Nationaler Widerstand Zweibrücken: Urteil nach Volkstrauertag-Eklat Rechtsextremer Kameradschaftsführer muss 1350 Euro zahlen

Zweibrücken · Wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz bei der städtischen Volkstrauertagsfeier hat das Amtsgericht Zweibrücken Detlef Walk verurteilt.

 Am 14. November mussten die Teilnehmer des Zweibrücker Volkstrauertag-Gedenkens Reichsflaggen schwenkende Rechtsextreme passieren.

Am 14. November mussten die Teilnehmer des Zweibrücker Volkstrauertag-Gedenkens Reichsflaggen schwenkende Rechtsextreme passieren.

Foto: privat

Das wurde teuer. Wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ist der Führer der rechtsextremistischen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Zweibrücken“ (NWZ), Detlef Walk, am Freitag vom Amtsgericht Zweibrücken zu einer Geldstrafe von 1350 Euro (90 Tagessätze zu je 15 Euro) verurteilt worden. Zudem muss er die Prozesskosten tragen.

Der 56-jährige, weit über die Stadt hinaus bekannte Neonazi hatte anlässlich des Volkstrauertages am 14. November 2021 einen Aufmarsch über den Zweibrücker Hauptfriedhof zum dortigen Ehrenfriedhof organisiert – diesen aber nicht als Versammlung bei der städtischen Ordnungsbehörde angemeldet. Dem 56-Jährigen, der schon in den Jahren zuvor immer wieder Versammlungen geleitet hatte, sei „bekannt“ gewesen, „dass solche Veranstaltungen anzumelden sind“, sagte Strafrichter Philipp Trümper in seiner Urteilsbegründung.

Laut Paragraf 26 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft, wer als Veranstalter oder Leiter unangemeldet eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug durchführt.

Oberamtsanwalt Volker Gries beantragte in seinem Plädoyer sogar eine Geldstrafe von 2000 Euro (80 Tagessätze zu je 25 Euro) für den Angeklagten, den er als „Wiederholungstäter“ einstufte. Und in der Tat war der Zweibrücker 2018 schon einmal wegen eines ähnlichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt worden. Richter Trümper rechnete dem 56-Jährigen allerdings an, dass er zwar einschlägig, aber bislang strafrechtlich „nur geringfügig in Erscheinung getreten“ sei. Und im Übrigen sei die von ihm organisierte Versammlung am 14. November 2021 nur „kurz“ gewesen.

Der angeklagte Walk hatte während der Hauptverhandlung keinen Rechtsbeistand dabei und verzichtete auch darauf, etwas zum Anklagevorwurf zu sagen.

Deutlich gesprächiger waren hingegen mehrere Zeugen, darunter drei Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes. Ein 60-jähriger Sachgebietsleiter schilderte die Besonderheit an jenem 14. November 2021: Zwar nehme der NWZ jedes Jahr an dieser Kranzniederlegung teil, indem sich Anhänger erst direkt vor dem Ehrenfriedhof versammelten. Diesmal sei die Gruppierung aber zunächst „die komplette Wegstrecke“ über den gegenüber liegenden Hauptfriedhof „marschiert“, um sich dann vor dem Eingang des Ehrenfriedhofs an der Vogelgesangstraße aufzustellen, das Ende der städtischen Gedenkfeier abzuwarten und dann selbst Reden zu halten und einen Kranz abzulegen.

Die Folge: Teilnehmer der traditionellen Gedenkfeier der Stadt Zweibrücken, darunter der Stadtvorstand, Stadträte, Feuerwehrleute und Offizielle des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie Schülerinnen und Schüler des Hofenfels-Gymnasiums, mussten sich ihren Weg durch die vor dem Ehrenfriedhof wartende Gruppe von etwa einem Dutzend, teils vermummte Frauen und Männern aus der rechtsextremen Szene bahnen, die beim Passieren demonstrativ die mitgeführten Reichsflaggen senkten. Und als eine Hofenfels-Schülerin das israelische Volkslied „Shalom – wir wollen Frieden für alle“ anstimmte, riefen die Rechten „Pfui!“ und „Schande!“.

Sie verstummten erst, als Mitarbeiter des Zweibrücker Ordnungsamtes sie aufforderten, still zu sein. Dabei habe der Angeklagte den Ton angegeben und „Ruhig!“ befohlen, erinnerte sich Ordnungsamtschef Klaus Stefaniak, den das Gericht ebenfalls als Zeuge befragte. Walk sei „der Führer des Nationalen Widerstands – seit Jahrzehnten“. Man sei ansonsten aber nicht weiter eingeschritten, weil man die Veranstaltung nicht habe noch mehr stören wollen, erzählte der Behördenleiter und bestätigte: „Sie kamen diesmal in einer geschlossenen Formation – früher nur in kleinen Gruppen.“ Ein solcher Aufzug sei anmeldepflichtig.

Ein Mitarbeiter Stefaniaks, inzwischen im Ruhestand, gab zu Protokoll, dass der oberste Nationale Widerständler Walk, angesprochen auf diese Provokation, ihm gegenüber geäußert habe, dass er „Aufmerksamkeit sucht“. Und eben diese öffentliche Aufmerksamkeit bekäme er nur, wenn seine Gruppierung zum Zeitpunkt der traditionellen Gedenkfeier der Stadt Zweibrücken aktiv werde, berichtete der 65-jährige ehemalige Ordnungsamtsmitarbeiter dem Gericht.

„Die Problematik ist nicht neu“, sagte Walter Rimbrecht aus, SPD-Stadtrat und Oberstudiendirektor im Ruhestand. „Neu ist nur die Aufdringlichkeit, mit der das damals passiert ist.“ Die Rechten hätten immer die Reichsflaggen gesenkt, wenn Teilnehmer der offiziellen Gedenkfeier der Stadt vorbeikamen. Der 70-Jährige fügte hinzu: Als die Gruppierung, Walk vorneweg, den Kranz mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand – in Treue fest“ in der Hand, „stramm über den Friedhof marschierte – das war schon irgendwie beeindruckend“, so Rimbrecht mit entsetztem Unterton.

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