierungs-Verhandlungen" über den Flughafen Zweibrücken. "Die Verhandlungspartner wurden darüber informiert und wir sind zuversichtlich, dass die bestehenden Vorteile am Standort die Auswirkungen des Germanwings-Abzugs überwiegen. Eine Entscheidung könnte durchaus kurzfristig fallen." Boßlet und Duppré erinnern daran, dass es immer wieder Rückschläge am Flughafen gegeben habe, aus denen dieser am Ende sogar gestärkt hervorgegangen sei. Mit etwas Geduld, so Duppré, werde das auch diesmal passieren. Zweibrücken. Die Flughafenfreunde Zweibrücken starten wegen des Germanwings-Abzugs eine Unterschriftenaktion. "Die Berlin-Strecke ist das Standbein des Flughafens Zweibrücken", sagte gestern der Vorsitzende, Uwe Menzner (Foto: pma). Auch für Arbeitsplätze im Flughafen-Umfeld sei es wichtig, schnell zu klären, welche Airline nach dem 10. Januar nach Berlin fliegt. Drei Forderungen stehen in der Resolution: "Gespräch mit Germanwings zum Erhalt der Strecke", "sofortige Umsetzung der fehlenden Gegebenheiten zur Inbetriebnahme des bereits vorinstallierten Nebellandesystems Cat 2, für das als Inbetriebnahme der Herbst 2009 versprochen war" sowie "vollster Einsatz auf Bundesebene gegen die Luftverkehrsabgabe". Unterschriftslisten liegen bis 5. November aus in Zweibrücken beim Tui-Reisecenter Junker und im Cap-Markt Hallplatz sowie in Hornbach in der Arztpraxis Klein. lf

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