Neue Ausstellung im Stadtmuseum Zweibrücken über starke Pfälzer Frauen 23 Gegenbeispiele zum Mythos vom „schwachen Geschlecht“

Zweibrücken · Die Ausstellung „Aus dem Schatten ins Licht“ widmet sich der über lange Zeit unterdrückten und minder gewürdigten Leistung pfälzischer Power-Frauen.

 Die Kostüme machen die Frauenschicksale noch erlebbarer.

Die Kostüme machen die Frauenschicksale noch erlebbarer.

Foto: Cordula von Waldow

Das Thema verschwiegene Frauenpower lockte am Freitag 80 Besucher in den Herzogsaal. Es galt, die Ausstellung „Aus dem Schatten ins Licht“ zu eröffnen. Bereits Kultur-Dezernentin Christina Rauch erinnerte in ihrer Begrüßungsrede an die im Gesetz verankerte Gleichberechtigung von Frauen und Männern, doch auch von Einzelnen und Gruppen, denen mit Verständnis, Toleranz und Respekt zu begegnen sei. „Das ist ein politischer Prozess, ein Auftrag, der viel Engagement von jedem Einzelnen bedarf“, sagte sie. Die CDU-Politikerin forderte dazu auf, sich im Alltag einmal selbst zu überprüfen: Nehme ich bei der Besetzung von Führungspositionen doch Rücksicht auf eine mögliche Familienplanung weiblicher Bewerberinnen? Wer geht meistens einkaufen? Frauen hätten für ihre Rechte gekämpft und so sei es ein Bildungsauftrag, jungen Frauen zu vermitteln: „Du kannst alles sein und werden, was Du willst!“ 23 mögliche Vorbilder, die in den letzten 1000 Jahren ihre starke und mutige Frauenrolle in der Pfalz gespielt haben, haben Museumsleiterin Charlotte Glück und ihre Kollegin Regina Heilmann vom Stadtmuseum Ludwigshafen mit großem Recherche-Aufwand ausfindig machen können und mit der Ausstellung vom Schatten ins Licht geholt.

Eine Darstellung und Aufarbeitung, die längst überfällig war. Da Männer auch die Geschichtsschreibung kontrollierten, gebe es nur wenig Material darüber. Die Museumsleiterin erklärte: „Diese 23 vorgestellten Frauen stehen exemplarisch für viele andere, meist namenlos gebliebene Heldinnen der Ereignis- und Sozialgeschichte. Alle haben einen Bezug zur Pfalz oder zu Gebieten, die historisch einmal mit der Pfalz verbunden waren.“

Der Blick auf die Geschichte zeigt: Die in vieler Hinsicht fortschrittliche Einführung des Code Civil nach napoleonischem Recht war ein herber Rückschritt für die Frauen in das patriarchalische System, das im Zuge der Französischen Revolution eigentlich bereits abgeschafft worden war. Die Schriftstellerin Olympe de Gouges (1748-1793) hatte bereits 1791 eine „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ verfasst, deren erster Artikel mit den Worten begann: „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne ebenbürtig in allen Rechten.“ Ausgerechnet in der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurde die Frau plötzlich zum „schwachen Geschlecht“ erklärt auf Grund der unterschiedlichen Eigenschaften, die Männern und Frauen zugeschrieben wurden.

Doch nicht die Entwicklung der Rechtslage, sondern die Erwerbstätigkeit hält die Historikerin für den Dreh- und Angelpunkt der Frauengeschichte. Als die Schriftstellerin Louise Otto-Peters 1865 den „Allgemeinen Deutschen Frauenverein“ gründete, sei es ihr vorrangig um die Förderung von Bildungschancen und Berufstätigkeit von Frauen gegangen. Charlotte Glück ist sich sicher: „Unser Problem heute ist nicht die Berufstätigkeit der Frau, sondern die außerhäusliche Erwerbsarbeit, da sie schwer mit Kindererziehung vereinbar ist und viele Frauen immer noch meinen, sie wären für die Kindererziehung alleine verantwortlich.“

Im „ganzen Haus“ der vormodernen Zeit habe die Frau ebenfalls Erwerbsarbeit geleistet, in der Regel schwerere Arbeit als heute, „aber die Kinder liefen einfach mit, wurden von allen Hausbewohnern gemeinsam betreut, erzogen und angelernt“. Vor Beginn der Industrialisierung, als alle zusammen im selben Haus lebten und arbeiteten, wie es heute noch etwa in der Landwirtschaft vorkomme, habe die Hausmutter eine durchaus starke Position eingenommen. Auch alle ausgewählten Frauen der Ausstellung seien starke Frauen gewesen: stark in ihrer Leistung oder stark im Ertragen von Lebensumständen, die sie nicht ändern konnten.

Mit der MultiInstrumentalistin „MISSY CANIS“ übernahm eine starke Frau der Gegenwart die musikalische Umrahmung. Indem sie ihre Vielzahl an Instrumenten jeweils nacheinander live einspielte, baute sie sich quasi ihr eigenes Orchester auf, von rhythmisch bis melodisch, von mitreißendem Jazz bis hin zu einem Saxophonduett mit sich selbst mit Gänsehaut-Effekt.

Die Wander-Ausstellung „Aus dem Schatten ins Licht“ ist bis 16. Januar 2022 in Zweibrücken zu sehen, bevor sie ins Stadtmuseum Ludwigshafen wechselt. Das Stadtmuseum, Herzogstraße 9-11 (Eingang Uhlandstraße), ist geöffnet: dienstags von 10 bis 18 Uhr sowie mittwochs bis sonntags (und feiertags) von 14 bis 18 Uhr. Geschlossen ist am 24./25. Dezember und 1. Januar. Weitere Öffnungszeiten sind nach Vereinbarung möglich.

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