„Unsere Sprache wird mit Füßen getreten“

Zweibrücken · Für die einen sind sie sowas wie die Verdopplung des Alleinunterhalters von der letzten Silberhochzeit, für die anderen die erfrischend sympathische, deutsche Antwort auf unnahbare US-Stars. Fakt ist: Die Amigos füllen die Hallen. Und im April kommen sie auch nach Zweibrücken. Was die Fans dort erwartet und was die Amigos auf und hinter der Bühne so beschäftigt, darüber hat einer der Brüder, Bernd Ulrich, im Interview mit Merkur -Mitarbeiterin Anika Meyer gesprochen.

Euer Bandname Amigos und auch viele eurer Lieder - da geht's um Strand, Rhodos, Santa Monica, Santiago Blue - wecken Assoziationen mit dem Süden. Wie passt das zu zwei Musikern aus Mittelhessen?

Bernd Ulrich: Wir singen ja über viele Dinge, diese Urlaubsstimmung macht nur einen Teil unseres Repertoires aus. Und "Die Amigos" - diesen Namen haben wir ja 1970 schon gewählt. Einfach weil er "Freunde " bedeutet. (Anmerkung: Die Gruppe Amigos wurde mit vier Mitgliedern gegründet).

Ihr befasst euch aber auch mit ganz schwierigen, sozialkritischen Themen, wie beispielsweise Kindesmisshandlung in "Schattenmann". Da weiß man gerade als Schlager-Musiker ja nicht, wie das ankommt. Was bewegt euch dazu?

Ulrich: Das sind Themen aus dem Leben, die die Menschen beschäftigen. Gerade auch unser Publikum, darunter sind viele Eltern und Großeltern. Ein Kind verschwindet, wird irgendwann gefunden - missbraucht, weggeworfen, im schlimmsten Fall tot - und was tut unser Gesetzgeber? Ein paar Jahre wandern diese gewissenlosen Gewalttäter in den Knast und dann kommen sie wieder frei. . . Und die Opfer haben lebenslänglich. Das ist so brutal, das vergisst man doch sein Leben lang nicht! Diese Situation ist unerträglich!

Obdachlosigkeit ist aber beispielsweise auch ein Thema bei uns oder der Tod. All das, was zum Leben gehört, verarbeiten wir in unseren Texten. Wenn manch einer sagt, das gehört nicht in die Schlagermusik, mag er vielleicht recht haben, aber für uns gehört das zum Leben dazu und deshalb singen wir auch darüber. Und unsere Fans danken es uns.

Ihr habt im Jahr rund 150 Auftritte in ganz Deutschland und darüber hinaus. Ist da noch ein Familienleben möglich?

Ulrich: Ja, es ist möglich, weil unsere Frauen uns begleiten. Sie fahren mit auf Tour und betreuen den Fanshop. So sind wir gemeinsam in ganz Europa unterwegs: Belgien, Holland, die Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich. . . Auf der "Danke Freunde "-Tour haben wir zum ersten Mal auch ein Konzert in Dänemark.

Wenn man so viel Zeit miteinander verbringt wie ihr zwei Amigos, birgt das ein hohes Konfliktpotenzial. Wie geht ihr damit um?

Ulrich: Über was sollten wir uns streiten? Über unseren Erfolg? Da müssten wir ja nicht alle Latten am Zaun haben. Wir verstehen uns von Kindesbeinen an, wir haben dieselben Ideen und dieselben Visionen bei unserer Musik. Streitigkeiten haben da keinen Platz. Wenn wir an einem neuen Album arbeiten, wird natürlich auch diskutiert, aber in einem vernünftigen Rahmen. Wenn man hört, dass Geschwister ihr Leben lang nicht miteinander reden, weil der eine den alten Holzofen von der Oma geerbt hat, den der andere gerne haben wollte, das ist doch nicht normal! Das wird bei uns nie passieren.

Heute habt ihr den Echo, Goldene- und Platin-Schallplatten. Aber als ihr vor Jahren auf der Suche nach einem Plattenvertrag wart, habt ihr erst einmal nur negative oder gar keine Antworten bekommen. Warum habt ihr trotzdem weitergemacht?

Ulrich: Man muss wissen, dass wir niemals morgens aufgestanden sind und mit dem lieben Gott gehadert haben, weil wir als Musiker keinen Erfolg hatten. Musik war unser Hobby, wie bei anderen Kegeln oder Karten spielen. Und wenn der Erfolg nicht gekommen wäre, dann würden wir noch heute auf Hochzeiten und Silberhochzeiten spielen, einfach weil es Spaß macht. Wir haben ja dann 2006 (Anmerkung: 2006 gelang den Amigos in der Fernsehsendung "Achims Hitparade" der Durchbruch) auch überlegt, ob wir den Schritt überhaupt gehen in dieses Geschäft. Weil wir schon in den 50ern waren und gesicherte Jobs hatten! Wir haben uns das gut überlegt und mit der Familie darüber gesprochen. Da wir aber keine kleinen Kinder mehr hatten, hat es eigentlich gepasst. Und unsere Frauen haben gesagt, wenn ihr es jetzt nicht macht, wann dann?

Deutschsprachige Musik liegt ja nach einem längeren Tief wieder richtig im Trend, auch der Schlager und auch bei jungen Leuten. Woran liegt das?

Ulrich: In erster Linie hat Helene Fischer da ganz groß aufgeräumt, und wir ziehen den Hut davor, was das Mädel leistet. Sie hat den Schlager wieder in den Vordergrund gerückt. Und warum sollte man in Deutschland auch nicht deutsch singen? Die Radiosender spielen zu 90 Prozent englischsprachige Musik. Haben Sie schon mal ins Deutsche übersetzt, was die da jammern? Keine Sau versteht es, und deshalb ist es top. Ich habe nichts gegen englische Musik, Rock oder Metal, aber eben eine gesunde Mischung! Das wäre in Ordnung. Die Franzosen machen das so. Die deutschen Radio-Intendanten sollten sich mal fragen: Warum spielen wir keine deutsche Musik mehr in unserem Land? Unsere Sprache wird mit Füßen getreten. Außerdem soll jeder das hören, was er mag. Ich bin zwar kein Fan von Metal oder House, aber deshalb würde ich niemals irgendwo dreckige Kommentare hinterlassen. Wenn ich sehe, dass eine Metalband mit vier Konzerten jeweils 100 000 Menschen zieht, ist das toll. Da ziehe ich den Hut! Aber der deutsche Schlager wird leider oft in die unterste Schublade gesteckt.

Eure aktuelle Tour trägt den Titel "Danke Freunde ". Warum?

Ulrich: Weil wir auf unserem aktuellen Album "Santiago Blue" ein Schlusslied mit diesem Titel haben, das extra unseren Fans gewidmet ist. Weil wir uns bedanken wollen, dass sie uns seit zehn Jahren so den Rücken stärken, dass die Hallen voll sind und dass wir so ein tolles Verhältnis zu unseren Fans haben. Das ist ein Dankeschön.

Ihr seid für die Nähe zu euren Fans bekannt. Wenn bei euch zu Hause ein Fan-Bus vorfährt, kommt ihr, wie man hört, sogar aus dem Haus und gebt Autogramme. Gibt es einen Punkt, an dem auch bei euch Schluss ist mit "Danke Freunde "?

Ulrich: Unsere Fans sind alle so vernünftig, dass sie nicht ausfällig werden. Und wenn jemand an unserer Haustür klingelt und ein Autogramm will, dann ist es verdammt nochmal unsere Pflicht, eins zu geben. Das sind die Leute, denen wir den Erfolg verdanken. Radio und Fernsehen haben uns nicht grade geholfen. Aber unsere Fans , die haben immer hinter uns gestanden. Warum sollten wir die links liegen lassen? Neulich waren wir in einer Apotheke, und da wollte jemand ein Foto mit uns. Ja, dann machen wir ein Foto. Das tut doch nicht weh. Für uns ist das ganz normal.

Mit eurer aktuellen Tour kommt ihr auch nach Zweibrücken. Was erwartet die Fans denn?

Ulrich: Wir haben eine komplett neue Bühne, und wir haben ein neues Programm. Viele Lieder aus dem neuen Album "Santiago Blue" sind dabei, aber auch ältere Lieder wie "Ich geh für Dich durchs Feuer" oder "Das weiße Schiff". Wir haben auch ein offenes Ohr für die Wünsche unserer Fans . Alles können wir natürlich nicht spielen, aber wenn die Leute einen Wunsch haben und wir können ihn erfüllen, dann tun wir das.

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HintergrundIn Zweibrücken sind die Amigos am Samstag, 2. April, ab 19.30 Uhr in der Westpfalzhalle zu sehen. Tickets gibt's an den bekannten Vorverkaufsstellen. ani die-amigos.de

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