Streit um verkaufsoffene Sonntage Kein Outlet-Urteil in diesem Jahr
Zweibrücken · Das Oberlandesgericht sucht immer noch nach einem Gutachter zu den Sonntags-Öffnungszeiten.
Der Streit um die Sonntagsöffnungszeiten des „Zweibrücken Fashion Outlet“, der seit drei Jahren ausgetragen wird, schwelt weiter. „In diesem Jahr ist voraussichtlich nicht mehr mit einer Entscheidung zu rechnen“, begrub Bernhard Thurn, der Präsident des Pfälzischen Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken, während eines Pressegesprächs jegliche Hoffnung auf ein baldiges Ende des Verfahrens, dass derzeit vom Vierten Senat seines Hauses erneut verhandelt werden muss. Weil der für das Wettbewerbsrecht zuständige Erste Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 27. Juli 2023 in einem Revisionsverfahren entschieden hatte, den Fall ans OLG zurückzuverweisen, wo am 4. August 2022 ein Berufungsurteil gefällt worden war (wir berichteten).
Hier ist das neue Verfahren nun ins Stocken geraten. Denn es fehlt nach wie vor ein Gutachter (wir berichteten). Ein Erklärungsversuch von OLG-Präsident Thurn: „Der Senat hatte sich dazu entschlossen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Sachverständigensuche ist nicht einfach.“ Es sei deshalb der „übliche Weg“, die pfälzische Industrie- und Handelskammer (IHK) zu bitten, einen Sachverständigen zu benennen: „Und dann muss der auch Zeit haben.“ Und wenn der Sachverständige gefunden sei, brauche es Zeit, um das Gutachten zu erarbeiten. Danach müsse es den Parteien „zur Stellungnahme“ vorgelegt werden, erläuterte Thurn: „Und deshalb dauert das alles so lange.“
Der händeringend gesuchte Gutachter sollte laut Beweisbeschluss des Vierten Zivilsenats vom 4. April die „offenen Beweisfragen“ beantworten, „ob die Parteien in einem räumlichen Wettbewerbsverhältnis stehen und ob es sich um eine spürbare Beeinträchtigung der Klägerin handelt“ (wir berichteten).
Zur Erklärung: Bei der Klägerin handelt es sich um die Grünstädter Modehaus Jakob Jost GmbH, die fünf Filialen in Grünstadt selbst, Frankenthal, Landau und Worms in der Pfalz sowie im baden-württembergischen Bruchsal und damit mindestens zwei davon im Einzugsbereich des Zweibrücker Outlets betreibt. Sie hat die Betty Barclay Group GmbH & Co. KG – aus juristischen Gründen stellvertretend für alle Outlet-Läden – im Jahr 2021 wegen der zusätzlichen Öffnungen an Feriensonntagen auf Unterlassung und Schadenersatz verklagt. Der Klageführer war und ist der 66-jährige Steffen Jost, der den offensichtlich langwierigen Rechtsstreit inzwischen aus seinem Ruhestand heraus führt. Jost moniert nach seiner Ansicht wettbewerbsverzerrende staatliche Sonderregelung für das „Zweibrücken Fashion Outlet“, wonach das Einkaufszentrum auf der Basis einer rheinland-pfälzischen Durchführungsverordnung von 2007 pro Jahr an 16 und damit an zwölf Sonntagen mehr als andere Läden im Land aufhaben darf – besonders in den Oster-, Sommer- und Herbstferien. Jost ist überzeugt, dass diese Ungleichbehandlung gegen das Ladenöffnungsgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt. Was er gegenüber unserer Zeitung als „eine eindeutige Wettbewerbsverzerrung“ bezeichnete. Seine Klage hatte Jost damit begründet, dass Betty-Barclay-Mode auch seinen Modehäusern angeboten werde, ihm aber Einnahmen entgingen, weil er seine Geschäfte an den betreffenden Sonntagen nicht öffnen dürfe und folglich die Sachen nicht verkaufen könne. Zudem hält Jost die Verordnung zu den Sonderöffnungszeiten für inzwischen hinfällig. Denn der „Lex Outlet“-Erlass des Landes sei damals mit dem kommerziellen Luftverkehr auf dem benachbarten Flughafen begründet worden, für den im Outlet „Reisebedarfe“ vorgehalten werden müssten. Doch der Flughafen sei schon lange Geschichte. Und in der Tat: Im Zuge seiner Insolvenz war der Linienflugverkehr Ende 2014 eingestellt und der Flughafen im Jahr 2018 zu einem „Sonderlandeplatz“ herabgestuft worden.
Das neue Gutachten soll – übersetzt aus dem Juristensprech – aber zunächst klären, ob der Betty-Barclay-Laden im Zweibrücker Outlet den fünf Filialen der Grünstädter Mode-Kette überhaupt zu deren Nachteil Konkurrenz machen kann. Doch das kann offenbar noch dauern. Denn bis jetzt ist noch nicht einmal ein geeigneter Gutachter gefunden worden. Und selbst dann ist es noch ein langer Weg, bis die Vierte Zivilkammer des OLG ein Urteil verkünden kann.