Contwiger Drogen-Explosion „Mehr Glück als Verstand“

Zweibrücken/Contwig · Die Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken hat am Montag einen 29-Jährigen und einen 24-Jährigen verurteilt, die beim Versuch, Cannabis-Öl herzustellen, eine Explosion ausgelöst hatten – mitten in Contwig.

 In der Etage über dem Schnellimbiss war den Drogenköchen ihre Gebräu um die Ohren geflogen.

In der Etage über dem Schnellimbiss war den Drogenköchen ihre Gebräu um die Ohren geflogen.

Foto: Rainer Ulm

Sie hatten ihr eigenes Drogensüppchen kochen wollen – und dabei ihr Leben und das Unbeteiligter aufs Spiel gesetzt. „Das Verfahren hat gezeigt, dass die beiden Angeklagten mehr Glück als Verstand haben“, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas am Montag in ihrer Urteilsbegründung. Die Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken hat den 29-jährigen Contwiger und den 24-jährigen Zweibrücker wegen Herstellung von Betäubungsmitteln und fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verurteilt. Während der bislang unbescholtene 29-Jährige mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren davonkam, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, muss der einschlägig vorbestrafte 24-Jährige für zwei Jahre und sieben Monate hinter Gitter. Für dem Drogenabhängigen ordnete die Kammer zudem eine Unterbringung in eine Entziehungsanstalt an.

Die beiden jungen Männer hatten am Nachmittag des 28. November 2019, einem Donnerstag, versucht, in der Wohnung des 29-Jährigen in der Contwiger Hauptstraße aus vermeintlich minderwertigem Marihuana und Feuerzeuggas Cannabis-Öl herzustellen. Als sein 24-jähriger Freund die in einer Schale auf dem Kochherd aus einer präparierten Plastik-Flasche aufgefangene klebrige Flüssigkeit umrührte, flogen den beiden Drogenköchen nicht „nur“ die komplette Versuchsanordnung und ihr Cannabis-Süppchen um die Ohren, sondern auch Rollladenteile und das Glas aus den Fenstern sowie die Eingangstür aus den Angeln. Beide Männer, die direkt am Herd gestanden hatten. erlitten schwere Verbrennungen im Gesicht und an den Unterarmen. Auf der Straße wurde ein vorbeifahrendes Auto beschädigt. Und doch hätte es noch schlimmer kommen können: Denn ein Brandgutachter, der während der Verhandlung vom Gericht gehört worden war, kam zu der Einschätzung, dass die seinerzeit in der Wohnung vorhandene Menge an Feuerzeuggas (Butan) ausgereicht hätte, um bei der Explosion einen Brand („Ein Feuerball ist über dem Herd bis an die Decke geschlagen“) und „Schäden am Gebäude in struktureller Art zu verursachen“. Heißt wohl: Das Haus, indem sich noch eine weitere Wohnung im zweiten Stock und ein Schnellimbiss im Erdgeschoss befinden, hätte seinerzeit durchaus einstürzen können.

Nochmal Glück gehabt haben die beiden jungen Männer sicher auch, was das Urteil anbelangt. Denn zunächst hatte auch der Tatvorwurf des Drogenhandels im Raum gestanden. „Handeltreiben ist nicht nachweisbar“, sagte Staatsanwalt Patrick Langendörfer am Montag in seinem Plädoyer. Offenbar sei das Cannabis-Öl ausschließlich für den Eigenkonsum bestimmt gewesen. Zudem seien beide Angeklagten „geständig“ gewesen. So habe der 24-Jährige zugegeben, die 300 Gramm Marihuana, die für die Cannabis-Öl-Herstellung verwendet werden sollten, von, wie es der Staatsanwalt ausdrückte, „seinem Zweibrücker Dealer des Vertrauens“ gekauft zu haben. Die Idee für das letztlich missglückte Experiment habe allerdings der 29-Jährige gehabt. Für ihn beantragte er die zweijährige Bewährungsstrafe. Dem entsprach auch das Gericht. Für den 24-Jährigen, der bereits „erheblich, auch einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten“ sei, forderte er jedoch drei Jahre und zwei Monate Freiheitsentzug. Der junge Mann war zuletzt 2017 vom Amtsgericht Zweibrücken wegen Drogenhandels zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden – mit einer Bewährungszeit von drei Jahren, in der er nun wieder straffällig geworden war. Das gereichte ihm jetzt zum Nachteil. Wenngleich das Gericht dem Strafantrag des Staatsanwalts nicht in vollere Höhe folgte: zwei Jahre, sieben Monate Haft.

Der St. Ingberter Rechtsanwalt Robert Münch hatte sogar gefordert, seinen 24-jährigen Mandanten freizusprechen. Denn die gemeinsam erhobenen Tatvorwürfe des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und der Herstellung von Drogen seien „ein Widerspruch in sich“: „Das eine schließt das andere aus.“ Zudem seien die beiden jungen Männer „völlig ahnungslos“ gewesen, dass ihr „Experiment eine solche Druckwelle entwickeln kann“.

Auch der Zweibrücker Rechtsanwalt Markus Freyler, der den 26-Jährigen verteidigte, sagte: „Hier waren Amateure am Werk.“ Was übrigens die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung nochmals aufgriff.

Das Urteil für den 26-Jährigen ist bereits rechtskräftig, weil Verteidigung und Staatsanwaltschaft Rechtsmittelverzicht erklärten, das Urteil für den 24-Jährigen noch nicht.

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