Wohnen in Zweibrücken Uneinigkeit im Rat über Neubaugebiete

Zweibrücken · Während die CDU auch am Stadtrand wieder mehr Einfamilienhäuser bauen lassen will, sieht die SPD noch genug Potenzial beim Schließen von Baulücken. Die Grünen fordern zudem mehr Beratung für Bürger, die alte Wohnungen modernisieren wollen.

 Bei der Fertigstellung der Erschließungsstraße für das Baugebiet „Auf Äckerchen“ betonte 2014 der damalige Oberbürgermeister Kurt Pirmann (2. von rechts), es handele sich wohl um das letzte große Baugebiet außerhalb der Zweibrücker Stadt- und Vorortkerne – man setze nun auf Verdichtung. Von diesem Kurs will die CDU jetzt abrücken.

Bei der Fertigstellung der Erschließungsstraße für das Baugebiet „Auf Äckerchen“ betonte 2014 der damalige Oberbürgermeister Kurt Pirmann (2. von rechts), es handele sich wohl um das letzte große Baugebiet außerhalb der Zweibrücker Stadt- und Vorortkerne – man setze nun auf Verdichtung. Von diesem Kurs will die CDU jetzt abrücken.

Foto: Norbert Rech

Rund 480 Grundstücke, für die Baurecht besteht, sind im Zweibrücker Baulückenkataster erfasst. Doch die meisten davon stünden in Wirklichkeit nicht zur Verfügung, weil die Eigentümer sie nicht bebauen lassen, sagte CDU-Fraktionschef Christoph Gensch in der jüngsten Stadtratssitzung.

Das war aber nur ein Argument, mit dem Gensch das CDU-Ziel begründete, Neubaugebiete auszuweisen. Der Stadtrat hatte zwar vor einigen Jahren entschieden, künftig lieber auf das Schließen von Baulücken und Altbau-Sanierungen zu setzen. Das sei damals zwar auch durchaus richtig gewesen, so Gensch – „wir sind aber der Meinung das reicht nicht mehr aus“. Denn auch Altbauten würden nicht so viele wie erhofft modernisiert. Zwar „gibt es von der KfW erhebliche Fördermittel, bis zu 60- bis 80 000 Euro bei Kernsanierungen – trotzdem nehmen es die Leute nicht an, das heißt unser Angebot geht am Markt vorbei“, meinte Gensch. Deshalb sei es „essenziell, Neubaugebiete für Ein -und Zweifamilienhäusern auszuweisen“, zumal auch in der Nachbarschaft Zweibrückens „überall neue Baugebiete entstehen“, Gensch erwähnte Contwig, Dellfeld und Großsteinhausen. „Ich spüre es in meinem eigenen Umfeld: Viele Familien suchen Baugebiete.“ Und wie problematisch es sei, nicht in Neubaugebieten am Stadtrand sondern in der Innenstadt zu bauen, sehe man an den Diskussionen um das Ex-Brauereigelände.

Im Stadtrat wurden Genschs Argumente allerdings skeptisch aufgenommen. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Gries verwies zunächst darauf, „dass es ja nicht so ist, dass sich in der Stadt nichts geändert hat“, so gebe es einige kleine Neubaugebiete, etwa in der Canadasiedlung oder in Mittelbach. Zudem habe die Stadt „genug Möglichkeiten“, mithilfe von „Abrundungssatzungen“ vorhandene Baugebiete wie in der Niederauerbacher Pommernstraße oder in Ernstweiler zu erweitern. „So könnten wir sicher 30 bis 40 neue Bauplätze schaffen und auch die Stadtteile stärken.“ Gries bat das Bauamt, hierzu Möglichkeiten vorzustellen.

Grünen-Chef Norbert Pohlmann sagte in Richtung Gensch: „Ich will das schwarze Bild, das hier gezeichnet wurde, ein bisschen korrigieren. Es gibt sogar noch mehr Neubaugebiete, als Thorsten Gries gesagt hat, etwa in Mörsbach oder am Fasanerieberg.“ Evelyne Cleemann rief dazwischen: „Das ist was ganz anderes, als wir wollen.“ Pohlmann sagte außerdem unter Verweis auf den Merkur-Kommentar vom vergangenen Wochenende: „Bei den Zuschüssen für Sanierungen kann meines Erachtens auch ein bisschen besser beraten werden.“

Weitere inhaltliche Wortmeldungen zu dem Thema gab es im Stadtrat nicht – wohl auch deshalb, weil der Antrag einstimmig zur weiteren Beratung in den Bauausschuss verwiesen wurde. Das hatte Baudezernent Henno Pirmann (SPD) vorgeschlagen. Formell sieht der CDU-Antrag zunächst nur vor: „Die Stadtverwaltung wird gegeben, den Stadtrat in der nächsten Sitzung über die Maßnahmen der Planung und Erschließung neuer Bauplätze aus städtischer Hand zu informieren.“ Dass dies am Mittwochabend noch nicht geschah, begründete Pirmann damit, dass eine sehr umfangreiche Tagesordnung vorzubereiten gewesen sei und der CDU-Antrag
erst eine Woche vorher einging.

Stehen tatsächlich die meisten Grundstücke aus dem Baulückenkataster nicht zur Vermarktung zur Verfügung, wie Gensch behauptet? Das Bauamt hat „keine Kenntnis“ über das Zahlenverhältnis, erklärt Stadtsprecher Heinz Braun auf Merkur-Nachfrage. Bekannt sei aber, das etliche Eigentümer nicht verkaufsbereit seien, etwa weil sie Grundstücke für den Fall zurückhalten, dass Enkel dort einmal bauen wollen.

Das Baulückenkataster ist für jeden Bürger im Internet über einen Link auf der Zweibrücker Stadtseite einsehbar (siehe unten). Aus Datenschutzgründen können dort zwar nicht die Grundstückseigentümer genannt werden, erläutert Braun. Wer sich für einen Grundstückskauf interessiere, habe aber ein „berechtigtes“ Interesse und könne sich ans Bauamt wenden: Es helfe dann, den Kontakt zum Eigentümer herzustellen. Bei den aktuellen Zweibrücker Neubaugebieten wie in Rimschweiler und Mittelbach sei „die Nachfrage relativ groß“.

Die SGD Süd (Struktur- und Genehmigungsdirektion) empfiehlt grundsätzlich eindringlich, beim Thema Wohnen mehr auf Innenentwicklung statt Außenentwicklung zu setzen. Die Landesbehörde schreibt auf ihrer Internetseite: „Besonders alarmierend ist, dass sich die Bevölkerungsentwicklung und die Flächeninanspruchnahme für Wohnzwecke zunehmend auseinanderbewegen. Die Folge: ein kontinuierlicher Anstieg der Flächen pro Einwohner bei kontinuierlich abnehmender Siedlungsdichte. Das bedeutet, eine größer werdende Infrastruktur wird von immer weniger Einwohnern genutzt. Der verschwenderische Umgang mit Fläche gefährdet also nicht nur die naturräumliche Vielfalt, sondern auch die Finanzkraft der Kommunen und die Lebensqualität der Bevölkerung.“

Die SGD Süd appelliert deshalb: „Mit einem kommunalen Flächenmanagement hat jede Kommune die Chance, die Attraktivität ihrer Stadt- und Ortskerne zu steigern, Infrastrukturkosten zu minimieren, Leerstände zu vermeiden und den Werterhalt von Immobilien zu steuern.“

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