Kommentar: Auf Straße oder halb auf Bürgersteig parken? Nicht nur an Autofahrer denken!

Über die Lehren aus dem Raser-Unfall in der Orts­durchfahrt Mittelbach.

Verkehrspolitik: Parken auf dem Bürgersteig
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es war nur eine Frage der Zeit, bis in der Ortsdurchfahrt Mittelbach ein schwerer Unfall passierte. Am 23. August war es soweit: Ein aus Richtung Saarland kommender Mercedes fuhr so schnell in die Ortschaft hinein, dass er nicht mehr stoppen konnte, als ein anderes Auto wendete. Der Mercedes stieß dagegen, schleuderte dann gegen eine Haustreppe. Die jungen Insassen kamen zum Glück mit dem Schrecken davon – doch kurz zuvor waren noch Fußgänger genau dort auf dem Bürgersteig. Glück im Unglück also, dass niemand schwer verletzt wurde. Glück im Unglück aber auch, dass dieser Unfall eine Debatte ausgelöst hat, wie man Raser ausbremsen kann. Denn die Ortseinfahrt von Mittelbach ist an der Unfallstelle breit und gerade – womit sie optisch zum Schnellfahren einlädt. Ortsunkundige bemerken so vielleicht erst zu spät, dass sie in einer geschlossenen Ortschaft unterwegs sind.

Ortsvorsteher Kurt Dettweiler war diese Woche im Ortsbeirat einerseits zu zaghaft, als er Forderungen nach Tempo 30 mit dem Argument zurückwies, das gehe auf Landesstraßen nicht. Was auf Landesstraßen alles nicht geht, hatte 2018 auch die Zweibrücker Stadtverwaltung behauptet, als nach einem Unfall gefordert worden war, Raser vor dem Netto-Markt in der Steinhauser Straße auszubremsen – wenige Monate später war dann doch einiges möglich, schließlich handelte es sich um eine Gefahrenstelle. Andererseits wäre ein Tempo 30-Schild am Ortseingang von Mittelbach sowieso nicht ausreichend – denn wer das Ortsschild übersieht, übersieht vielleicht auch das Geschwindigkeitsschild. Deshalb ist die Idee von Dettweiler viel besser – er regte eine kostenlose, aber sehr effektive Lösung an: Nicht auf dem Bürgersteig, sondern auf der Fahrbahn parken! Dann nämlich wirkt die Ortsdurchfahrt optisch nicht mehr als Rennstrecke, man fährt automatisch vorsichtiger. Für seinen Vorschlag hat Dettweiler auf der Merkur-Facebookseite allerdings nicht nur viel Lob, sondern teils auch kräftiges Kontra bekommen: Es sei eine Frechheit, den Verkehrsfluss zu stören, wenn ein Laster entgegenkomme, müsse man anhalten. Offensichtlich ist das Phänomen, mit Rücksicht auf den motorisierten Verkehr halb auf dem Bürgersteig zu parken, so weit verbreitet, dass manche Leute es gar nicht mehr für vorstellbar halten, so zu parken, wie es offiziell vorgeschrieben ist: nämlich auf der Straße (sofern kein Schild das Bürgersteig-Parken erlaubt). Erfreulicherweise wurde in der Facebook-Diskussion auch darauf hingewiesen, dass Kinderwagen- oder Rollstuhlfahrern ein schlimmeres Schicksal droht, als vielleicht mal kurz abzubremsen, wenn ihnen jemand entgegenkommt: Sie müssen auf die Straße ausweichen. Das ist übrigens nicht nur in Mittelbach, sondern in vielen Wohngebieten in Zweibrücken zu beobachten. Nur weil dies trotz Verbots seltenst sanktioniert wird, ist dieses Parkverhalten noch lange nicht richtig. „Gegenseitige Rücksicht“ ist bekanntlich erstes Gebot der Straßenverkehrsordnung. Rücksicht sollte man allen, vor allem aber den schwächeren Verkehrsteilnehmern entgegenbringen! Schön wäre deshalb, wenn aus dem Fall Mittelbach nicht nur Politiker, sondern auch alle Autofahrer Lehren ziehen – und häufiger rücksichtsvoll parken.

Wobei die Politik natürlich auch noch mehr tun kann: In einem Land, dem ein nutzloser Überflieger für Autofahrer zwei Millionen Euro wert ist, müssten doch auch ein paar Euro organisierbar sein, um in Mittelbach ein paar Parkflächen-Markierungen auf die Fahrbahn zu malen, damit man sich tatsächlich traut, dort an geeigneten Stellen zu parken.

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