Mammut-Verfahren am Landgericht Zweibrücken Vorerst letzter Drogenbanden-Prozess mit Haft-Urteil beendet

Zweibrücken · Landgericht Zweibrücken: Auch der letzte verbliebene Angeklagte aus den vier Parallel-Prozessen handelte mit Rauschgift – allerdings in Eigenregie.

 Das Landgericht Zweibrücken blieb in seinem Urteil deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Das Landgericht Zweibrücken blieb in seinem Urteil deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Foto: Rainer Ulm

Er war zwar kein Mitglied der Drogenhändlerbande gewesen, bestraft wurde der 31-Jährige aber trotzdem. Am Donnerstag verurteilte ihn die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken wegen Beihilfe zum Drogenhandel und wegen Drogenhandels in insgesamt 23 Fällen zu acht Jahren und acht Monaten Freiheitsentzug. Allerdings sitzt der junge Mann bereits im Gefängnis.

Denn Ende 2020 hatte das Landgericht Kaiserslautern über ihn eine Haftstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verhängt – ebenfalls wegen eines Drogendeliktes. Diese Vorverurteilung hat die Strafkammer nun in ihr Urteil eingerechnet. Zudem sollen laut Urteil bei dem 31-Jährigen die Erträge aus den Drogengeschäften von rund 308 000 Euro eingezogen werden.

Auf die Rückgabe der bei dem 31-Jährigen sichergestellten drei Motorräder und eines Caddys hatte der Angeklagte bereits in einer vorherigen Verhandlung verzichtet. In diese Fahrzeuge und in Eigentumswohnungen in Freinsheim und in Mutterstadt will er nach eigenen Angaben die Drogengelder investiert haben. Wobei er in der Wohnung in Mutterstadt kiloweise Drogen wie Marihuana und Amphetamin „gebunkert“ und die Wohnung im Weinstädtchen Freinsheim auch als „Labor“ genutzt habe, in der er Kokain „gestreckt“ habe, wie er zugab.

Mit ihrem Richterspruch lag die Strafkammer etwas über den Vorstellungen der beiden Verteidiger des Angeklagten, den Rechtsanwälten Alexander Klein und Sebastian Göthlich aus Ludwigshafen. Sie hatten in ihren Plädoyers für ihren Mandanten eine, wie es Klein ausdrückte, „Binnengerechtigkeit“ reklamiert und beantragt, ihn wegen Drogenhandels lediglich zu sieben Jahren Haft zu verurteilen. Er sei kein Bandenmitglied gewesen, und die anderen zehn vormals in diesem und in drei weiteren Drogenbanden-Prozessen Mitangeklagten seien mit bis zu elf Jahren und acht Monaten Gefängnis bestraft worden. Bei ihnen handele es sich – im Gegensatz zu ihrem Mandanten – mehrheitlich um „Berufsverbrecher“. Zwei in dem Verfahren gegen den 31-Jährigen einst mitangeklagte 33- und 36-jährige Männer wurden bereits vor einigen Monaten gesondert zu neun beziehungsweise zu elf Jahren Gefängnis verurteilt (wir berichteten).

Staatsanwalt Christian Horras hatte verlangt, den 31-Jährigen mit elf Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen. Obwohl auch der Ankläger davon ausgegangen war, dass der Mann kein Bandenmitglied gewesen sei (wir berichteten).

Sein „recht spätes Geständnis“ habe das Gericht „nicht zum Nachteil“ und den Umstand, dass er „strafrechtlich nicht vorbelastet“ sei, sogar zugunsten des Angeklagten gewertet, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas am Donnerstag in ihrer Urteilsbegründung. Dabei könne das Kaiserslauterer Urteil nicht als Vorstrafe gesehen werden, weil er sich deshalb gerade „im Vollzug“ befinde. Gleichwohl habe der 31-Jährige eine „erhebliche kriminelle Energie“ an den Tag gelegt und sei „ausgebufft“ vorgegangen. Kiloweise habe er Rauschgifte wie Marihuana, Haschisch, Amphetamin und Kokain erworben und weiterverkauft – auch an einige der verurteilten Drogenbandenmitglieder. An sie soll er auch einmal ein bevorzugt von Kriminellen benutztes Krypto-Handy, das angeblich Nachrichten sicher verschlüsseln kann, ausgeliehen haben.

Zu Beginn der vier seit April 2021 am Landgericht laufenden Prozesse hatte die Staatsanwaltschaft den ursprünglich elf Männern bandenmäßigen Drogenhandel vorgeworfen. Demnach sollen sie sich Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis zu ihrer Festnahme am 24. November 2020 in weit über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen haben.

Dabei sollen sie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in der Südwestpfalz, Saarpfalz, Pirmasens und Zweibrücken weiterverkauft haben.

Bei ihren Recherchen spielte der Anklagebehörde in die Karten, dass französischen und niederländischen Ermittlern in Zusammenarbeit mit den EU-Behörden Europol und Eurojust im Frühjahr 2020 ein Hackerangriff auf das vorzugsweise von Kriminellen genutzte Encrochat-Netzwerk gelungen war. Infolge der Entschlüsselung des vom Betreiber Encrochat einst großspurig als abhörsicher gepriesenen Kurznachrichtendienstes und der Weitergabe der Daten an deutsche Justizbehörden wurden an jenem 24. November 2020 Hunderte Tatverdächtige festgenommen und anschließend entsprechend viele Verfahren eingeleitet, so eben auch am Landgericht Zweibrücken (wir berichteten).

Nun also nie mehr Drogenbanden-Prozesse am Landgericht Zweibrücken? Mitnichten. Für dieses Jahr sind weitere Verfahren, ist quasi eine zweite Prozess-Welle geplant. So wird demnächst auch gegen den Kronzeugen, der mehrfach während der nun beendeten Prozesse ausgesagt hatte, verhandelt.

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