Urteil Landgericht Zweibrücken Betrüger muss in Gefängnis und Entziehungsanstalt

Landgericht Zweibrücken verurteilt 48-Jährigen wegen über 100 Betrügereien, zwei Körperverletzungen und eines Diebstahls.

Zweibrücken/Südwestpfalz/Pirmasens Letztlich nutzte es dem Angeklagten, dass er fast alle Tatvorwürfe eingeräumt hatte. Denn so kam der 48-jährige Südwestpfälzer, dem Staatsanwältin Anja Neufing zu Beginn des Prozesses vor der Sechsten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken hundertfachen Betrug, versuchten Betrug, Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt hatte, am Mittwoch mit „nur“ fünf Jahren und sieben Monaten Freiheitsentzug davon.

Die Strafkammer habe damit vor allem das Geständnis des Angeklagten „honoriert“, begründete der Vorsitzende Richter Andreas Herzog das Urteil. „Ansonsten hätten wir wohl im Bereich von sieben bis acht Jahren gelegen.“

Zudem ordnete die Strafkammer die Einziehung des Tatertrags in Höhe von rund 13 500 Euro und die zweijährige Unterbringung des 48-jährigen Alkoholabhängigen in einer Entziehungsanstalt an – nach einem Jahr „Direktvollzug“ im Gefängnis, wobei ihm die Monate in Untersuchungshaft angerechnet werden. Was zur Folge haben könnte, dass die zu verbüßende Restfreiheitsstrafe nach den drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird – allerdings nur bei einem erfolgreichen Abschluss der Therapie. „Das wird ein harter Weg“, stimmte der Vorsitzende Richter den Verurteilten auf den Aufenthalt in der Entziehungsanstalt ein, den er aber als „eine Chance“ begreifen solle.

Staatsanwältin Neufing hatte fünf Jahre und elf Monate Freiheitsentzug beantragt – und der Verteidiger des 48-Jährigen, der Pirmasenser Rechtsanwalt Christian Zinzow, eine „milde Freiheitsstrafe“,vor allem, weil sein Mandant die „zahlreichen Betrugshandlungen“ gestanden und dem Gericht damit „eine sehr, sehr umfangreiche Beweisaufnahme erspart“ habe. Außerdem habe der 48-Jährige inzwischen unter dem Gewesenen (der bis zur Glatze hinauf Tätowierte war längere Zeit in der rechtsradikalen Szene aktiv) „einen Strich gezogen“ und wolle sich nach der verbüßten Haft vor allem um „seine kleine Tochter“ kümmern.

Was den Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung anbelangt, ging die Strafkammer in ihrem Urteil von einem minder schweren Fall aus, wie Richter Herzog erläuterte. Der Angeklagte habe aus einem „Schutzreflex“ heraus gehandelt, als er in der Nacht zum 11. Juli 2021 einen 43-jährigen Besucher nach einem Saufgelage in seiner Pirmasenser Wohnung mit seiner beringten Faust geboxt und schwer verletzt hatte.

Ursprünglich hatte ihm die Staatsanwältin vorgehalten, er habe dabei einen „ausziehbaren Totschläger“ benutzt, was der Angeklagte aber bestritt. Anlass für die Attacke soll gewesen sein, dass dem Mann Tabletten aus der Hosentasche fielen, die die kleine Tochter in ihren Mund gesteckt hatte.

Weiterhin hatte der Angeklagte zugegeben, am 9. April 2021 in der Pirmasenser Schwanenstraße einen 20-jährigen Nachbarn wegen einer Ruhestörung geschlagen und ihm dabei – laut Aussage des Angeklagten „unbeabsichtigt“ – den linken Unterkiefer gebrochen zu haben. Während der Verhandlung hatte er sich für diesen Gewaltakt bei dem jungen Mann entschuldigt. Auch einen Diebstahl in einem Pirmasenser Warenhaus, bei dem er eine Flasche Wodka, Kosmetika und Haushaltsgegenstände hatte mitgehen lassen, räumte er ein. Ebenso 103 Fälle von Betrug und zwölf Fälle von versuchtem Betrug.

So hatte er, wohl um seinen Alkoholkonsum zu finanzieren, auf dem Internet-Marktplatz Ebay Dinge angebotenen, die zwar von den Bietern ersteigert und bezahlt, von ihm jedoch nicht geliefert wurden. Darunter ein „BDSM-Drehtisch“ für 500 Euro. Das bei Sadomaso-Freunden beliebte Möbelstück, das laut Angeklagtem später bei einem Umzug abhandengekommen sein soll, behielt er einfach, obwohl ihm der Käufer das Geld dafür überwiesen hatte. Umgekehrt hatte er im Zeitraum von Ende 2017 bis April 2018 unter anderem für über 4300 Euro Sexspielzeug und aufreizende Bekleidung bei einem Erotik-Versandhaus bestellt und auch bekommen, jedoch nicht bezahlt. Ähnlich war es vielen anderen namhaften deutschen Versandhäusern ergangen, die wohl bis heute darauf warten, dass ihre Rechnungen endlich beglichen werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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