Erster Verhandlungstag am Landgericht Zweibrücken Gleisschubser-Prozess: Der Lokführer sagt aus

Zweibrücken · Wegen einer Fremdgeh-Mail soll eine betrunkene 18-Jährige eine Bekannte vor einen Zug im Zweibrücker Bahnhof gestoßen haben.

 Tatort Hauptbahnhof Zweibrücken: An Gleis 1 in Höhe des Blindenübergangs (waagerechte Linke) soll eine damals 18-Jährige eine 19-jährige Bekannte ins Gleisbett gestoßen haben, obwohl gerade ein Zug einfuhr.

Tatort Hauptbahnhof Zweibrücken: An Gleis 1 in Höhe des Blindenübergangs (waagerechte Linke) soll eine damals 18-Jährige eine 19-jährige Bekannte ins Gleisbett gestoßen haben, obwohl gerade ein Zug einfuhr.

Foto: Rainer Ulm

Die junge, eher zierliche Frau wurde in Handschellen in den Sitzungssaal 1 des Zweibrücker Landgerichts geführt, setzte sich neben ihren Verteidiger auf die Anklagebank – und bekam sofort feuchte Augen, was sich übrigens während der gesamten Verhandlung nicht ändern sollte. Ein erstes Zeichen für Reue?

Am Montag hat in der Zweiten Strafkammer der Prozess gegen die heute 19-Jährige mit dem Verlesen der Anklageschrift und der Zeugenaussage eines 48-jährigen Lokführers begonnen. Die damals noch 18-Jährige soll am 6. April 2019 eine (damals 19-jährige) Bekannte während einer tätlichen und lautstarken Auseinandersetzung ins Gleisbett des Zweibrücker Hauptbahnhof gestoßen haben – zu einem Zeitpunkt, als planmäßig ein Regionalzug aus Pirmasens auf den Bahnhof zurollte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr deshalb vor der Großen Jugendstrafkammer Körperverletzung und versuchten Totschlag vor – allerdings mit verminderter Schuldfähigkeit. Denn die junge Frau soll zum Tatzeitpunkt angetrunken gewesen sein. Bei ihr wurde später ein Blutalkoholspiegel von immerhin 0,82 Promille festgestellt.

Laut Anklageschrift, die Staatsanwältin Kristine Goldmann verlas, soll es an diesem 6. April dramatisch zugegangen sein am Gleis 1 des Zweibrücker Hauptbahnhofs. Demnach waren sich die Angeklagte und ihre Bekannte, die sich dort zufällig begegnet waren, im wahrsten Sinne des Wortes in die Haare geraten. Der vermeintliche Auslöser: Die Bekannte soll dem Freund der Angeklagten nach einer feucht-fröhlichen Feier eine E-Mail geschrieben haben, die Angeklagte hätte die Nacht mit anderen Männern verbracht. Daraufhin soll der Freund der damals 18-Jährigen den Kontakt zu ihr abgebrochen haben. Das habe die junge Frau derart in Rage gebracht, dass sie ihre Bekannte bei jenem eher zufälligen Zusammentreffen auf dem Bahnsteig angeschrien und gedroht haben soll, sie „umzubringen“. Schließlich habe sie die Frau an den Haaren gerissen und ins Gleisbett gestoßen, obwohl die Einfahrt des Zuges unmittelbar bevorstand. Und nachdem das Opfer wieder auf den Bahnsteig geklettert war, wurde es von der Täterin unter anderem mit Fußtritten traktiert. Sie soll laut Anklage mehrere Hämatome und Kratzwunden davongetragen haben.

Der Triebwagenführer, der am Tattag den einfahrenden Regionalzug gesteuert hatte und der einzige am Montag gehörte Zeuge war, bestätigte das Geschehen: „Kurz vor der Einfahrt in Zweibrücken habe ich gesehen, dass jemand im Gleisbett war und am Bahnsteig hochkrabbelte. Da habe ich einen Schock gekriegt.“ Geistesgegenwärtig habe er den Zug mehr als üblich bei der Einfahrt in einen Bahnhof abgebremst und ein Warnsignal gegeben. Eine Notbremsung sei es aber nicht gewesen, antwortete er auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Michael Schubert. Er habe den Zug schließlich im Bahnhof am mit geriffelten weißen Bodenfliesen ausgelegte sogenannten „Blindenübergang“ zum Stehen gebracht. „Gott sei Dank ist nichts passiert!“, sagte der Lokführer. Dass jemand vom Bahnsteig geschubst wird, komme zwar eher selten vor, aber: „Das haben wir öfters hier in Zweibrücken, dass Leute übers Gleisbett laufen.“ Der 48-Jährige berichtet dann, dass „die beiden Damen“ in Zweibrücken in den Zug eingestiegen seien und auch dort während der Fahrt in Richtung Saarbrücken weiter heftig gestritten hätten, sodass sich Passagiere während der Fahrt bei ihm beschwerten. In Höhe Einöd habe er den Führerstand verlassen, um die beiden Frauen zurechtzuweisen. Ohne Erfolg. Schließlich soll ein Fahrgast telefonisch die Ordnungshüter alarmiert haben, woraufhin Beamte der Bundespolizei beide Frauen bei einem Halt in St. Ingbert aus dem Zug holten.

Seither sitzt die Angeklagte in Untersuchungshaft. Zum Tatvorwurf schwieg sie am Montag. Ihr Verteidiger kündigte allerdings eine Erklärung seiner Mandantin an, die er in der nächsten Verhandlung verlesen will. Der Prozess wird am Donnerstag, 9.30 Uhr, fortgesetzt.

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